Exklusiv
Stand: 06.04.2021 02:47 Uhr
Ob Testpflicht oder Einreiseanmeldung - es gibt viele Regeln, die die Einreise nach Deutschland derzeit kompliziert machen. Und es gibt viele Verstöße dagegen, wie Zahlen der Bundespolizei zeigen.
Von Florian Flade, WDR, und Georg Mascolo, NDR/WDR
"Der grenzüberschreitende Verkehr", so sagte es Bundesinnenminister Horst Seehofer in der vergangenen Woche bei einer Pressekonferenz in Berlin, sei von "zentraler Bedeutung für die Pandemiebekämpfung. Für uns in Deutschland, in Europa, ja weltweit". Seehofer kündigte sodann verschärfte Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland an. Wer per Flugzeug einreist, muss nun schon vor der Abreise einen negativen Corona-Test vorweisen - und zwar egal aus welchem Land die Person einreist.
Hunderte im Flugzeug, die dort nicht sitzen dürfen
Bei Reisenden aus sogenannten Hochrisiko- und Risikogebieten, in denen gehäuft Virus-Mutationen auftreten und es besonders hohe Inzidenzwerte gibt, gilt zudem unabhängig vom Verkehrsmittel eine Nachweispflicht für einen negativen Test. Zahlen der Bundespolizei zeigen: Schon seit Monaten kommt es zu zahlreichen Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung bei der Einreise nach Deutschland.
Mehrere Hundert Personen wurden von Fluggesellschaften aus Länder mit hohem Corona-Risiko in die Bundesrepublik gebracht, obwohl sie offenbar keinen negativen Corona-Test vorlegen konnten. Auch stellt die Bundespolizei inzwischen immer wieder gefälschte Tests bei Reisenden fest.
44.891 Mängel festgestellt
Vom 24. Januar bis zum 29. März hat die Bundespolizei insgesamt 44.891 Mängel bezüglich der Test- und Nachweispflicht bei Einreisenden festgestellt - davon 3753 Fälle an Flughäfen. Seit Ende Januar gelten bereits strengere Einreisekontrollen. So wurde grundsätzlich für Fluggesellschaften ein Beförderungsverbot aus Staaten erlassen, die als Virusvarianten-Gebiet und Hochinzidenzgebiete eingestuft sind - wie beispielsweise Ägypten, Brasilien, Mexiko, Tansania oder Südafrika. Nur in Ausnahmefällen ist eine Einreise möglich.
Die Fluggesellschaften sind schon länger verpflichtet, nur Personen aus solchen Ländern zu befördern, die einen negativen Test vorweisen können, der nicht älter als 48 Stunden ist. Dennoch wurden alleine zwischen Ende Januar und Ende Februar 668 Personen an deutschen Flughäfen festgestellt, die ohne Test aus Gebieten mit besonders hoher Inzidenz eingeflogen sind. Und 237 Personen, die ohne Test aus Ländern mit Virus-Mutationen nach Deutschland kamen.
Auch Fluggesellschaften aus Deutschland aufgefallen
Der Beförderer sei verpflichtet, nur an Bord zu lassen, wer einen negativen Test habe, sagte Bundespolizei-Präsident Dieter Romann Ende Februar im Innenausschuss des Bundestages. "Hier gibt es Mängel, eindeutig." Seine Behörde erstatte in jedem Fall eine Ordnungswidrigkeitenanzeige bei den örtlich zuständigen Flughafengesundheitsämtern, so Romann. "Die sind natürlich überlastet, betreiben das Bußgeldverfahren entweder nicht oder nur verspätet, mit der Folge, dass einem großen Wirtschaftsunternehmen oder mehreren es wirtschaftlicher ist, die Personen ohne Tests zu befördern."
Bei den Verstößen der Test-Kontrolle seien unterschiedliche Fluggesellschaften aufgefallen, teilte der Bundespolizei-Chef den Abgeordneten im Bundestag mit. Etwa Airlines aus den USA, Großbritannien, Portugal, von der Arabischen Halbinsel - aber auch aus Deutschland.
Einreiseanmeldung wird oft nicht ausgefüllt
Erhebliche Defizite hat die Bundespolizei in den vergangenen Wochen auch bei der digitalen Einreiseanmeldung festgestellt, die vorab bei Reisen aus bestimmten Ländern verpflichtend ist. In 110.280 Fällen hatten Reisende entweder keine Anmeldung vorgenommen oder diese nicht vollständig oder fehlerhaft ausgefüllt, wie ein Sprecher der Bundespolizei mitteilte.
Von Mitte Februar bis Ende März hat die Bundespolizei an den Grenzen zu Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol rund 832.000 einreisende Menschen kontrolliert. Dabei wurden 75.000 Reisende ohne Voranmeldung und 32.000 ohne Testergebnis festgestellt. Es kam zu 70.000 Abweisungen an den Grenzen.
Die Bundespolizei stellt bei Kontrollen außerdem seit Monaten regelmäßig gefälschte Corona-Testergebnisse oder andere Gesundheitsnachweise fest. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage des FDP-Innenexperten Benjamin Strasser hervor. "Den im Rahmen der grenzpolizeilichen Einreisekontrolle eingesetzten Kräften der Bundespolizei ist das Phänomen der Nutzung gefälschter Corona-Testergebnisse bekannt", teilte Staatssekretär Hans-Georg Engelke dem Bundestagsabgeordneten mit.
"Alles andere als ein Kavaliersdelikt"
In den vergangenen Monaten sei es vermehrt zu solchen Delikten gekommen. Von Dezember bis Februar wurden demnach 374 Fälle von gefälschten Gesundheitszeugnissen sowie dem Gebrauch oder der Ausstellung von unrichtigen Gesundheitszeugnissen bei Reisenden festgestellt.
"Gefälschte Testnachweise sind alles andere als ein Kavaliersdelikt und müssen entschieden von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt werden“, meint FDP-Innenpolitiker Strasser. "Die Bundesregierung muss gemeinsam mit den Nachbarstaaten aber auch dafür Sorge tragen, dass es genügend grenznahe Testzentren gibt, um kurzfristig einen belastbaren Test durchführen zu können. Hier besteht im zweiten Jahr der Pandemie noch immer Nachholbedarf."
Schutz vor Corona: Viele Verstöße gegen Einreiseverordnung - tagesschau.de
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