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Sunday, November 7, 2021

Ohne den Bürgerbus könnten viele Menschen ihr Dorf nicht verlassen - rbb24

Mobilität im ländlichen Raum - Ohne den Bürgerbus könnten viele Menschen ihr Dorf nicht verlassen

Vor 16 Jahren ist der erste ostdeutsche Bürgerbus in Gransee gestartet. Er steuert seitdem die kleinen Dörfer rund herum an. Rüdiger Ungewiß hat alles aufgebaut, war selbst lange Fahrer und will für den Bürgerbus 100 Jahre alt werden. Von Luise Burkhardt

Zweimal am Tag fährt der Linienbus – das ist in vielen Dörfern in Brandenburg ein ganz normaler Zustand. Weil die Verkehrsbetriebe immer mehr Linien zusammenlegen und Haltestellen streichen, haben sich die Bürgerbusse etabliert: Busse, die von Ehrenamtlichen gesteuert werden und die Ortschaften anfahren, die sich für die großen Linienbusse nicht mehr lohnen.

Mittlerweile gibt es fünf Bürgerbus-Vereine in Brandenburg, einer davon ist der Bürgerbusverein Gransee im Landkreis Oberhavel. Er war der erste seiner Art im ostdeutschen Raum. Für Rüdiger Ungewiß ist der Verein sein Lebenswerk, der heute 71-Jährige hat all sein Herzblut hineingesteckt. "Das ist wie eine Familie. Wir bringen die Fahrgäste bis vor die Haustür und tragen auch mal die Handtaschen und die Einkaufstüten mit rein." Wenn er von seinem Bürgerbus und den Fahrgästen erzählt, dann kommt er ins Strahlen.

In der kalten Bushaltestelle ausharren

Aktuell fahren abwechselnd neun Fahrer den Sprinterbus, der von Montag bis Freitag drei Touren durch die Dörfer rund um Gransee macht. Vor allem alleinstehende Seniorinnen nutzen den Bus. Sie haben kein Auto, um zum Arzt oder zum Einkaufen in die Stadt zu fahren. "Manche Dörfer werden von den Bussen nur zweimal am Tag angesteuert, morgens und nachmittags – und was machen die Leute dann in der Zwischenzeit? In der kalten Bushaltestelle ausharren, das ist doch unmenschlich", sagt Rüdiger Ungewiß mit nachdenklichem Blick.

Die Fahrgäste sind sehr dankbar, dass sie mit dem Bürgerbus mobil bleiben, ihre Wocheneinkäufe oder Arztbesuche erledigen können. Und diese Dankbarkeit ist für ihn das wichtigste: "Ich sag' immer, wir bekommen keine Entschädigung für die Arbeit, einen Lohn kriegen wir trotzdem, nämlich das Dankeschön der Fahrgäste!"

Und nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Fahrer und Vereinsmitglieder zählen auf Rüdiger Ungewiß. Wenn irgendwo der Schuh drückt, dann ist er zur Stelle und findet eine Lösung. Obwohl er gar nicht mehr im Vorstand sitzt und auch aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten wollte. Eine Herzschwäche hat ihm gezeigt, dass er Prioritäten setzen muss. "Ich habe mir jetzt feste Arbeitszeiten gesetzt, vor 9 Uhr gehe ich einfach nicht ans Telefon, die melden sich schon nochmal, wenn‘s wichtig ist.“

Ohne ihn wird es keinen Bürgerbus mehr geben

Dass Ungewiß die gute Seele des Vereins ist, das bestätigt auch Fahrer Wilhelm Heisel. "Er ist quasi die treibende Kraft. Er hat alles in der Hand, er managt alles und hält die Leute zusammen, obwohl er schon vor Jahren gesagt hat, dass er ein bisschen zurücktreten will. Aber das kann er nicht, er hat den Hut auf."

Rüdiger Ungewiß selbst macht sich Sorgen, dass es keinen Bürgerbus mehr gibt, wenn er mal aufhört. "Ich habe die wichtigen Kontakte, dadurch, dass ich auch Ortsvorsteher von Dannenwalde bin, auf mich kommen die Leute zu. Mitglieder haben mir schon gesagt, dass der Bürgerbus verschwindet, wenn ich verschwinde - also muss ich wohl 100 Jahre alt werden.“

Das hält kein Jahr

Als 2005 der Bürgerbus seine erste Tour machte, gab es nur einen einzigen Fahrgast, mittlerweile ist er zu 60 Prozent ausgelastet. In Corona-Zeiten durfte der Bürgerbus nicht fahren, da hat die Touren wieder ein großer Linienbus übernommen, doch das wurde nicht wirklich angenommen. "Die alten Leute kommen nur schwer in die großen Busse, da denkt niemand drüber nach, aber die Stufen sind oft so hoch, dass die da nicht hochkommen und dann verzichten sie lieber ganz auf die Busfahrt", sagt Ungewiß. Er ist froh, dass der Bürgerbus wieder fahren darf. "Außerdem bekommen wir in den nächsten Wochen einen neuen Bus, der ist dann auch komplett barrierefrei, den hat uns das Amt bereits genehmigt."

Die Oberhavel Verkehrsgesellschaft übernimmt einen Großteil der Betriebskosten, 15.000 Euro im Jahr, der Rest kommt von der Stadt Gransee. "Von dem übrigen Geld haben wir uns dann mal vernünftige Vereinskleidung gekauft, Poloshirts und Jacken für die Fahrer“, sagt Rüdiger Ungewiß und zeigt stolz auf seine neongrüne Vereinsjacke mit dem Bürgerbus-Logo darauf. „Als wir angefangen haben, wurde uns prophezeit, dass wir kein Jahr durchhalten. Tja, wir haben das Gegenteil bewiesen!"

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