Vor dem runden Geburtstag hat Claus Brand mit ihm gesprochen.
Sie blicken auf bald 80 Jahre Lebenserfahrung. Beeindruckt Sie diese Zahl?
Reiner Körfer: Mich beeindruckt das schon, und ich bin dankbar dafür, dass ich dieses Alter erreicht habe. Ich fühle mich körperlich fit, bin immer noch in der medizinischen Forschung aktiv, treibe Sport, bin Mitglied in vielen Vereinen und versuche so zu leben, dass jeder Tag ein Gewinn ist.
Wo und wie werden Sie Ihren Ehrentag begehen?
Körfer: Corona schränkt ein. Meine beiden Söhne werden abends mit wenigen Freunden zu einem gemütlichen Zusammensein kommen. Ein großes Fest fällt natürlich aus.
Viele Jahre haben Sie in der Südstadt, Am Wiesental, in Ihrem Haus gelebt. Welche Bezüge haben Sie noch nach Bad Oeynhausen und in die Region?
Körfer: Das Haus bewohnt mein Sohn Jan mit seiner Familie. Meine schönste Zeit habe ich beruflich und privat in OWL verbracht. Und es gibt noch viele Freunde und Bekannte, die ich von Zeit zu Zeit gerne treffe. Ich bin nach wie vor in dem einen oder anderen Verein wie der Philharmonischen Gesellschaft oder den „German Friendships“. Die „German Friendships“ sind eine Veranstaltung für Jugendliche aus aller Welt, die sich auf dem Bexter Hof in Herford treffen. Freundschaft und Völkerverständigung und weniger Wettkampf stehen im Vordergrund. Als Vorsitzender des Vereins tausche ich mich immer gerne mit Uli Meyer Zu Bexten aus. Ein großer Verlust war für mich der unerwartete Tod meines Freundes Gerhard Weber. Aus dieser Erfahrung heraus bemühe ich mich umso mehr, die Kontakte zu Freunden in OWL nicht zu vernachlässigen.
Wie ist Ihr Bezug zur Stadt Bad Oeynhausen?
Körfer: Bei meinem Besuch im Sommer 2021 im Rathaus hat mich Herr Bürgermeister Bökenkröger informiert, was in Zukunft für Bad Oeynhausen geplant ist. Man kann nur froh sein, dass die Nordumgehung jetzt endlich fertig ist und im Umfeld der ehemaligen Stadtautobahn lässt sich jetzt vieles entwickeln. Es ist sehr schade, dass sich das Land aus dem Staatsbad zurückgezogen hat. Ohne die Unterstützung des Landes ist es viel schwieriger, geplante Objekte durchzusetzen. Im übrigen gehe ich natürlich gerne in die nähere Umgebung, zur Lohe, ins Wiehengebirge oder auch noch ins Kalletal. Schon früher bin ich gerne im Hiller Moor gewandert. Leider bin ich meistens nur einen Tag in OWL. Zudem hat meine Frau natürlich auch noch Bekannte und Freunde. Bei etwas mehr Zeit würde ich mir gerne auch noch ein Spiel des FC Bad Oeynhausen ansehen, und mit dem Vorsitzenden Dirk Göhner über die Kommerzialisierung im Fußballsport sprechen. Dies ist ja aktuell auch ein heißes Thema.
Wann waren Sie das letzte Mal in der Kurstadt?
Körfer: Vor einer Woche war ich beim Neujahrskonzert der Nordwestdeutschen Philharmonie. Es war trotz der eingeschränkten Besucherzahl eine sehr gelungene Veranstaltung und darüber hinaus haben meine Frau und ich uns sehr über den gepflegten Zustand des Kurparks gefreut. Wie bei allen Großeltern sind natürlich meine Enkelkinder Tilda und Wim ein Grund für einen Besuch.
Wen würden Sie im Blick auf Ihre Zeit in Bad Oeynhausen und OWL gerne treffen, den Sie viele Jahre nicht gesehen haben?
Körfer: Ich würde gerne meine ehemaligen Mitarbeiter zu einem Sommerfest in Bad Oeynhausen einladen, um sie wieder zu sehen und gemeinsame Erinnerungen auszutauschen.
Wie definieren Sie den Begriff Ruhestand für sich?
Körfer: Dazu habe ich eine besondere Beziehung. In meinem Beruf habe ich unabhängig von der Zeit die Verantwortung für die Patienten. Da konnte ich nie sagen: Die Krankheit dauert fünf Tage, am Wochenende pausieren wir und nächste Woche sind sie wieder krank. Die optimale Versorgung der Patienten ist überhaupt ein weites Feld. Meine Meinung deckt sich hier nicht mit dem Mainstream. Im Krankenhaus werden oft Koch und Kellner verwechselt. Das heißt: Es spielt vor allem das Geld eine entscheidende Rolle.
Es ist schön, dass ich manchmal noch unabhängig vom Alter gefordert werde. Aber man muss sich auch selbst fordern und die Freizeit entsprechend genießen. Das Schlimmste für mich ist, wenn man mit seiner Freizeit nichts anfangen kann.
Glücklicherweise spiele ich im niederrheinischen Golfclub in Duisburg zwei bis dreimal in der Woche Golf, mit meiner Frau und oft mit Golffreunden. Ich denke oft auch an die Zeit in Bad Salzuflen zurück, wo ich das Golfspielen erlernt habe, und dabei habe ich auch viele schöne Golfplätze in OWL kennen gelernt.
Wann und wo haben Sie das letzte Mal operiert?
Körfer: Ende Oktober 2019 habe ich zuletzt in Duisburg einen Herzklappenersatz durchgeführt. Es war eine bewusste Entscheidung jetzt aufzuhören, weil ich offensichtlich zu hohe Ansprüche an verschiedene Einrichtungen gestellt habe. Ich habe immer gerne meine Erfahrungen an unsere Mitarbeiter weitergegeben und ich glaube, sie haben auch sehr davon profitiert. Wenn sich heute Leute aus der Verwaltung in medizinische Bereiche in vielen Krankenhäusern einmischen, hat das nichts mehr mit Patientenversorgung, sondern nur noch mit Verbesserung der finanziellen Situation zu tun. Grundsätzlich ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung eine Aufgabe der öffentlichen Hand, und das darf auch schon mal was kosten– die Gesundheit ist eben unser höchstes Gut.
Zuletzt lag für Sie – begleitet auch von anderen Fachleuten etwa der RWTH Aachen – in ihrem Fachgebiet der Fokus auf der Forschungsarbeit, vor allem mit Blick auf das nach Ihnen benannte voll implantierbare Kunstherz-System ReinHeart. Wo steht das Projekt?
Körfer: Das muss ich etwas ausführlicher erläutern. Im Endstadium einer Herzerkrankung bleibt meistens nur die Möglichkeit, eine Herztransplantation durchzuführen. Dafür ist natürlich eine Organspende notwendig. Wenn man allerdings sieht, wie es auf der Warteliste aussieht und wie viel Organe in Deutschland gespendet werden, kann man sich eigentlich nur schämen. Heutzutage werden in unserem Land um die 300 Herztransplantationen pro Jahr durchgeführt und die gespendeten Organe sind teilweise über Euro- Transplant noch importiert. Der Gesundheitsminister der letzten Bundesregierung hat versucht, eine Verbesserung im Transplantationswesen zu erreichen. Leider ist er am Parlament gescheitert. Ich habe schon sehr früh propagiert, dass wir eine Alternative zur Herztransplantation brauchen. Und so kamen wir zu der Kooperation mit dem Helmholtz Institut in Aachen an der RWTH. Dabei wurden dann zwei Alternativen entwickelt: einmal das „ReinHeart“ und zum anderen das „ReinVAD“.
Das „ReinHeart“ ist ein voll implantierbares mechanisches Kunstherz. Wir sind hier bei erfolgreichen Tierversuchen, und bis zur Erstimplantation bei Menschen wird es aus mehreren Gründen, die ich gerne später erläutere, leider noch dauern. Das „ReinVAD“ ist ein Unterstützungssystem, das die Arbeit des Herzens voll ersetzen kann. Das Herz bleibt allerdings hier erhalten, und man kann das System sowohl temporär als auch als Dauerlösung implantieren. In diesem Jahr könnten wir noch in die Pilotstudie eintreten und sicherlich im nächsten Jahr das System auf den Markt bringen.
Natürlich ist eine solche Entwicklung ohne finanzielle Unterstützung nicht machbar. Das „ReinHeart“ wurde und wird noch mit Geldern aus der EU und in geringer Höhe aus NRW finanziert.
Das „ReinVAD“ wurde in erster Linie durch eine Stiftung finanziert. Der Stifter war ein Fabrikant aus OWL, den ich seinerzeit operiert habe. Die Klessmann-Stiftung hat bis jetzt mit einer Summe im zweistelligen Millionenbereich das Projekt gefördert. Leider sind die Erträge aus dem Stiftungskapital durch die null Zinspolitik erheblich gesunken, und trotz einer Unterstützung aus meiner Familie mussten wir leider viele Mitarbeiter entlassen und sind jetzt auf der Suche nach Investoren. Ich würde mich freuen, wenn die Zusagen aus der Politik umgesetzt würden und wir so schnell wie möglich vielen Patienten helfen könnten. Bei entsprechenden Möglichkeiten könnte das innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden.
Im übrigen wird bei beiden Systemen das Kraftwerk, die Batterie, ebenfalls implantiert und von außen über Induktion aufgeladen. Gegenüber früher ist die Kapazität der Batterien deutlich größer geworden und die Versorgung vom Netz effektiver. Die Patienten profitieren sowohl von einer Lebensverlängerung als auch von einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität. Ich bin ein optimistischer Mensch und hoffe, dass ich diese Ziele für die Patienten erreichen kann.
Welche Erinnerung haben Sie an Ihre erste Herz-OP als verantwortlich agierender Operateur?
Körfer: Meine erste selbst durchgeführte Herzoperation habe ich 1973 in der Uniklinik Düsseldorf durchgeführt. Ein mit mir bis heute befreundeter Kollege, damals Oberarzt, hat mir dabei assistiert.
Wann haben Sie erstmals ein Herz transplantiert?
Körfer: 1989 bei einem Bundeswehr-Soldaten aus der Region Ostwestfalen-Lippe. Er war um die 50 Jahre alt und hat mehr als 20 Jahre von dem Eingriff profitiert.
Wie sehen Sie heute das Thema Organspende?
Körfer: 1991 haben wir im HDZ in Bad Oeynhausen 149 Herzen transplantiert. Das war und ist für eine einzelne Klinik auch heute noch spitze. Wie bereits erwähnt, ist die Organspendebereitschaft in Deutschland europaweit an letzter Stelle. Ich denke, dass sich das auch nicht wesentlich mehr ändern wird. Die letzte Möglichkeit einer Änderung des Transplantationsgesetzes im Sinne einer Widerspruchslösung ist leider vertan. Das bezahlen viele Patienten mit ihrem Leben.
Seit 2006 sind sie Aufsichtsratsmitglied bei Borussia Mönchengladbach, seit 2012 Vorsitzender des Gremiums, im September 2021 in der Funktion bestätigt worden. Was macht diese Aufgabe aus?
Körfer: Die Elf vom Niederrhein ist seit Anfang der sechziger Jahre mein Fußballverein. Mein Doktorvater aus Schiefbahn bei Mönchengladbach war ebenfalls ein glühender Anhänger, und so sind wir oft zu den Spielen am Samstag zum Bökelberg gefahren. Was meine jetzige Position im Aufsichtsrat des Vereins angeht, hat dieser die Aufgabe die wirtschaftlichen Vorgänge zu kontrollieren, sie mit der Geschäftsführung abzustimmen und bei Bedarf Präsidium und Geschäftsführung zu beraten.
Der sportliche Bereich fällt nicht in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrates und wird somit auch nicht öffentlich kommentiert. Im übrigen gibt es in den Gremien des Vereins keine zwei Meinungen.
Und wann bekommen Sie persönlich Herzklopfen?
Körfer: Wenn Gladbach im Pokal gegen Bayern 5:0 gewinnt, wie vor Monaten.
Kommen wir zum anstehenden Bundesliga-Spieltag: Gladbach spielt zu Hause gegen Leverkusen. Bielefeld – auch dort sind sie Mitglied – tritt zu Hause gegen Fürth an. Wie gehen die Spiele aus?
Körfer: Nach dem Spiel am vergangenen Freitag in München bin ich optimistisch und glaube auch, dass Arminia gegen Fürth gewinnt. Meine Tipps:
BMG gegen Leverkusen: 2:0
Arminia gegen Fürth: 1:0
Und wo stehen die beiden Teams am Ende dieser Saison?
Körfer: Wenn ich realistisch bin: Gladbach hat die Saison eigentlich schon vergeigt. Platz 8 oder 9 halte ich aber für denkbar. Armina hält die Klasse. Derzeit stehen sie in der Tabelle unter Wert. Sie werden über dem Relegationsplatz landen.
Sie haben einen Wunsch zu Ihrem 80. Geburtstag frei. Abgesehen vom Erhalt der Gesundheit: Wie lautet er?
Körfer: Es wären zwei Wünsche: nämlich erstens, dass meine Söhne weiter erfolgreich sind und zweitens, dass die Borussia mal wieder Deutscher Meister wird.
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