"Test-to-stay" an Berliner Kitas? - "Mir tun viele Familien leid, auf die das zukommen wird"
Mo 24.01.22 | 21:16 Uhr | Von
Die Berliner Amtsärzte würden die neue Quarantäne-Regelung der Schulen gern auch in Kitas praktizieren. Statt Quarantäne müssten sich dann Kontaktpersonen nur noch fünf Tage lang täglich testen. Wäre das auch was für die Jüngsten? Von Oda Tischewski
Die Corona-Infektionszahlen steigen rasant, nicht zuletzt in der Gruppe der Null- bis Vierjährigen – der letzten Altersklasse, für die noch kein Impfstoff zugelassen wurde. Auch viele Erzieherinnen und Erzieher fallen aus, weil sie sich infiziert haben oder weil sie – sofern noch nicht geboostert – häufig in Quarantäne sind.
Nun wurden die Kita-Gruppen geteilt, das soll Infektionsketten verkürzen, verschärft aber auch die Personalnot. Und die versprochenen Lolli-Tests für die nun geltende Testpflicht sind in vielen Einrichtungen nicht pünktlich geliefert worden.
"Test-to-stay" bald auch in Kitas?
Die Berliner Amtsärzte schlagen nun vor, auch hier die "Test-to-stay"-Strategie einzuführen, die das Robert-Koch-Institut entwickelt hat. Für Kontaktpersonen eines Infektionsfalls fiele dann die Quarantäne weg, sie könnten – täglich getestet – auch weiterhin in die Kita kommen.
Die Eltern sehen das mit gemischten Gefühlen, viele sind enttäuscht, dass die versprochenen Lolli-Tests in den Kitas noch nicht angekommen sind. "Es müsste durchgehend täglich getestet werden, manchmal wird der Test ja auch erst nach ein paar Tagen positiv", sagt eine Mutter aus Lichtenrade, deren dreijährige Tochter schon mehrere Quarantänen hinter sich habe, ohne infiziert gewesen zu sein. "Das ist schwierig, wenn man kein Haus und keinen Garten hat und das Kind ist kerngesund."
Landeselternausschuss: Kitas anders als Schulen
Auch Anja Kettgen-Hahn, stellvertretende Vorsitzende des Berliner Landeselternausschusses Kindertagesstätten, kurz LEAK, sieht den Vorstoß der Amtsärzte mit Skepsis. Hier würden analoge Regelungen angestrebt, wo Voraussetzungen völlig unterschiedlich seien: "Es gibt zwar die 'Test-to-stay'-Strategie des Robert-Koch-Instituts für Schulen, die beruht aber darauf, dass Schüler in einer Klasse mit Masken sitzen. In Kitas ist ja ein völlig anderes Bild: Kinder im Alter zwischen einem Jahr und dem Schuleintritt tragen keine Masken und daher haben wir hier keinen erhöhten Schutz durch eine solche Maßnahme."
Zudem kritisiert der LEAK, dass mit einer Änderung der Quarantäne-Regelung, wie sie die Amtsärzte vorschlagen, bisherige Ziele der Pandemiebekämpfung künftig einfach ignoriert würden: "Das bringt mit sich, dass vulnerable Gruppen, die durch die ganze Pandemie hindurch geschützt werden sollten, sprich Großeltern, Schwerkranke in den Familien oder Schwangere, gefährdet werden, denn die leben in den Familien, wo die Kinder in die Kindertagesstätten gehen und eben diesem drastisch erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt werden."
Ohne Quarantäne-Bescheid keine Ansprüche auf Lohnfortzahlung
Für die Eltern eine schwierige Situation: Ohne offiziellen Quarantäne-Bescheid des Gesundheitsamtes für die Kinder könnten künftig auch keine Ansprüche auf Lohnfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Aber genau die Gesundheitsämter sind es, die die Amtsärzte mit ihrem Vorschlag entlasten wollen: Denn die kommen mit Kontaktnachverfolgungen und Quarantäne-Anordnungen längst nicht mehr hinterher.
Familien, die selbst eine Corona-Infektion durchgemacht hat, haben dafür oft wenig Verständnis: "Ich hätte mich natürlich gefreut, wenn wir kein Corona bekommen hätten", so eine Mutter aus Neukölln, die gerade mit der gesamten vierköpfigen Familie in Isolation ist, "und mir tun viele Familien da jetzt tatsächlich leid, auf die das zukommen wird. Dieses Durchseuchen ohne Barrieren finde ich schwierig, ich würde mir wünschen, dass die Kinder da besser geschützt würden."
Mit der aktuell gültigen Infektionsschutzverordnung ist der Vorschlag der Amtsärzte vorerst nicht vereinbar. Die sieht nach wie vor die Quarantäne für ungeimpfte Kontaktpersonen vor, auch in Kitas. Bei der Senatssitzung am Dienstag könnte er aber erstmals diskutiert werden.
Sendung: Abendschau, 24.01.2022, 19:30 Uhr
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