Stand: 27.06.2022 19:37 Uhr
Die Zahl der Kirchenaustritte hat im vergangenen Jahr in Niedersachsen weiter zugenommen. Einen Negativrekord verzeichnet die katholische Kirche: Ihr haben mehr Menschen als je zuvor den Rücken gekehrt.
Das Bistum Osnabrück meldet 6.146 Austritte für 2021 - das sei angesichts von 4.074 Austritten im Vorjahr ein Plus von rund 50 Prozent. Die Gesamtzahl der Katholiken in der Diözese, die das westliche Niedersachsen und weite Teile Bremens umfasst, sank um rund 8.000 auf 532.000, wie das Bistum am Montag mitteilte. Ähnlich sieht es im Offizialat Vechta aus, das zum Bistum Münster gehört. Dort ist die Zahl der Austritte von rund 1.700 auf knapp 2.900 deutlich gestiegen. Im Bistum Hildesheim sind im vergangenen Jahr 10.152 Katholiken ausgetreten, 3.133 mehr als im Vorjahr.
Generalvikar Beckwermert: Kirche hat viel Vertrauen verloren
"Der Anstieg der Kirchenaustritte kommt nicht überraschend und ist trotzdem für viele Engagierte in unserem Bistum genauso wie für mich sehr bedrückend", sagte der Osnabrücker Generalvikar Ulrich Beckwermert. "Klar ist, dass unsere Kirche durch den Skandal der sexualisierten Gewalt und den langwierigen Prozess der Aufarbeitung und Veränderung enorm viel Vertrauen verloren hat. Selbst gläubige Menschen verlassen die Kirche, um ein Zeichen des Protests gegen die Institution zu setzen." Beckwermert betonte, das Bistum Osnabrück beteilige sich intensiv an Reformprozessen innerhalb der deutschen katholischen Kirche und bemühe sich um die Gestaltung eines zügigen Wandels vor Ort.
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Evangelische Kirche büßt ebenfalls Tausende Mitglieder ein
Der Mitgliederschwund schreitet auch in der größten evangelischen Landeskirche Deutschlands voran. Rund 32.000 Menschen seien im vergangenen Jahr ausgetreten, wie die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers mitteilte. Das seien rund 5.000 Austritte mehr als im Vorjahr. Höher sei diese Zahl zuletzt vor 27 Jahren gewesen, sagte Kirchensprecherin Rebekka Neander. Insgesamt gehörten der Landeskirche zwischen Ems und Elbe 2021 knapp 2,37 Millionen Menschen an. Das sind 2,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Die hannoversche Landeskirche umfasst drei Viertel Niedersachsens. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg meldete im März einen Rückgang ihrer Mitgliederzahl auf 381.492. Demnach sind rund 5.863 Menschen ausgetreten, 2020 waren es 4.694.
Landeskirche will Lebensfragen Gläubiger näher kommen
Leitende Kirchenvertreter hoffen auf Impulse durch einen Zukunftsprozess der Kirche. Die hannoversche Landeskirche nehme es sehr ernst, wenn Menschen ihr den Rücken kehrten. "Im Zukunftsprozess werden wir danach fragen, welche persönlichen Lebensfragen und welche Fragen des öffentlichen Lebens für die Menschen wichtig sind", sagte der Theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes, Ralph Charbonnier.
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Katholische Kirche verliert so viele Mitglieder wie noch nie - NDR.de
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