Wer in Deutschland in Vollzeit beschäftigt ist, würde häufig gern kürzer arbeiten. Im Jahr 2021 wollten 49 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduzieren, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) . Allerdings haben sich die gewünschten Arbeitszeiten in den vergangenen Jahrzehnten nur in geringem Ausmaß verändert.
Bei den Beschäftigten in Vollzeit zeigt sich der Geschlechterunterschied lediglich im Ausmaß, nicht in der Tendenz: Männer arbeiten im Schnitt länger und wollen dies auch weniger stark reduzieren. Ihre tatsächliche Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 42,3 Stunden, die gewünschte 36,7 Stunden in der Woche. Frauen arbeiten im Schnitt 40,9 Stunden und würden dies gern auf 34,7 Stunden reduzieren.
Anders sieht es bei den Teilzeitbeschäftigten aus. Bei den Frauen stieg die gewünschte Arbeitszeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten um knapp zwei Stunden – noch stärker allerdings die tatsächliche Arbeitszeit. Inzwischen arbeiten auch Frauen in Teilzeit im Schnitt mit 26,1 Stunden in der Woche 0,8 Stunden länger als gewünscht. Bei den Männern hingegen würden die Teilzeitbeschäftigten im Schnitt gern länger arbeiten – und zwar um gut eine Stunde mehr als die tatsächlichen knapp 27 Stunden.
Grundlage der Studie sind Daten des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), für das jährlich seit Jahrzehnten Zehntausende Personen befragt werden. Betrachtet man die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zeigt sich zwar ein leichter Trend hin zu kürzeren tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten. IAB-Ökonom Enzo Weber weist allerdings darauf hin, dass das auch darauf zurückzuführen sei, dass das männliche Alleinernährermodell immer mehr der Vergangenheit angehöre: »Beim Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten müssen auch die veränderten Erwerbskonstellationen in den Familien berücksichtigt werden.«
Nicht jedes Arbeitsmodell sei in jeder Lebensphase gleich gut geeignet, so Weber. »Die Arbeitszeitwünsche fächern sich immer weiter auf. Deshalb sollten Arbeitszeiten individuell angepasst werden können«, sagt der IAB-Ökonom mit Blick auf das Problem der Arbeitgeber, angesichts des Fach- und Arbeitskräftemangels eher längere als kürzere Arbeitszeiten zu benötigen. »Das Potenzial, mehr Arbeitsstunden zu mobilisieren, ist bei den Arbeitszeitwünschen begrenzt. Wenn aber die Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuung, Mobilarbeit und Erwerbsanreize verbessert würden, dürften auch die Arbeitszeitwünsche nach oben gehen«, so Weber.
Das IAB-Forschungsteam hat zudem untersucht, wie sich die Arbeitszeitwünsche in den verschiedenen Altersgruppen entwickeln. In der aktuellen Debatte über eine Viertagewoche wird vor allem den jüngsten Beschäftigten – der sogenannten Generation Z – ein Trend zu mehr Freizeit zugeschrieben. Auf den ersten Blick scheint sich das auch zu bestätigen: Bei Frauen unter 25 Jahren sind die Arbeitszeitwünsche seit dem Jahr 2009 um sieben Stunden zurückgegangen. Es zeigt sich allerdings, dass dies auf einen deutlich gestiegenen Anteil von Minijobberinnen und Studentinnen unter den jungen Frauen zurückgeht. Die Arbeitszeitwünsche der regulär beschäftigten jungen Frauen sind hingegen nur wenig zurückgegangen und nicht stärker als in anderen Altersgruppen. »Eine Sonderrolle der angeblich arbeitsunwilligen Generation Z gibt es nicht«, resümiert Weber.
Arbeitszeit: Viele Vollzeit-Beschäftigte wollen kürzer arbeiten - DER SPIEGEL - DER SPIEGEL
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