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Thursday, November 16, 2023

Franz Xaver Ohnesorg: Viele Musiker nannten ihn ihren Freund - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Keine drei Wochen ist es her, dass sich Franz Xaver Ohnesorg noch einmal in der Redaktion der F.A.Z. meldete und zu den drei Benefizkonzerten zugunsten der Stiftung Klavier-Festival Ruhr und zum Ende seiner eigenen Intendanz einlud. Alfred Brendel, Gidon Kremer, András Schiff, auch Till Brönner und Helge Schneider und am Ende, für die letzte Gala am 25. November in Essen, Martha Argerich, Lang Lang, Michael Barenboim und Anne-Sophie Mutter hatten zugesagt. Ohnesorg war stolz auf diese Liste großer Namen. Der Bäckermeistersohn aus dem oberbayerischen Weilheim hatte ein Leben lang dafür gearbeitet.

Musikalische Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche

Erst Flöte, dann Betriebswirtschaftslehre hatte er studiert, Vorlesungen in Musik- und Theaterwissenschaften, auch in Kunstgeschichte besucht und dann – was in den Siebzigerjahren, als unter „Kulturradio“ noch etwas anderes verstanden wurde als heute, recht gut ging – frei für verschiedene Rundfunkanstalten als Journalist gearbeitet. Schließlich wurde er Orchesterdirektor der Münchner Philharmoniker und begann mit einem Coup: Er verpflichtete Sergiu Celibidache als Chefdirigenten des Orchesters.

Ohnesorg war bekannt dafür, dass er sich fast keinen Urlaub gönnte. Im Sommer verbrachte er viele Wochen beim Kammermusikfest rund um Gidon Kremer im burgenländischen Lockenhaus, einerseits um dort zu helfen, andererseits um Kontakte zu exzellenten Solisten und Kammermusikern zu knüpfen. Viele Künstler nennen ihn seit diesen Jahren, den frühen Achtzigern, ihren Freund. Von 1983 bis 1999 stand er der Kölner Philharmonie vor und rief 1994 die Musik-Triennale Köln für Gegenwartsmusik ins Leben. Als Ohnesorg dann 1999 der mehrfachen Bitte von Isaac Stern entsprach, die Leitung der Carnegie Hall in New York zu übernehmen, schien er auf dem Gipfel seiner Karriere angelangt zu sein. Nur kam sein Führungsstil in Amerika überhaupt nicht gut an und kollidierte mit den dortigen Gepflogenheiten heftig. Schon nach kurzer Zeit räumte Ohnesorg seinen Posten wieder und wurde Intendant der Berliner Philharmoniker, was auch nur ungefähr ein Jahr lang währte.

Aus „persönlichen Gründen“, über die damals Stillschweigen vereinbart wurde, legte Ohnesorg sein Amt nieder, nachdem er sich zuvor vertraglich eine Provision für alle eingeworbenen Sponsorenmittel zugunsten der Stiftung Berliner Philharmoniker hatte in den Vertrag schreiben lassen. Ohnesorg ging wieder ins Rheinland und widmete sich dem Klavier-Festival Ruhr, das er selbst 1996 ins Leben gerufen hatte. Ihm gelang es, große Namen der klassischen Musik Nordrhein-Westfalen zu holen und das Ruhrgebiet in weiter Fläche mit ausgezeichneten Konzerten zu bespielen. Darüber hinaus baute er in Duisburg-Marxloh eine ausgezeichnete musikalische Bildungsarbeit unter Kindern und Jugendlichen an sozialen Brennpunkten auf. Im Rahmen dieser Arbeit entstand auch die vorbildliche, wesentlich von Tobias Bleek verantwortetet Website des Klavier-Festivals Ruhr mit interaktiven Partituren, die Musikfreunden und Musiklehrern hervorragendes Material für eine Beschäftigung mit Musik bietet, die analytisch wie kulturgeschichtlich in die Tiefe geht.

Völlig unerwartet ist Franz Xaver Ohnesorg am Dienstag gestorben. Er wurde 75 Jahre alt. Seine Abschiedsgala am 25. November in der Essener Philharmonie wird nun zu einem Gedenkkonzert für den tatkräftigen Musikvermittler und Kunstermöglicher werden.

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