Rechercher dans ce blog

Monday, April 5, 2021

Straßenkinder-Stiftung: Viele Hilferufe wegen Corona - Schwäbisches Tagblatt

Bad Dürrheim/München. Durch die Corona-Pandemie sind Kinder und Jugendliche nach Beobachtung der Stiftung „Off Road Kids“ verstärkt von Obdachlosigkeit bedroht. „Wo es brodelt in Familien, kann es im Lockdown zum totalen Zerwürfnis kommen. Das endet dann schon mal mit dem Rausschmiss“, sagt Markus Seidel, Vorstandssprecher der Stiftung. Betroffen seien vor allem Jugendliche und Heranwachsende ab 17 Jahre. Das vergangene Jahr habe bei der bundesweit tätigen Hilfsorganisation alle traurigen Rekorde gebrochen: „Wir haben 2474 Hilferufe von verzweifelten Straßenkindern und jungen Menschen erhalten, die in Deutschland akut von Obdachlosigkeit bedroht sind. Das waren doppelt so viele wie im Vorjahr“, so Seidel.

Weil in Corona-Zeiten keine Streetworker unterwegs sind, versucht die Stiftung, bedrohte Kinder durch das bundesweite Online-Hilfsangebot „sofahopper.de“ zu erreichen. „Ein trauriger Volltreffer“, wie Seidel bemerkt. 40 Prozent der hilfesuchenden Kids stammten demnach aus den Ballungsräumen Berlin, Dortmund, Frankfurt, Hamburg und Köln, wo die Stiftung Streetwork-Standorte betreibt. „Sie konnten dann direkt vor Ort beraten werden.“

Die gestiegene Nachfrage nach Hilfe habe aber nicht unbedingt mit mehr Kindern und Jugendlichen in Not zu tun. „Familienzerwürfnisse werden nur offenbarer – junge Menschen trauen sich, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen“, so Seidel. Auch weil „sofahopper.de“ bekannter geworden sei. Als „Sofahopper“ bezeichnet er junge Leute, die in ihrer Not bei mehr oder weniger guten Bekannten vorläufig auf dem Sofa unterkommen.

„Was machen diese jungen Menschen dann? Sie sind verzweifelt - genau wie der Gastgeber. Also gehen sie ins Internet und googeln nach Hilfsangeboten“, weiß Seidel. Bei Eingabe „Bin obdachlos, was tun?“ erscheint als Treffer das Hilfsangebot von „sofahopper.de“. Vor Corona nutzte etwa ein Drittel der Hilfesuchenden das seit knapp drei Jahren existierende Angebot. Alle anderen wurden über die klassische Streetwork der „Off Road Kids“-Stiftung erreicht. Im ersten Corona-Jahr waren zwei Drittel der Unterbringungen auf diese Art von digitalisierter Sozialarbeit zurückzuführen.

Corona habe aber nicht nur negative Folgen: „Viele Familien haben sich sicher auch gefunden in der Krise, weil sie viel Zeit füreinander hatten“, schätzt Seidel. Ob Zerwürfnis, Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch – nicht nur ärmere Kinder verlassen ihr Zuhause. „Das geht kreuz und quer durch alle gesellschaftlichen Schichten. Aber räumliche Enge wirkt natürlich als Katalysator.“

Die Hilfsorganisation wurde 1993 im südbadischen Bad Dürrheim von dem Journalisten und Buchautoren Markus Seidel gegründet. Ziel: Not leidenden jungen Menschen langfristig helfen – von der Schulausbildung über das Besorgen eines Jobs bis hin zur Wohnmöglichkeit. „Sozialarbeit muss länger wirken als Feuerlöschen. Junge Menschen brauchen eine Perspektive“, so Seidel. „Off Road Kids“-Sozialarbeiter hätten seit Gründung 7100 Betroffene bis 27 Jahre vor der Obdachlosigkeit bewahrt. dpa

Let's block ads! (Why?)


Straßenkinder-Stiftung: Viele Hilferufe wegen Corona - Schwäbisches Tagblatt
Read More

No comments:

Post a Comment

Erneut viele Proteste gegen Rechtsextremismus in Niedersachsen - NDR.de

Stand: 01.02.2024 13:31 Uhr Wegen des Treffens von Rechtsextremisten in Potsdam haben in Niedersachsen Hunderttausende gegen Rechtsextremi...