Stand: 27.01.2022 11:20 Uhr
Ein Subtyp der Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich in einigen Ländern rasch aus. Noch ist unklar, welchen Einfluss die Untervariante BA.2 auf den Verlauf der Pandemie haben wird - viele Fragen sind offen, wichtige Daten fehlen noch.
"Weil man in verschiedenen Ländern beobachten kann, dass der Anteil an BA.2 zunimmt, wird vermutet, dass BA.2 einen Vorteil in der Übertragbarkeit gegenüber BA.1 hat", sagte Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie an der Frankfurter Uniklinik und regelmäßiger Gesprächsgast im NDR Info Podcast Coronavirus-Update.
MHH-Professor Schulz: "Omikron mutiert laufend weiter"
Die Subvariante BA.2 sei schon relativ früh aus Omikron entstanden, sagte Professor Thomas Schulz, der die Virologie der Medizinischen Hochschule in Hannover (MHH) leitet. "Omikron mutiert laufend weiter. Und so entstehen Unterformen davon. Und eine dieser Unterformen hat bisher dominiert, die BA.1", erklärte Schulz im NDR Info Interview. Nun könnte sich dies ändern.
Ciesek: Wohl kaum Unterschied bei Krankheitsschwere
Neben einer höheren Übertragbarkeit könne auch eine stärkere Immunflucht dazu führen, dass sich immer mehr Menschen mit BA.2 infizierten, erklärte Ciesek. Immunflucht bedeutet, dass eine durchgemachte Infektion oder eine Impfung weniger gut vor dem Erreger schützen. "Sehr frühe Beobachtungen aus Dänemark legen nahe, dass zwischen BA.1 und BA.2 in der Krankheitsschwere kein großer Unterschied zu sein scheint", sagte Ciesek. Allerdings fehlten auch hier noch verlässliche klinische Daten. Eines ist laut Virusvarianten-Experte Richard Neher von der Universität Basel hingegen sicher: Der Vorteil, den BA.2 gegenüber BA.1 hat, ist kleiner als der von Omikron über Delta.
Subvariante BA.2 in Dänemark schon weit verbreitet
In Dänemark verbreitet sich derzeit die Omikron-Subvariante BA.2 sehr schnell. Zahlen des Statens Serum Institut, dem dänischen Zentrallabor für Infektionskrankheiten und biologische Bedrohungen, zeigen, dass der Anteil des Subtyps bereits vergangene Woche 45 Prozent der untersuchten Proben ausgemacht habe. Ende des Jahres habe der BA.2-Anteil in Dänemark bei lediglich 20 Prozent gelegen. Auch in Großbritannien oder Indien würde sich die Subvariante BA.2 stark verbreiten, so Schulz. England habe sie nun als "Variante, die man beobachten müsse" eingestuft. Dort sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden in den ersten beiden Januarwochen mehr als 400 Infektionen mit BA.2 festgestellt worden.
Mehrere Fälle in Norddeutschland
Eine rasante Steigerung, die auch im Norden von Virologinnen und Virologen beobachtet wird. Denn erste Bundesländer meldeten bereits BA.2-Infektionen. In Schleswig-Holstein wurden bis zum 14. Januar fünf Fälle mit der Omikron-Untervariante BA.2 an die Landesmeldestelle übermittelt. In Niedersachsen sind bisher zwei Fälle nachgewiesen worden. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es erst einen gemeldeten Fall.
Allerdings sind diese Zahlen aus Stichproben entnommen. So zum Beispiel in Schleswig-Holstein. Denn die Untervariante sei, nach Angaben des zuständigen Ministeriums, durch die bisher üblichen gezielten PCR-Teste in der Regel noch nicht nachweisbar, sondern "nur zeitverzögert durch eine stichprobenartige Gesamtgenom-Sequenzierung". In Mecklenburg-Vorpommern sollen nach Angaben des Gesundheitsministeriums etwa fünf Prozent der positiven SARS-Co-V-2-Proben sequenziert werden.
RKI sieht bisher keine starke Zunahme
In seinem Wochenbericht vom 20. Januar schreibt das Robert Koch-Institut, es seien in der ersten Januar-Woche bundesweit 38 Fälle von BA.2 gemeldet worden. Demnach sieht das RKI bisher "keine starke Zunahme des Anteils von BA.2 unter alle Omikron-Nachweisen, wie in anderen Ländern geschehen". Die Weltgesundheitsorganisation WHO, die Omikron als "besorgniserregende Variante" eingestuft hatte, unterscheidet noch nicht zwischen den Omikron-Unterlinien. BA.2 gilt also noch nicht als eigenständige "besorgniserregende Variante".
Wachsamkeit angesagt - aber keine Panik
Der Blick ins Ausland zeigt allerdings Experten wie Professor Schulz die mögliche hohe Durchsetzungskraft von BA.2 gegenüber der ursprünglichen Omikron-Variante. Das müsse man in den nächsten Wochen beobachten. Viel sei noch nicht über die Subvariante bekannt, beispielsweise ihre Übertragungsfähigkeit oder wie gefährlich sie sei. Angesichts der Ausbreitung von BA.2 sei Wachsamkeit angesagt, nicht jedoch Panik, betonte der französische Epidemiologe Antoine Flahault, Leiter des Instituts für Globale Gesundheit der Universität Genf. Nach bisherigem Kenntnisstand verliefen Infektionen mit dem Subtyp nicht schwerer.
Diese Auffassung teilt auch der Virologe Tom Peacock vom Imperial College in London. Seiner Einschätzung nach werde es "wahrscheinlich nur minimale Unterschiede in der Wirksamkeit des Impfstoffs gegen BA.1 und BA.2" geben, schrieb er auf Twitter.
Schulz: Genesenen-Status reicht nicht gegen Virus-Variante
Schulz ist vorsichtig optimistisch: "Wir liegen einen Monat ungefähr hinter der Welle, wie sie zum Beispiel in Großbritannien durchgelaufen ist. Und das hat uns einen Monat wertvolle Zeit gegeben, um mehr Leute zu impfen." Eine hohe Impfrate sei das beste Mittel gegen die Virus-Varianten. Und er betont: Bei den rasanten Entwicklungen reiche es nicht mehr aus genesen zu sein, da das Immunsystem nur gegen die Variante einen Schutz entwickle, mit der man sich infiziert habe.
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Omikron-Untervariante BA.2 breitet sich aus - viele Fragen offen - NDR.de
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