Deutschland ist EU-weit das Migrations-Zielland Nummer eins. Derzeit steckt das Land in der größten Migrationskrise seit 2015. Im vorigen Jahr wurden bei uns 217 000 Erst-Asylanträge gestellt. Im ersten Quartal 2023 sind es schon 80 978 Anträge und 19 627 festgestellte illegale Einreisen.
Doch zugleich will die Ampel-Regierung noch mehr Migranten holen – legal als Fachkräfte.
Kommen Migranten zum Arbeiten oder für Sozialleistungen nach Deutschland? Kurbeln die Ampel-Pläne zur „legalen Migration“ nicht eher die illegale Migration an?
Der renommierte Migrationsforscher Ruud Koopmans (62) schlägt Alarm!
Ruud Koopmans ist Professor für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Forschungsdirektor am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). In seinem neuen Buch „Asyl-Lotterie“ zieht er eine schonungslose Bilanz über das europäische Asylsystem.
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BILD: Herr Koopmans, haben die hohen Migrationszahlen auch mit falschen Anreizen zu tun, die die Ampel sendet?
Ruud Koopmans: „Der größte Anreiz ist das europäische Asylregime. Die Menschen wissen genau: Wenn sie es bis zur EU-Grenze schaffen und behaupten, dass sie Asyl beantragen wollen, dann bleiben sie mit großer Wahrscheinlichkeit in Europa. Das existierte schon vor der Ampel.“
Zieht das von der Ampel eingeführte Bürgergeld (ehemals Hartz IV) Migranten nach Deutschland?
Koopmans: „Jede Erhöhung der Sozialleistungen und jede Absenkung der Anforderungen für den Erhalt von Sozialleistungen macht Deutschland attraktiver für bestimmte Zuwanderergruppen. Vor allem für solche, die schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Fachkräfte wird das nicht anziehen. Sondern das Bürgergeld hat eine Anziehungskraft auf genau diejenigen, die wir eigentlich nicht so gut brauchen.“
Kommen viele Migranten also wegen Sozialleistungen? Aus Statistiken der Bundesagentur für Arbeit wird der Trend klar ersichtlich, dass Menschen aus den Top-8-Asylherkunftsländern zunehmend arbeitslos und langzeitarbeitslos sind.
Koopmans: „Die Menschen kommen schon hierher, um zu arbeiten. Aber sie machen sich unrealistische Vorstellungen, wissen oft nicht, dass es eine gewisse Qualifikationen benötigt. Doch sie wissen wohl, dass man – sogar wenn man keinen Job findet – eine soziale Absicherung erhält; man ein Einkommen erhält, das für syrische oder afghanische Verhältnisse sehr hoch ist.“
Aber kommen Migranten wirklich nach Deutschland zum Arbeiten – lohnt sich das für sie?
Koopmans: „In erster Linie kommen sie wegen besserer Lebensbedingungen, darunter auch Bildungs- und Gesundheitssysteme. Aber sie wissen: Als Familie mit vielen Kindern bekommt man mit vielen Zulagen und Kindergeld ein Einkommen dazu, das man mit ungelernter Arbeit kaum verdienen kann. Dann haben wir eine Sozialfalle: Indem es für viele Menschen, die von Sozialleistung abhängig sind, kaum ökonomisch sinnvoll ist, Arbeit aufzunehmen.“
Wieso kommen denn immer mehr Migranten, aber so wenig Fachkräfte? Setzt man mehr Anreize für illegale Migration statt für motivierte, qualifizierte Zuwanderer?
Koopmans: „Ja. Das hat mit dem europäischen Asylregime zu tun, mit der Erwartung eben, dass wenn ich einmal Europa erreiche, ich für immer bleiben kann. Von denen, die seit 2015 zu uns kamen, haben bisher ein Drittel einen Job, von dem sie sich selbst und ihre Familie unterhalten können. Für Fachkräfte sind wir deutlich zu unattraktiv. Das hat mit hohen bürokratischen Hürden zu tun. Und damit, dass hochgebildete Fachkräfte aller Welt der englischen Sprache mächtig sind, nicht der deutschen.“
Durch legale Migration will Deutschland neue Fachkräfte kontrolliert holen. Zum Beispiel aus Ghana. Ist das realistisch?
Koopmans: „Ja, weil Länder wie Ghana und Nigeria für afrikanische Verhältnisse gute Bildungssysteme haben.“
Ist es möglich, dass illegale Migration LEGAL werden könnte? Zum Beispiel: Wenn jemand vorgibt, in Deutschland eine Arbeit zu suchen, aber in Wahrheit aus anderen Grünen hierher will. Bisher haben Personen aus Ghana, die hier illegal einreisen, keine Chance auf eine Duldung, weil es als sicheres Herkunftsland gilt.
Koopmans: „Deswegen müsste die Ampel mit Ghana ein Abkommen schließen. Ghana müsste im Gegenzug versprechen, abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen. Denn Ghana und Nigeria sind Länder, aus denen viele Flüchtlinge zu uns kommen, aber nicht zurückgeführt werden können.“
Weitere Zentren für legale Migration sind in Marokko, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Nigeria, Irak, Pakistan und Indonesien geplant. Auch vonseiten der EU. Könnte das ebenso illegale Migration verstärkt legal werden lassen?
Koopmans: „Die Westbalkan-Regelung würde sich dafür eignen: Ein Visum erhält man nur, wenn man ein Angebot von einem deutschen Arbeitgeber hat. Es wird geprüft, ob für diesen Job keine Kandidaten hier gefunden werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Großteil beim Arbeitgeber bleibt. Aber wenn man solche legalen Migrationswege entwickelt, muss man das mit Migrationsabkommen tun, die zugleich die irreguläre Migration zurückdrängen. All diese Länder müssen sich bereit erklären, Menschen schnell zurückzunehmen, zügig Papiere auszustellen.“
Wird legale Migration die illegale Migration anheizen?
Koopmans: „Migration steigert immer die Tendenz zu noch mehr Migration. Dadurch dass Migranten aus einem Land in ein bestimmtes Zielland ausgewandert sind, begeben sich Folgemigranten auf demselben Weg dorthin. Ob legal oder illegal. Migration führt zu noch mehr Migrationsdruck. Deshalb ist Kontrolle über den Zustrom durch Migrationsabkommen so wichtig.“
Migration: Wieso kommen viele Flüchtlinge, aber wenig Fachkräfte? - BILD
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