Der Ost-Beauftragte der neuen Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD) will die Debattenkultur beleben, um so die Demokratie in Ostdeutschland zu stärken. Im Interview mit dem „Tagesspiegel“ verwies er auf die Runden Tische aus der Zeit der friedlichen Revolution. Diese seien „eine im Osten erarbeitete Tradition ohne hohe Eintrittsbarrieren wie bei einer Partei“. Schneider fügte hinzu, er werde in seinem neuen Amt „viel übers Land fahren und überparteiliche und niedrigschwellige Diskussionsangebote machen“.
Zur Stimmung im Osten sagte Schneider, in ländlichen Gegenden seien die gesellschaftlichen Eliten meist fortgegangen, auch viele junge Frauen: „Hier herrscht eine sehr männliche Gesellschaft vor, die in der Abgrenzung gegenüber Fremden und überhaupt Neuem härter und anders drauf ist.“ Dies verfestige sich. Auch gebe es dort keine funktionierenden Strukturen der demokratischen Parteien: „Die einzigen Strukturen sind oft nur die Feuerwehr und der Sportverein.“
Die Wut gehe „weit in die Mitte der Gesellschaft hinein“. Ein Erklärungsansatz sei der hohe Veränderungsdruck der vergangenen Jahrzehnte. Der SPD-Politiker betonte: „Viele Ostdeutsche sind einfach erschöpft.“
Schneider schloss zudem eine allgemeine Impfpflicht nicht aus: „Man muss es machen, wenn nichts anderes mehr geht.“ Er habe sich nicht vorstellen können, dass es gerade im Osten so harten Widerstand gegen das Impfen gibt. Offenbar habe dies mit einem rückläufigen Institutionen- und Staatsvertrauen zu tun: „Offenbar symbolisiert die Impfung den Staat, auch weil die Regierung dazu aufruft.“
Ost-Beauftragter Schneider: „Viele Ostdeutsche sind einfach erschöpft“ - WELT
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