Viele Lehrstellen in NRW unbesetzt : Ausbildungsjahr beginnt mit Suche nach Nachwuchs
Düsseldorf Nach ihrem Schulabschluss haben Zehntausende junge Menschen eine Lehre begonnen. Angesichts des Fachkräftemangels in vielen Wirtschaftsbereichen sind die Jugendlichen hochwillkommen. Doch längst nicht alle Lehrlingsstellen konnten besetzt werden.
Wer noch auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle ist, hat dieses Jahr in der Regel gute Chancen auf Erfolg. Bei der Bundesagentur für Arbeit waren Ende August rund 19 000 Bewerberinnen und Bewerber als „unversorgt“ gemeldet, zugleich waren bei der Behörde noch 27 700 unbesetzte Stellen registriert. Mit Blick auf junge Leute, die nach dem Schulabschluss noch in der Orientierungsphase sind oder im Studium nicht recht glücklich werden, sagte der NRW-Regionalchef der Arbeitsagentur, Torsten Withake, am Mittwoch in Düsseldorf: „Die Chancen sind jetzt so gut wie nie.“
Rein rechnerisch kommen auf jeden noch erfolglosen Bewerber rund 1,5 offene Stellen. In den Vorjahren war dieser Wert deutlich niedriger. Allerdings ist die Aussagekraft dieser Zahl begrenzt, schließlich sind die Interessen der Jugendlichen verschieden und nicht jeder passt auf jede Stelle. Zudem ist die Lage in den Wirtschaftsbereichen unterschiedlich, Industriefirmen zum Beispiel suchen händeringend nach Verfahrensmechanikern und Fachkräften anderer technischer Berufe - das Angebot ist also hoch, die Nachfrage jedoch gering. Auch Bäcker und Fleischer haben es schwer auf der Suche nach Nachwuchs.
Die Ausbildung zum Friseur, zum Tierpfleger im Zoo und zum Kfz-Mechatroniker ist hingegen beliebt - in diesen Bereichen haben die Firmen die große Auswahl. Zudem gibt es regionale Unterschiede, in Ostwestfalen gab es mehr freie Ausbildungsstellen als vor einem Jahr und im Rheinland weniger.
Der Beginn des Ausbildungsjahres war für Zehntausende Menschen Auftakt in das Berufsleben: In Industrie und Handel - also den Branchen der IHK - wurden bis Ende Juli den Angaben zufolge in NRW rund 46 000 Ausbildungsverträge abgeschlossen, im Handwerk 19 000 und in den freien Berufen - etwas als Arzthelferin - 11 000.
Behördenchef Withake setzt darauf, dass beim Thema Ausbildungsstart längst noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Zwar ist der 1. September das klassische Startdatum neuer Ausbildungsverträge. Aber auch in den nächsten Wochen will seine Behörde noch viele junge Leute an Unternehmen vermitteln. Die „sehr guten Chancen“ der Jugendlichen betonte auch der Präsident von der Industrie- und Handelskammer (IHK) NRW, Ralf Stoffels. Man sollte den Kopf nun nicht in den Sand stecken, weil man einen Termin verpasst habe: „Der Einstieg ist mittlerweile ganzjährig möglich [...], man kann jederzeit anfangen.“
Zugleich appellierte Stoffels an die Unternehmen, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. „Die Jugendlichen, die heute eine Ausbildung starten, sind die Fachkräfte von morgen.“ Auch Berthold Schröder vom Westdeutschen Handwerkskammertag sagte, dass die Suche nach Lehrlingen auch in den nächsten Monaten weitergehe. Das Handwerk biete gute Perspektiven, sagte Schröder. „Wer jetzt eine Ausbildung beginnt, kann schon in 10 Jahren sein eigener Chef sein.“
Die Folgen der Corona-Krise sind in dem Zahlenwerk auch erkennbar. So hatten die NRW-Firmen im Laufe des Jahres bis August rund 104 700 Ausbildungsstellen gemeldet und damit fast zehn Prozent weniger als vor zwei Jahren, also vor der Pandemie. IHK-Vertreter Stoffels berichtete, dass manch Jugendlicher die von der Corona-Krise besonders getroffenen Branchen Hotellerie und Gastronomie inzwischen scheue.
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