Angesichts von 1,7 Millionen offenen Stellen in Deutschland wollen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) deutlich mehr ausgebildete Ausländer nach Deutschland holen – auch aus Brasilien.
„Im letzten Jahr sind neben den Fachkräften aus EU-Staaten nicht mal 100.000 Fachkräfte aus Drittstaaten zu uns gekommen. Das reicht nicht“, schreiben die beiden Minister in einem gemeinsamen Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Die Bundesregierung werde deshalb Bürokratie abbauen und den Familiennachzug einfach machen. „Im Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten … wollen wir bis Ende 2024 viermal so viele Visa für Fachkräfte bearbeiten wie bisher“, schreiben die beiden Minister.
„Brasilianische Pflegekräfte und kolumbianische Elektriker finden in Deutschland bereits offene Arme. Diese Partnerschaft wollen wir ausbauen“, sagte Baerbock über den an diesem Montag beginnenden gemeinsamen Besuch in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia. Heil erklärte, man wolle „in Brasilien für Deutschland als attraktiven Standort mit guten Arbeits- und Lebensbedingungen werben“.
Pflegekräfte aus Brasilien
„Die Krankenhäuser finden nicht mehr genügend Pflegekräfte. Und auf der anderen Seite des Atlantiks, in Brasilien, ist jede zehnte Pflegekraft arbeitslos – trotz guter Ausbildung“, schreiben sie. „Wir werden in Brasilien für den deutschen Arbeitsmarkt werben – auf Regierungsebene, aber vor allem bei den Profis aus der Praxis, im Krankenhaus und bei der Pflegekammer.“
Mit der deutschen Bürokratie gehen die beiden Minister hart ins Gericht. „Im deutschen Vorschriften-Dschungel verlieren wir immer noch viele gut qualifizierte Menschen, die wir auf unserem Arbeitsmarkt gebraucht hätten. Warum sollte eine brasilianische Krankenpflegerin monatelang auf deutsche Behörden warten, wenn der Weg nach Portugal, Kanada oder in die USA viel unkomplizierter ist?“, fragen Baerbock und Heil.
Gute Aussichten für Anerkennung, aber lange Wartezeiten
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat mit der Pflegekammer Cofen im Juni 2022 eine Absprache zur Vermittlung von Pflegefachkräften unterzeichnet. In dem Abkommen stehen Regeln zur Bewerberauswahl, zum Vermittlungsprozess, zum Spracherwerb und zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen.
Für Gesundheitsberufe bestehen bei der Anerkennung in Deutschland nach Angaben der Bundesregierung gute Aussichten. In der Regel seien aber Anpassungsqualifizierungen nötig. Für eine vollständige Anerkennung dauerten derartige Maßnahmen oft drei bis acht Monate.
Die BA rekrutiert seit 2018 brasilianische Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt. Derzeit betreut sie nach eigenen Angaben 374 Bewerber aus Pflegeberufen, 43 aus technischen und Handwerksberufen sowie 42 aus Ingenieur- und IT-Berufen. Laut Heil hält die BA die Anwerbung von bis zu 700 Pflegekräften pro Jahr für möglich.
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Migration: Baerbock und Heil wollen viermal so viele Visa für Fachkräfte - WELT
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