Wenn sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) für das neue Jahr vorgenommen haben sollte, nur durch ihre politische Arbeit aufzufallen und nicht durch Pannen, dann ist ihr das deutlich missglückt. Der Grund: ein Silvester-Video mit irritierenden Aussagen zum Krieg in der Ukraine.
Lambrecht hat am Sonntag über einen als privat gekennzeichneten Instagram-Account ein Video geteilt, in dem sie das Jahr 2022 bilanziert. Ihre Sätze werden vom Pfeifen von Silvesterraketen und explodierenden Böllern überlagert. Lambrecht sagt, das Jahr 2022 habe uns vor "unglaubliche Herausforderungen" gestellt. "Mitten in Europa tobt ein Krieg. Und damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte, viele, viele Begegnungen mit interessanten und mit tollen Menschen. Dafür sage ich ein herzliches Dankeschön." Sie dankte zudem den über Neujahr arbeitenden Einsatzkräften.
Für ihre Rede im einsetzenden Silvesterfeuerwerk erntet die Ministerin viel Kritik, Spott und Entrüstung. Angesichts des Krieges in der Ukraine werfen viele Lambrecht mangelndes Gespür für die richtige Situation vor. Die CDU-Verteidigungspolitikerin Serap Güler legt Kanzler Olaf Scholz (SPD) nahe, Lambrecht zu entlassen.
Güler schreibt auf Twitter mit Hinweis auf den Ukraine-Krieg: "Jede weitere Minute, in der der Bundeskanzler an dieser Ministerin noch festhält und damit das Ansehen unseres Landes weiter beschädigt, geht auf sein Konto." Es gehe schon lange nicht mehr um die Außenwirkung einer Ministerin, sondern um Deutschlands Wahrnehmung in Europa und der Welt. "Wer soll uns so noch ernst nehmen?", so Güler.
Das Neujahrsvideo reiht sich ein in eine Vielzahl von Pannen der SPD-Ministerin. So ließ Lambrecht ihren Sohn mit dem Hubschrauber der Flugbereitschaft in den gemeinsamen Urlaub nachfliegen. Zwar bezahlte er den Trip aus eigener Tasche, die öffentliche Wirkung war jedoch verheerend. Außerdem wurde sie kurz nach Kriegsausbruch in der Ukraine in einem Nagelstudio gesichtet, was ihr als mangelndes Feingefühl für die Ernsthaftigkeit der Lage ausgelegt wurde. Zudem wirkt sie nach Ansicht vieler Beobachter so, als ob sie mit dem Amt überfordert sei und nie wirklich Verteidigungsministerin werden wollte.
Beim Anschauen des Lambrecht-Videos stellen sich mehrere Fragen
Überhaupt sind Politiker-Statements in Handykameras selten eine gute Idee. Das musste im März 2022 etwa Tobias Hans erfahren. Der damalige saarländische Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat für die bevorstehende Landtagswahl postete über Twitter ein kurzes Video, das er vor einer Tankstelle offensichtlich selbst aufgenommen hatte. Darin nannte er den Preis von 2,12 Euro für einen Liter Diesel "wirklich irre". Hans wurde zum Beispiel dafür kritisiert, dass er in seinem Video einen Gegensatz von Geringverdienern und "fleißigen Leuten" suggerierte. Wörtlich sagte er: "Das trifft jetzt nicht nur Geringverdiener, sondern das trifft wirklich die vielen fleißigen Leute, die tanken müssen, die ihre Dieselfahrzeuge tanken, die zur Arbeit fahren, die die Kinder zum Sport bringen". Viele Nutzer hielten Hans' Auftritt für peinlich, und bei der Landtagswahl brachte ihm der Handykamera-Einsatz für die Spritpreisbremse keine Punkte - die CDU stürzte ab, die SPD gewann die absolute Mehrheit.
Auch beim Anschauen des Lambrecht-Videos stellen sich mehrere Fragen: Wieso wirkt sie so unvorbereitet? Hat sich das Video vor dem Post niemand angeschaut und auf das Peinlichkeitspotenzial hingewiesen? Und sofern jemand versucht hat, Lambrecht vor der Veröffentlichung abzuhalten: Wieso hat sie nicht darauf gehört? Und schließlich: Warum hat sie das überhaupt gemacht? Eine Neujahrsbotschaft von der Verteidigungsministerin hätte vermutlich niemand vermisst.
Lambrecht: Verteidigungsministerin erntet Kritik für Neujahrsansprache - Politik - SZ.de - Süddeutsche Zeitung - SZ.de
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