Manchmal muss sich Oliver Glasner in den vergangenen Tagen vorgekommen sein wie ein Hochschuldozent. „Wir haben viele Inhalte untergebracht“, sagte der Trainer des Fußball-Bundesligaklubs Eintracht Frankfurt am vorletzten Tag des Trainingslagers seiner Mannschaft in Österreich.
Die Inhalte ihrer Einheiten analysierten Spieler und Trainer abends in ihrem Hotel in Windischgarsten gemeinsam per Video und zogen ihre Schlüsse daraus. Tagsüber hatten sie auf dem Trainingsplatz direkt neben ihrer Unterkunft Spielzüge, Standardsituationen und Torabschlüsse geübt. Immer wieder unterbrach der Coach die Aktionen und erklärte seinen gespannt lauschenden Spielern, was gut war und was sie noch besser machen sollten.
Müde Beine und Köpfe
Variabler werden, weniger berechenbar für den Gegner sein und endlich konsequenter in den Abschlüssen werden – das waren die Aufgaben, an denen die Fußballer eine Woche lang gearbeitet haben. Ihnen steckte bereits eine Trainingswoche in der Heimat vor der Abreise nach Österreich in den Beinen. „Langsam werden Beine und Kopf müde, es ist unsere zweite Woche, die wir am Stück durchtrainieren“, sagte Glasner am Donnerstag. Doch es gelte jetzt nicht zu jammern, sondern sich den Herausforderungen zu stellen.
Fast der gesamte Kader konnte die Woche durchziehen, sowohl die etablierten Kräfte als auch die Neuzugänge um Mario Götze. Der bekannteste unter den neuen Spielern machte alle Trainingseinheiten konzentriert mit und fügte sich schnell in die Mannschaft ein. Darüber waren sich Trainer und Mitspieler einig.
Knauff trainiert individuell
Lediglich der länger verletzte Aurelio Buta und der angeschlagene Ansgar Knauff mussten individuell trainieren. „Ansgar hat bei Abstoppbewegungen Schmerzen im Beckenbereich. Es wurde ein MRT gemacht, und es ist nichts Strukturelles“, erklärte Glasner. „Aber wir haben gesagt, bevor wir es alle zwei Tage probieren und es geht mehr schlecht als recht, trainiert er viel im konditionellen Bereich.“ Der Trainer rechnet damit, dass der 20-Jährige am Dienstag in Frankfurt wieder ins Training einsteigen kann.
Anstelle von Knauff setzte Glasner im Testspiel gegen den Linzer ASK und im Training auf der rechten Außenbahn teilweise den Norweger Jens Petter Hauge ein. Mit Neuzugang Faride Alidou, der aus Hamburg an den Main wechselte, hätte die Eintracht eine noch offensivere Variante. „So, wie Bayern mit Coman und Gnabry auf den Außen spielt“, sagte Glasner und lachte. Der 20 Jahre alte Alidou hat seinen Coach im Trainingslager positiv überrascht: „Faride macht das mit seiner Physis auch defensiv sehr ordentlich.“
Glasner lobt Smolcic
Gute Eindrücke hinterließen auch Hrvoje Smolcic und Daichi Kamada. Der kroatische Innenverteidiger Smolcic kam aus Rijeka zur Eintracht. Im Trainingsspiel gelang ihm ein besonders gutes Zuspiel auf Rafael Borré. „Diagonal durch die Schnittstellen, der Martin-Hinteregger-Gedächtnisball“, scherzte Glasner hinterher.
Damit habe Smolcic gezeigt, wie es funktionieren kann, im Ballbesitz Lösungen nach vorne zu finden. „Für ihn war es wichtig zu sehen, dass hier ein höheres Tempo herrscht, als er es gewohnt ist. Er kann Sachen sehr schnell umsetzen“, lobte Glasner den 21-Jährigen. Der Trainer will dem jungen Verteidiger genug Zeit geben, sich zurechtzufinden „Wenn er so weit ist, habe ich kein Problem damit, ihn ins kalte Wasser zu werfen.“
Trio vor offener Zukunft
Offen ist weiterhin die Zukunft von Filip Kostic, Daichi Kamada und Evan N’Dicka, deren Verträge im Sommer 2023 auslaufen. Alle drei überzeugten im Trainingslager. Kamada sei in einer außergewöhnlichen Frühform, so Glasner. „Er ist jemand, der das Spiel immer wieder von der Defensive in die Offensive trägt, weil er sich so klug anspielbar macht.“
Der Japaner war einer von nur vier Spielern, die das Europa-League-Finale 120 Minuten durchspielten. Nicht nur dabei überzeugte er seinen Trainer: „Daichi hat es auch gegen Barcelona taktisch klug und clever gemacht und immer wieder die Räume geschlossen. Deswegen schätze ich ihn ungemein. Er ist extrem laufstark, und ich bin froh, dass er noch da ist.“
Auch bei Filip Kostic hat der Trainer ein gutes Gefühl, das sich aus vielen Gesprächen und Beobachtungen ergeben hat. „Er fühlt sich wohl bei uns, wurde mit uns Europa-League-Sieger und Spieler der Saison in der Europa League. Er ist ein Mensch, der das unheimlich schätzt und weiß, welchen Stellenwert er in Frankfurt und bei den Fans hat. Ich kann nichts ausschließen. Aber mein Gefühl sagt, er wird für die Eintracht noch mehrere Spiele machen.“
„Wir haben viele Inhalte untergebracht“ - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
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