Kein Durchkommen mehr auf dem Jungfernstieg: Zehntausende Menschen sind am Freitagnachmittag in Hamburg auf die Straße gegangen. Es ist die bisher größte Demonstration gegen Rechts in diesem Jahr.
»Wir sind die schweigende Mehrheit und sitzen zu Hause und ärgern uns und denken, man müsste mal! Und irgendwie ist jetzt von der unsäglichen Versammlung der Ruck ausgegangen. Jetzt müssen wir mal und sind alle hier. Das finde ich sehr stark.«
»Ich bin positiver Dinge, dass es jetzt weitergeht.«
»Hamburg steht auf – Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke« – unter diesem Motto hatte ein breites Bündnis aus Verbänden und Vereinen zu der Kundgebung aufgerufen. Gekommen waren Jung und Alt – und auffallend viele Eltern mit ihren Kindern.
»Eigentlich wissen wir es ja seit Jahren, wer sich da organisiert. Trotzdem finde ich es wichtig, immer wieder zu zeigen, dass man dagegen ist.«
»Das ist das, was uns die größte Kraft gibt Freude, miteinander, miteinander lachen und optimistisch bleiben. «
Hintergrund der Demo waren die Enthüllungen über ein Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und CDU im November. Laut dem Recherchezentrum »Correctiv« sollen die Teilnehmenden bei dem Treffen geheime Pläne für Massenabschiebungen von Bürgern ausländischer Herkunft diskutiert haben.
Peter Tschentscher, Hamburgs Bürgermeister:
»Sie wollen eine Deportation. Sie wollen die Zeit zurückdrehen, zurück in eine Zeit von Hass und Gewalt. Die Bezeichnung ›Remigration‹ ist kein Unwort, sondern eine rechtsradikale Provokation. Deswegen sagen wir heute laut und deutlich: Nie wieder!«
Auf die Enthüllungen folgte ein politisches Beben: In immer mehr Städten finden derzeit Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und die AfD statt. Gleichzeitig bleibt die Partei laut einer aktuellen SPIEGEL-Umfrage weiterhin zweitstärkste Kraft im Land. In Thüringen, Sachsen und Brandenburg wird im September gewählt – dort liegt die AfD derzeit sogar auf Platz Eins.
»Ich habe nicht so viel Angst. 20 Prozent sind eine dramatische Menge irgendwie. Aber da sind immer noch 80 Prozent, die das nicht sind.«
»Ich hoffe einfach, dass doch viele Bürger jetzt diesen Hallo-Wach-Effekt vielleicht haben und zumindest alle zur Wahl gehen.«
Etwas mehr als eine Stunde nach Beginn der Kundgebung musste die Hamburger Polizei die Demo aus Sicherheitsgründen abbrechen – zu viele Menschen auf zu engem Raum. Wie viele Teilnehmende an diesem eiskalten Freitagnachmittag in die Hamburger Innenstadt kamen, ist unklar. Die Polizei hatte zu Beginn der Versammlung von rund 30.000 Personen berichtet. Einer der Mitorganisatoren sprach am Abend von 80.000.
Noch etwas lässt sich an diesem Tag noch nicht absehen: Ob die Protestwelle gegen Rechts von Dauer sein wird.
Demo gegen Rechts in Hamburg: »Ich hoffe, dass viele jetzt diesen Hallo-wach-Effekt haben« - DER SPIEGEL
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