Auch Fachwerkhäuser von Flut betroffen: Rettung für viele
Das Hochwasser der Ahr hat auch viel historischer Baukultur Schaden zugefügt. Mancherorts stehen Fachwerkhäuser nur noch als Gerippe. Der mühsame Wiederaufbau könnte einige Bausünden beseitigen.
Die tödliche Sturzflut im Ahrtal hat auch Hunderte historische Fachwerkhäuser beschädigt oder zerstört - Bewohner und Behörden versuchen möglichst viele zu retten. An manchen Orten stehen diese Gebäude nur noch als entkerntes Gerippe in dem Flusstal. «Fachwerkhäuser haben einen ganz unverwechselbaren Charme, das ist typische Baukultur für diese Region», betont die Architektin Angelika Petrat von der Kreisverwaltung Ahrweiler. Für diesen «Schatz an Baukultur» müsse noch mehr Bewusstsein geweckt werden.
Viele Fachwerkhäuser an der Ahr stehen laut Petrat nicht unter Denkmalschutz. Vom Wiederaufbaufonds von Bund und Ländern bekämen Eigentümer solcher Gebäude maximal 80 Prozent der Kosten erstattet. «Da ist die Gefahr groß, dass nur funktional aufgebaut wird», sagt Petrat. Auch manche Versicherungen seien bei alten Fachwerkhäusern zurückhaltend mit voller Kostenübernahme und verwiesen beispielsweise auf preiswertere Fensterrahmen aus Kunststoff statt aus Holz.
Über das Programm der privaten Dorferneuerung bei der Kreisverwaltung Ahrweiler können nach Petrats Worten Eigentümer flutgeschädigter Fachwerkhäuser in Gemeinden bis 3000 Einwohner neben der Hilfe des Bund-Länder-Fonds bis zu 30 000 Euro zusätzlich bekommen. Ob es auch in der Kurstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler über die Städtebauförderung zusätzliches Geld für den Wiederaufbau von Fachwerkhäusern gibt, ist laut Stadtverwaltung noch nicht entschieden.
Claudia Schulzki besitzt nach eigenen Worten eines der ältesten Fachwerkhäuser im Stadtteil Ahrweiler - gebaut um 1600. Das Hochwasser am 14. und 15. Juli mit 134 Toten im Ahrtal sei hier bis zur obersten Treppenstufe im Erdgeschoss gestiegen, sagt die Erzieherin. «Darunter ist alles zerstört worden oder weggeschwommen.» Nach der Entkernung drehen sich hier Ventilatoren: «Spezialisten haben mir von Bautrocknern abgeraten. Es soll nicht zu schnell zu warm werden in dem alten Haus», erklärt Schulzki. Sie wolle «auf jeden Fall» stilecht sanieren: «Hier haben schon unsere Großeltern gewohnt. Was hat dieses Fachwerkhaus nicht schon alles erlebt?» Eine Spendenaktion namens «5-Euro-Haus» unterstütze sie.
Die Dorferneuerungsbeauftragte Petrat sagt: «Wir empfehlen einen nachhaltigen und ökologischen Wiederaufbau.» Also etwa Ausfachungen mit traditionellen Lehmziegeln statt Betonleichtsteinen. Historische Lehmausfachungen können nach ihren Worten herausgenommen, getrocknet und wieder eingesetzt werden. Lehm halte gut die Wärme - und eine in solche Ausfachungen integrierte elektrische Wandheizung brauche nur wenig Strom, sagt Petrat, die zwei Ratgeber über regionale Baukultur geschrieben hat. Bausünden der siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts wie Kunststofffenster und Zementputz außen könnten nun korrigiert werden: «Insofern liegt im Wiederaufbau auch eine Chance.
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