Früherer Kompagnon über Bushido: »Er hat viele Versprechungen gemacht, die er nicht gehalten hat« - DER SPIEGEL
Mit Gewalt kam Bushido einst aus seinem Künstlervertrag bei Aggro Berlin frei. Ein Zeuge schildert den entscheidenden Vorfall nun anders als der Rapper selbst. Und auch sonst ist er nicht gut auf ihn zu sprechen.
Sein Groll sitzt tief. Seit mehr als zehn Jahren habe er keinen Kontakt mehr zu Bushido und Arafat Abou-Chaker. Und wenn es nach Mohamad N. geht, soll das auch so bleiben. Dass er an diesem Mittwoch im Prozess vor dem Landgericht Berlin als Zeuge aussagen muss, behagt ihm gar nicht. »Es ist mir scheißegal, was mit Herrn Ferchichi passiert oder mit ihm hier.« Er zeigt auf den Angeklagten Arafat Abou-Chaker. »Ich möchte mit diesem Prozess nichts zu tun haben.«
Mohamad N. ist wütend, gekränkt, enttäuscht. Er war es, der Anis Ferchichi alias Bushido 2004 mit Abou-Chaker zusammengebracht hat. Nun sieht er sich als Verlierer in einer Geschichte, die dem Rapper und dem Clanchef Millionen eingebracht hat. Ihm nicht. Mohamad N., 45, arbeitet als Kurier und Lieferant.
Auf Bushido ist der Zeuge gar nicht gut zu sprechen. Das beginnt schon bei seinem Spitznamen. »Hamudi Wasserkopf« nannte Bushido den Zeugen vor Gericht. Der Vorsitzende Richter Martin Mrosk spricht ihn darauf an. Mohamad N. reagiert unwirsch. Nur irgendwelche »Vollidioten« würden ihn so nennen.
Vor Gericht sagte Bushido auch, Mohamad N. sei ein Cousin von Arafat Abou-Chaker, nach eigenen Angaben ist der Zeuge mit dem Angeklagten jedoch »weder verwandt noch verschwägert«. Arafat Abou-Chaker sei »ein guter Freund« gewesen, den er schon seit der Kindheit kenne. Etwa 2008 sei die Freundschaft in die Brüche gegangen. Mohamad N. gibt Bushido die Schuld daran.
Der Rapper bat ihn um Hilfe
Bushido hatte Mohamad N. im Jahr 2004 um Hilfe gebeten. Der Rapper suchte jemanden, der sein damaliges Label Aggro Berlin überzeugen sollte, ihn aus dem Vertrag zu lassen. Mohamad N. machte ihn mit Abou-Chaker bekannt, wenig später seien die beiden, er selbst und zwei weitere Männer zu Aggro Berlin gegangen.
Richter Mrosk unterbricht: »Ganz kurz, ich belehre Sie vorsorglich.« Er weist den Zeugen darauf hin, dass er keine Dinge erzählen muss, die ihn in Gefahr bringen, strafrechtlich belangt zu werden. Mohamad N. spricht weiter. Nicht sehr detailliert, aber doch aufschlussreich – und im deutlichen Widerspruch zu Bushidos Darstellung vor Gericht.
Bushido hatte im Prozess betont, nur er und Arafat Abou-Chaker seien damals zu Aggro Berlin gegangen. Mit Abou-Chakers Auftreten dort begründete Bushido, warum er sich in der Folgezeit nicht gegen dessen angebliche Forderungen gewehrt habe. Er sei total eingeschüchtert gewesen. Er habe ja erlebt, wie Abou-Chaker es »ganz alleine« geschafft habe, Aggro Berlin zur Unterschrift zu zwingen. Der Rapper widersprach der Darstellung Aggro Berlins vehement, wonach er und Abou-Chaker mit etwa sechs Leuten und einer Machete ins Studio gekommen seien. »Alles völliger Bullshit«, sagte er.
Die Version von Mohamad N. stützt eher die Darstellung Aggro Berlins, auch wenn er keine Machete erwähnt und nicht danach gefragt wird. »Wurde in Ihrer Anwesenheit geschlagen?«, fragt Richter Mrosk. »Geschlagen wurde eigentlich nicht.« Der Zeuge deutet ein Schubsen an. Es sei ein »bisschen laut« geworden, »dann hat man sich geeinigt«, sagt Mohamad N. Der Auflösungsvertrag wurde unterschrieben.
»Er wollte, dass Arafat seinen Rücken deckt«
So wie der Zeuge es darstellt, war es Bushido, der danach die Nähe zu Arafat Abou-Chaker suchte, nicht umgekehrt. Abou-Chaker sei eher skeptisch gewesen. »Deutscher Hip-Hop war damals ein bisschen peinlich«, erklärt der Zeuge. Bushido aber habe nicht lockergelassen. »Was hat er sich denn von Herrn Abou-Chaker versprochen?«, fragt der Richter. »Er wollte, dass Arafat seinen Rücken deckt.«
Mohamad N. vermittelte erneut. Und irgendwann saßen sie zu dritt in einem Café in Kreuzberg. Bushido und Abou-Chaker hätten sich auf eine Zusammenarbeit geeinigt, Abou-Chaker und Mohamad N. sollten gemeinsam an Bushidos Einkünften beteiligt werden. An die konkreten Zahlen will sich der Zeuge nicht erinnern. Vielleicht seien es 50 Prozent für Bushido und 50 Prozent für Abou-Chaker und Mohamad N. gewesen, vielleicht aber auch 70 oder 60 Prozent für Bushido.
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Mohamad N. bekam nach eigenen Angaben ab 2006 zwei Jahre lang 1200 Euro im Monat. Irgendwann hat er gemerkt, dass die beiden »viel, viel mehr Geld verdienen«. Er fühlt sich noch heute ausgenutzt. »Ich bin sehr enttäuscht von Bushido«, sagt er. »Ich bin so wütend.« Dabei sei er früh gewarnt worden. »Er ist ein falscher Fuffziger. Der lügt. Der zerstört Freundschaften«, hätten ihm die Leute gesagt. Er habe nicht auf sie gehört. Dass Bushido ein berechnender Mensch sei, habe er zu spät erkannt. »Er hat viele Versprechungen gemacht, die er nicht gehalten hat.«
Auch Abou-Chaker habe ihn angelogen, ihm erzählt, sie bekämen gleich viel Geld. »Ich wusste, dass das nicht stimmt.« Da habe er auch den Kontakt zu ihm abgebrochen. »Herr Ferchichi hat sich sehr gefreut. Jetzt hatte er Herrn Abou-Chaker endlich für sich allein.«
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