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Friday, October 20, 2023

Sturmflut an der Ostseeküste: Viele Straßen stehen unter Wasser - NDR.de

Stand: 20.10.2023 19:42 Uhr

Weil der Wind stark von Osten bläst, läuft an der Ostseeküste derzeit starkes Hochwasser auf. Viele Straßen und Häfen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern stehen unter Wasser. In Flensburg ist der Wasserstand auf den höchsten Wert seit 100 Jahren gestiegen. An der Nordsee sind die Folgen des Sturms ganz andere.

An der Ostseeküste in Schleswig-Holstein läuft eine schwere Sturmflut auf. In Flensburg ist der Wasserstand am Freitagabend auf einen Stand von 1,99 Meter über dem normalen Wasserstand gestiegen. "Zuletzt gab es dort ein solches Hochwasser im Jahr 1904", sagte Ines Perlet-Markus vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Vielerorts an der gesamten Küste werden Wasserstände von 1,50 Meter oder mehr über den mittleren Wasserstand steigen, teilte das BSH mit. Ähnliches gilt für die Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern. Auch hier gibt es eine außergewöhnliche Hochwasser-Lage.

Wie das BSH am Freitagnachmittag mitteilte, wurden die Höchststände in Flensburg, Travemünde und Wismar für heute frühen Abend erwartet. Nach Mitternacht flaut die Sturmflut demzufolge wieder ab und sinkt bis Sonnabendmorgen unter ein Meter zum normalen Wasserstand.

Das NDR Fernsehen sendet heute um 20.15 Uhr ein NDR Info extra zur Sturmflut-Lage im Norden.

Günther: Keine Zeit für Katastrophentourismus

Ministerpräsident Daniel Günther hat die Schleswig-Holsteiner aufgerufen, sich besonnen zu verhalten und die Arbeit der Einsatzkräfte nicht zu behindern. "Dies ist nicht die Zeit für Katastrophentourismus", erklärte der CDU-Politiker.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) appellierte an die Küstenbewohner, sich gut zu informieren und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Mit einer möglichen Dauer von bis zu 40 Stunden könnte die Sturmflut deutlich länger anhalten als ähnliche Unwetterereignisse 2017 und 2019. Auch das schleswig-holsteinische Innenministerium rief die Bürgerinnen und Bürger per amtlicher Gefahrenmitteilung dazu auf, gefährdete Bereiche wie Garagen, Keller, Strände und Steilufer zu meiden.

Schleswig-Holstein: Viele Straßen unter Wasser

Die Stadtwerke Flensburg haben in Teilen des Hafens den Strom abgestellt. Betroffen seien die Straßenzüge Schiffbrücke, Norderhofenden von ZOB bis zum Nordertor, Hafenspitze und von Gosch bis zum Fischereiverein auf der Hafenostseite, teilte ein Sprecher der Stadt am Freitagabend mit. Auch in Kiel, Lübeck und Schleswig wurden etliche Straßen überflutet. In allen betroffenen Orten wurden Straßen in Wassernähe gesperrt. In der Lübecker Bucht war das Wasser am Mittag bereits an vielen Stellen über die Ufer getreten. Zudem blockierten Gegenstände und umgestürzte Bäume teilweise die Fahrbahnen in Lübeck und im Kreis Ostholstein. Polizei und Feuerwehr schleppten Fahrzeuge aus dem Gefahrenbereich und sperrten Straßen ab. Die Feuerwehr ruft dazu auf, das Gebiet der Stadt Neustadt/Holstein wegen der andauernden Hochwasserlage großräumig zu umfahren.

Neben Flensburg und Kappeln wird auch Schleswig zurzeit stark von der Sturmflut getroffen. Der südliche Innenstadtbereich ist komplett für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Die Stadtwerke bemühen sich, die Stromversorgung aufrecht zu erhalten.

Überflutungen drohen ebenfalls an den Ostsee-Stränden. Spaziergänger sollten besonders vorsichtig an den Steilküsten sein - dort könnte es bei starken Wellen und hohen Wasserständen zu Abbrüchen kommen.

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Wasser hat eine Straße in der Flensburger Innenstadt überflutet. © dpa-Bildfunk Foto: Frank Molter

Vielerorts sind Straßen und Hafenanlagen überflutet. In Flensburg steigt der Wasserstand auf einen Jahrhundertrekord. mehr

In Kiel musste die Polizei zu zahlreichen Einsätzen ausrücken. Betroffen waren vor allem Schilksee und der Tiessenkai in Holtenau. Dort seien viele geparkte Autos nicht rechtzeitig weggefahren worden, sagte eine Polizeisprecherin. Bei Fehmarn wurden am Morgen zehn Menschen und ein Hund durch die Seenotrettung von mehreren Hausbooten gerettet, wie die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger mitteilte. Die Stege zu den Booten waren bereits überflutet.

Bei Heringsdorf südlich von Fehmarn sind mehrere Campingplätze und eine Ferienhausanlage evakuiert worden, da das Hochwasser fast die Krone des Deichs erreicht habe.

Mecklenburg-Vorpommern: Wismar am stärksten betroffen

In Mecklenburg-Vorpommern ist Wismar am stärksten betroffen. Aber auch in Warnemünde und im Nordosten des Bundeslandes wurden Vorkehrungen getroffen. Zahlreiche Strände sind bereits komplett überspült, wie beispielsweise in Heiligendamm. Wie die Reederei Scandlines am Freitag mitteilte, musste wegen extrem starker Ostwinde der Fährbetrieb auf den Strecken Puttgarden-Rødby und Rostock-Gedser vorübergehend eingestellt werden.

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Auch an der Küste vor Boltenhagen tobt der Sturm © Feuerwehr Boltenhagen Foto: Feuerwehr Boltenhagen

Vielerorts steigen die Pegelstände an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns auch am Abend weiter an - teils deutlich höher als vorhergesagt. mehr

Westlich und östlich von Rügen muss bis Mitternacht mit Wasserständen von bis zu 1,45 Metern über dem Normalwert gerechnet werden. Im Greifswalder Bodden können Werte bis zu 1,50 Meter erreicht werden, am Stettiner Haff bis zu 1,0 Meter. In Greifswald wurde nach Angaben der dortigen Feuerwehr bereits am Donnerstagmittag das Mittelsegment des Sperrwerks geschlossen.

VIDEO: Wind aus Ost: Kommt das Hochwasser auch nach MV? (10 Min)

Orkanartige Böen an den Küsten - Bahnverkehr beeinträchtigt

Der Grund für die Überflutungen ist ein Sturmtief über der Ostsee. "Wir haben es mit einem stabilen Windfeld zu tun, das die gesamte Ostsee in Bewegung bringt", erklärte BSH-Expertin Perlet-Markus dazu. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab eine amtliche Unwetterwarnung vor orkanartigen Böen an Teilen der Ostseeküste, auf Helgoland, den Ostfriesischen Inseln und Rügen heraus. Sie gilt bis in die Nacht zu Sonnabend. Demzufolge muss mit Böen um 110 Kilometern pro Stunde gerechnet werden. "Bis etwa zwei Uhr nachts sind an der Ostseeküste und den Inseln orkanartige Böen möglich, sagte DWD-Meteorologin Anne Wiese.

Polizei und Feuerwehr meldeten aus mehreren Orten umgestürzte Bäume, die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten warnten davor, die Wälder in diesen Tagen zu betreten. Derzeit gibt es im Regionalverkehr der Bahn in Schleswig-Holstein zahlreiche Verspätungen wegen des Sturms. Die Bahn kündigte zudem an, den Bahnverkehr zwischen Eckernförde und Kiel, Rendsburg und Kiel sowie Husum und Kiel ab 20 Uhr einzustellen.

Dänemark: Evakuierungen und Stromausfälle

Die Sturmflut hat auch an den bei Urlaubern beliebten Küsten im Süden und Osten Dänemarks zu Stromausfällen und Evakuierungen geführt. Die Polizei forderte Anwohner und Urlauber am Freitagnachmittag dazu auf, die Gegend um Sandersvig Strand sofort zu verlassen. In der Sommerhaussiedlung nahe Haderslev (Hadersleben) in Südostjütland war demnach ein Deich gebrochen. Auch auf der Insel Møn im Südosten Dänemarks wurden die Bewohner einer Sommerhausgegend gebeten, ihre Häuser zu verlassen. Etwa 200 dänische Haushalte waren am Freitagnachmittag vom Stromnetz abgeschnitten.

Fährausfälle wegen Niedrigwasser

Insulaner und Herbst-Urlauber an der niedersächsischen Nordseeküste müssen sich in den kommenden Tagen dagegen auf Verschiebungen und Ausfälle bei Fähren von und zu den Ostfriesischen Inseln einstellen. Dort werden wegen des Ostwinds deutlich niedrigere Wasserstände erwartet. In Cuxhaven etwa soll es heute Wasserstände von mehr als 1,50 Meter unter dem sonst üblichen mittleren Niedrigwasser geben, wie das BSH mitteilte. Den Angaben zufolge sank der Wasserstand an der deutschen Nordseeküste in den vergangenen 25 Jahren nur drei Mal unter den Wert von 1,50 Metern unter dem mittleren Niedrigwasser - zwei Mal im März 2018 und ein Mal im November 2022. Deswegen können die Fähren zum Teil nicht mehr fahren.

AUDIO: Deutscher Wetterdienst: Ostsee-Küste erlebt ein sehr seltenes Wetterevent (6 Min)

Zu den Inseln Juist, Baltrum und Spiekeroog etwa wurde der Fährverkehr komplett eingestellt. Fähren von und nach Wangerooge fahren bis einschließlich Sonnabend nicht. Auch für Sonntag sei wegen des kräftigen Ostwinds mit weiteren Einschränkungen zu rechnen, teilte der Betreiber Deutsche Bahn mit. Geänderte Abfahrten oder Ausfälle melden Fährgesellschaften entlang der Küste auch für die Inseln Borkum, Norderney und Langeoog. Die Elbfähre Glückstadt-Wischhafen stellte ihren Betrieb am Freitag ebenfalls komplett ein.

Nord- und Ostseeinseln von Ausfällen betroffen

Auch an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste sollen die Wasserstände bis Sonnabend deutlich unter den Normalwerten liegen. Daher haben die Reedereien für die Verbindungen zu Inseln und Halligen Ausfälle und Verschiebungen angekündigt. Betroffen sind unter anderem Föhr, Amrum und Pellworm.

An der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern kündigte die Reederei Hiddensee an, heute den gesamten Fährbetrieb einzustellen. Auch auf den Linien Rostock-Gedser sowie Puttgarden-Rodby der Fährreederei Scandlines fallen heute alle Abfahrten aus. Auch die erste Abfahrt um 0.45 Uhr am Sonnabendmorgen wurde abgesagt.

Barkassen in Hamburg können nicht fahren

Aufgrund von Niedrigwasser mussten auch in Hamburg viele Barkassenbetreiber und -betreiberinnen ihren Verkehr einstellen. Auch die Fährverbindungen der Hadag sind davon betroffen. Es muss mit erheblichen Einschränkungen gerechnet werden. Der Wasserstand am Pegel St. Pauli soll laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sogar bis zu 2,5 Meter unter dem mittleren Niedrigwasser liegen.

Wetterbesserung erst am Montag in Sicht

Eine deutliche Wetterbesserung ist in den nächsten Tagen kaum in Sicht. Zwar lässt der Wind zum Sonnabendmorgen nach, "allerdings zieht immer wieder Niederschlag auf", prognostiziert Tobias Schaaf vom DWD. Die Sonne werde kaum eine Rolle spielen, es wird aber milder mit Temperaturen von 14 bis 16 Grad. Ein etwas freundlicheres Intermezzo gibt es erst am Montag. Viel Hoffnung auf dauerhafte Besserung macht der DWD aber nicht: Kommende Woche soll es wechselhaft bleiben.

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Spaziergänger laufen auf dem Deich in Norddeich, an den die Wellen schlagen. © picture alliance Foto: Matthias Balk

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Ein Sonnenuntergang am Strand in Dangast. © NDR Foto: Heiko de Boer

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Sturm an der Ostsee © NDR Foto: Frank Hojenski aus Rostock

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Mehr als 350 Einsatzkräfte waren bei der sogenannten Deichverteidigungsübung dabei. Hintergrund ist der Beginn der Sturmflutsaison. mehr

Sandsäcke sichern einen Flusslauf. © Screenshot

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Für die Küstenlinie wird ein Wasserstand von bis zu 1,3 Metern über Normalnull erwartet. Anna-Lou Beckmann und Uwe Ulbrich berichten. 6 Min

Überflutete Straßen in Kellinghusen. © NDR Foto: Daniel Friederichs

Kaputte Dächer oder beschädigte Autos: Ein Sturm kann teuer werden. Welche Versicherungen schützen vor Unwetterschäden? mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 20.10.2023 | 14:00 Uhr

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