Stand: 26.07.2023 14:46 Uhr
Bis Anfang 2025 will der schwedische Autozulieferer Autoliv seinen Standort in Elmshorn schließen. Was bedeutet das für die rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werks? Nach einer Betriebsversammlung am Mittwoch fehlen dem Betriebsrat konkrete Antworten.
Die Nachricht über die Schließung des Elmshorner Autoliv-Werks war für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter laut Betriebsratschef Klaus Brüggemann ein Schock. Knapp zwei Wochen später sollten die rund 500 Beschäftigten nun Antworten auf drängende Fragen erhalten: Wie geht es für sie weiter? Wann beginnen die Verhandlungen über einen Sozialplan?
Mit Bauchgrummeln zur Arbeit
Etwa 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren nach NDR-Informationen am Mittwoch in Elmshorn (Kreis Pinneberg) vor Ort, etwa 150 waren noch mal online bei der Betriebsversammlung dazugeschaltet. Vor Ort überwogen gemischte Gefühle: Ein Mitarbeiter sprach von etwas mehr Klarheit. Bei Anke Krummer, Testtechnikerin im Labor und seit 21 Jahren bei Autoliv, bleibt viel Unsicherheit. Sie sagte, es gehe ihr nicht besser als vor der Betriebsversammlung: "Die Stimmung ist nicht gut. Viele sind natürlich bedrückt. Weil wir immer noch keinen Plan haben, wie das jetzt detailliert abgebaut werden soll. Man ist immer noch nicht so handlungsfähig, zumindest in meinem Fall, wie ich mir das wünschen würde."
Wann genau in den kommenden eineinhalb Jahren welche Abteilung geschlossen werden soll, ist laut Betriebsrat frühestens Ende September klar. Heißt für Krummer, dass sie jetzt mindestens acht Wochen zittern muss. "Das ist nicht schön. Das ist unangenehm. Und man kommt halt auch mit ein bisschen Bauchgrummeln wieder in die Firma." Sie mache ihre Arbeit immer noch gerne, aber jetzt - ohne Ziel - sei es schwierig.
Weitere Verhandlungen im Herbst
Ab Oktober soll es Verhandlungen mit Gewerkschaft, Betriebsrat und Autoliv geben. Man sei sich auch einig, dass die Konditionen des Sozialplans nicht schlechter sein sollen, als bei der Schließung der Produktion. "Heißt, es muss keiner befürchten, dass er mit weniger abgefunden wird, als in der Vergangenheit." Das habe vielen Kolleginnen und Kollegen jetzt schon mal die Angst genommen, so Brüggemann.
Mitarbeiter haben eine Orientierung bekommen
Großes Thema war seinen Angaben zufolge für viele Mitarbeiter die Frage, was passiert, wenn sie bei einer anderen Firma eine Stelle bekommen. Auch da gebe es bereits eine Lösung: "Wenn jemand jetzt das Unternehmen verlassen will, hat er bereits Anspruch auf eine Abfindung." Stimmt Autoliv einem vorherigen Jobwechsel nicht zu, weil der Mitarbeiter weiter benötigt wird, müsse das Unternehmen einen konkreten Termin nennen, bis wann der Job garantiert ist. Wie viele das annehmen wollen, sei nicht klar, aber: "Nach wie vor sitzt der Schock immer noch tief. Das ist gerade zwei Wochen her. Und ich glaube, dass die Kolleginnen und Kollegen jetzt für sich genau überlegen werden, wie lange sie noch bereit sind, für das Unternehmen zu weiterarbeiten", betont Brüggemann. Er sei zumindest zufrieden, dass die Mitarbeiter eine Orientierung bekommen haben.
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Zieht sich Autoliv komplett aus Elmshorn zurück?
Für den Betriebsratschef ist weiter nicht nachvollziehbar, dass der Standort überhaupt geschlossen wird. Es gebe viele wichtige Kunden, laufende Projekte und die Auftragsbücher seien voll. Man wisse nicht, wie der Konzern die Schließung des Standorts in so kurzer Zeit abwickeln will. "Wir sind sehr gespannt darauf, was aus der angekündigten tatsächlichen Standortschließung wird. Dieser Standort bleibt in dieser Form nicht bestehen. Soweit ist das klar. Aber ob Autoliv sich komplett aus Elmshorn zurückziehen wird, das wage ich jetzt noch vorsichtig zu bezweifeln."
Reaktion von Autoliv: Wir sind im Austausch
Offene Fragen wollte das Unternehmen selbst nicht direkt beantworten. Schriftlich teilte Stefan Wagner, Deutschlandmanager bei Autoliv, NDR Schleswig-Holstein mit: "Wir haben großes Verständnis dafür, dass dies Betroffenheit bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auslöst. Umso mehr setzen wir nun alles daran, im sachlichen und konstruktiven Dialog mit den Sozialpartnern die Regelungen zu finden, die für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am besten geeignet sind."
Autoliv entlässt weltweit mehr als jeden zehnten Mitarbeiter
Autoliv ist ein weltweit führender Hersteller von Sicherheitstechnik für Autos, er produziert unter anderem Airbags und Sicherheitsgurte. Die Schließung des Standorts Elmshorn ist Teil des Anfang Juni verkündeten radikalen Kostensparprogrammes, mit dem das Unternehmen weltweit 6.000 direkte Stellen sowie 2.000 "indirekte Stellen" streichen will - insgesamt elf Prozent der Gesamtbelegschaft. Das Elmshorner Werk war bereits vor knapp drei Jahren von Stellenstreichungen betroffen: Etwa 270 Arbeitsplätze sollten nach Osteuropa verlagert werden.
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Autoliv: Viele Fragen bleiben nach Betriebsversammlung offen - NDR.de
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