In Baden-Württemberg waren Polizei und Rettungskräfte in der Silvesternacht häufig im Einsatz. Wie die Freiburger Polizei am Morgen mitgeteilt hatte, wurden dort in der Silvesternacht aber wohl gezielt Polizisten angegriffen. Auch das Polizeipräsidium Reutlingen berichtet von Einsätzen im Kreis Esslingen. In Weilheim an der Teck und Wernau (beide Kreis Esslingen) seien Einsatzkräfte mit Feuerwerkskörpern beworfen worden. In Mannheim wurden drei Polizisten leicht verletzt. In Bad Saulgau wurden Feuerwehrleute mutmaßlich gezielt mit Böllern beschossen. Die Feuerwehren im Land mussten zu vielen Bränden ausrücken.
Dennoch teilte ein Sprecher des Führungs- und Lagezentrums im Innenministerium auf SWR-Anfrage am Montagnachmittag mit, nach derzeitigem Stand habe es sich um die für eine Silvesternacht übliche Einsatzlage gehandelt.
Der baden-württembergische Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, sprach im SWR von einem "Großkampftag". In Freiburg habe es "richtige Krawalle" gegeben.
Hier der Überblick im Detail:
In Stuttgart waren mehrere hundert Beamte im Einsatz. Sie kontrollierten vor allem, dass die durch die Stadt Stuttgart eingerichtete Feuerwerksverbotszone innerhalb des City-Rings in der Innenstadt eingehalten wurde. Besucherinnen und Besucher wurden auf mitgeführte Feuerwerkskörper kontrolliert.
Auf dem Schlossplatz fand eine offizielle Silvesterparty mit mehreren tausend Besucherinnen und Besuchern statt. Kurz vor Mitternacht wurden vorübergehend sämtliche Zugänge zum Schlossplatz geschlossen, um eine Überfüllung zu verhindern. Schwerwiegende Vorkommnisse blieben nach Mitteilung der Polizei Stuttgart jedoch aus.
Im Freiburger Stadtteil Stühlinger hat eine Gruppe von Menschen nach Polizeiangaben mehrere Polizeistreifen gezielt mit Feuerwerkskörpern attackiert. Eine Beamtin wurde dabei leicht verletzt und erlitt ein Knalltrauma, sagte ein Polizeisprecher am Neujahrsmorgen. Ein Anrufer hatte am frühen Montagmorgen über den Notruf mitgeteilt, dass auf der Straße Barrikaden aufgestellt würden. Als die Polizei eintraf, stand laut einer Mitteilung unter anderem ein Pkw-Anhänger quer. Die Polizeistreifen wurden demnach direkt nach ihrem Eintreffen aus einer etwa 80 Personen starken Gruppe angegriffen. Nachdem weitere Einsatzkräfte dazu geholt wurden, konnte die Polizei laut den Angaben die Menschenmenge zurückdrängen und die Lage beruhigen. Die Personalien mehrerer beteiligter Personen wurden festgestellt, eine Person wurde festgenommen.
Im Freiburger Stadtteil Stühlinger haben in der Silvesternacht 80 Personen eine Barrikade errichtet und Einsatzkräfte der Polizei mit Böllern beschossen. Eine Polizistin wurde verletzt.
Auch in Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen) wurden Mitglieder der Feuerwehr mutmaßlich gezielt mit einem Feuerwerkskörper beschossen. Laut Polizei hatten die Feuerwehrmänner einen Mülleimer gelöscht, als plötzlich neben ihnen ein Feuerwerkskörper explodierte. Die Polizei geht davon aus, dass dieser gezielt in Richtung der Feuerwehrmänner geworfen wurde. Ein Feuerwehrmann klagte im Anschluss über Schmerzen im Gehörgang.
Laut Polizei kam es auch bei Einsätzen in Esslingen, Weilheim an der Teck und Wernau (beide Kreis Esslingen) zu gezielten Angriffen gegen Polizeibeamtinnen und -beamte. So sollen in Esslingen drei Unbekannte eine Silvesterrakete auf Einsatzkräfte abgefeuert haben, die gerade eine Anzeige wegen eines anderen Delikts aufnehmen wollten. In Weilheim an der Teck seien zunächst Böller in Richtung eines Wohnhauses geflogen. Als die Polizei eintraf, hätte die Gruppe von rund zehn Personen Feuerwerkskörper auf die Beamtinnen und Beamten geworfen. Mehrere Personen wurden in Gewahrsam genommen, Minderjährige ihren Eltern übergeben. In Wernau warfen Unbekannte demnach aus einer Gruppe heraus Böller auf einen Streifenwagen. Die angegriffenen Polizeikräfte seien unverletzt geblieben, so das Polizeipräsidium Reutlingen.
In Mannheim seien insgesamt drei Beamte leicht verletzt worden, etwa durch gezielt gegen Einsatzkräfte gerichtete Pyrotechnik. Während der Einsätze kam es den Angaben zufolge auch zu zwei tätlichen Angriffen. In der Mannheimer Innenstadt wurde bei einer Auseinandersetzung zweier Gruppen eine Person mit einem Messer verletzt. Ein Tatverdächtiger wurde laut Polizei festgenommen.
Die Feuerwehren im Land hatten in der Nacht auf Montag alle Hände voll zu tun. In Rheinstetten (Kreis Karlsruhe) erlitten zwei Menschen bei einem Brand eine Rauchgasvergiftung. Die Flammen hatten von einem Holzunterstand auf zwei Wohngebäude übergegriffen. Laut Polizei entstand ein Schaden in Höhe von rund 600.000 Euro.
In der Silvesternacht sind in Rheinstetten (Landkreis Karlsruhe) zwei Doppelhaushälften in Brand geraten. Dabei wurden zwei Menschen verletzt.
Bei einem Brand in Stuttgart wurde eine Kindertagesstätte beschädigt. Sie sei dadurch nicht mehr nutzbar, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte. In einem angrenzenden Unterstand brannten demnach mehrere Mülltonnen. Durch das Feuer seien Fensterscheiben der Kita geplatzt. Außerdem sei Rauch in das Gebäude gezogen. Die Bewohner der Wohnungen über der Kita kamen laut der Feuerwehr dank der Warnung eines Nachbarn rechtzeitig in Sicherheit, so dass niemand verletzt wurde.
Im Stuttgarter Süden bereitete ein Dachstuhlbrand den Einsatzkräften der Feuerwehr viel Arbeit. Das Löschen sei durch die Hanglage des Hauses erschwert gewesen, sagte ein Sprecher der Feuerwehr.
In Meckenbeuren (Bodenseekreis) mussten die Einsatzkräfte einen in Brand geratenen Dachstuhl löschen. Die einzig anwesende Bewohnerin konnte das Haus unverletzt verlassen. Das Haus ist nicht mehr bewohnbar, die Bewohnerin kam bei Nachbarn unter. Es entstand ein Schaden von geschätzten 200.000 Euro.
Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei haben in der Region Bodensee-Oberschwaben zum Jahreswechsel gut zu tun gehabt. Ein Wohnhaus in Meckenbeuren ist nach einem Brand unbewohnbar.
In Mannheim ist ein Mehrfamilienhaus nach einem Brand ebenfalls vorläufig nicht mehr bewohnbar. Nach Angaben der Polizei fing die Inneneinrichtung einer Wohnung am Silvesterabend Feuer. Die Wohnung brannte komplett aus. Eine 70-jährige Bewohnerin kam mit einer Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus. Warum das Feuer ausbrach, ist noch nicht bekannt.
In Bühl (Kreis Rastatt) ist in der Nacht bei einem Brand auf einem Aussiedlerhof nach Schätzungen ein Schaden von 1,5 Millionen Euro entstanden. Ein Sprecher der zuständigen Polizei Offenburg sagte dem SWR, die Lagerhalle eines Ökonomiebetriebes stand komplett in Flammen. Verletzte gab es nicht.
Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot vor Ort und konnte demnach verhindern, dass die Flammen auf weitere Gebäude des Hofes übergriffen.
Insgesamt wurden die Beamten des Polizeipräsidiums Offenburg zu mehr als 300 Einsätzen gerufen. Bei einem Großteil davon handelte es sich um Kleinbrände, darunter brennende Mülltonnen und Sträucher. In Kehl, Zell am Harmersbach (beide Ortenaukreis), und Rastatt brannte es in Wohnhäusern. In Hausach (Ortenaukreis) setzte laut ersten Erkenntnissen ein Feuerwerkskörper eine Gartenhütte in Brand. Dazu kamen etwa 30 Einsätze wegen Körperverletzungen und Streitigkeiten.
Die Polizei in Karlsruhe spricht von einem unauffälligen Jahreswechsel von 2023 in 2024. Trotzdem mussten Einsatzkräfte im Raum Karlsruhe, Pforzheim und Bühl Hunderte Male ausrücken.
In Ulm verletzte sich ein 20-jähriger Mann schwer, als ein Feuerwerkskörper in dessen Hand explodierte. Er habe einige Finger verloren, so die Polizei. In Langenau (Alb-Donau-Kreis) zog sich ein Mann ebenfalls schwere Handverletzungen zu, als ein Böller in seiner Hand detonierte, den er vom Boden aufgehoben hatte. Dem Mann wurden zwei Finger abgetrennt. Auf dem Ulmer Münsterplatz wurde der Polizei zufolge ein Mensch leicht verletzt, als ihn herumfliegende Feuerwerksteile trafen. Dabei handelte es sich den Angaben zufolge nach ersten Erkenntnissen um ein Versehen.
Die Polizei Ludwigsburg wurde nach eigenen Angaben zu 224 Einsätzen gerufen. Auch hier ging es meist um Streitigkeiten, körperliche Auseinandersetzungen und Sachbeschädigungen.
Am Klinikum Stuttgart wurden in dieser Silvesternacht mehr schwere Gesichts- und Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper behandelt als in den Vorjahren. Patienten hätten zu nah am explodierenden Feuerwerk gestanden oder im Moment der Explosion hineingeschaut, berichtete ein Oberarzt aus der Notaufnahme am Neujahrsmorgen. Dabei habe es schwerste Verbrennungen und erhebliche Gesichtsverletzungen gegeben. Drei Patienten müssen demnach sogar um ihr Augenlicht bangen. Sämtliche Patienten haben laut dem Arzt beteuert, dass sie die Feuerwerkskörper in Deutschland gekauft hätten.
In Tübingen mussten sieben Menschen in der Augenklinik behandelt werden, außerdem in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Tübinger Uniklinikums etwa fünf Menschen wegen Knalltraumen. Die Kreiskliniken Reutlingen meldeten eine lebensbedrohlich verletzte Person und eine weitere mit Knalltrauma und Taubheit. Insgesamt wurden dort etwa zehn Menschen mit Verletzungen durch Feuerwerkskörper behandelt. Meist seien das Brandverletzungen, so ein Oberarzt.
Auch in der zentralen Notaufnahme in Heilbronn mussten in der Silvesternacht mehr Patientinnen und Patienten behandelt werden als noch vor einem Jahr.
Nach den Krawallen an Silvester im vergangenen Jahr ging es für Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte mit Anspannung in die Silvesternacht. Doch die Heilbronner blieben friedlich.
In Mannheim ist ein 17-Jähriger bei einer Silvesterfeier in einer Kleingartenanlage eingeschlafen und von seinen Freunden vergessen worden. Da das Gelände mit einem hohen Zaun und Stacheldraht umschlossen ist und das Tor abgesperrt wurde, war er dort nach Polizeiangaben gefangen. Am Neujahrstag habe ein Anwohner gegen 5 Uhr Hilferufe gehört und die Beamten alarmiert. Diese konnten den Jugendlichen der Mitteilung zufolge mit Hilfe einer Leiter aus seiner misslichen Lage befreien. "Bis auf eine leichte Unterkühlung kam er nur mit einem Schrecken davon", hieß es.
Silvester in BW: Viele Brände und Angriff auf Polizei in Freiburg - SWR Aktuell
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