Manch einem kommt es vor wie ein Déjà-vu: Je näher der Winter rückt, desto steiler zeigt die Kurve der Corona-Fallzahlen nach oben. Die Pandemie ist keinesfalls überstanden – und die Politik ist alarmiert.
Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte:
»Wir haben ja derzeit relativ hohe Fallzahlen und wir haben kein Grund anzunehmen, dass das zurückgeht.«
Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister:
»Aber die Pandemie ist offenkundig nicht nur weiterhin da, sondern die vierte Welle ist es mit voller Wucht.«
Markus Söder, Bayerischer Ministerpräsident:
»Das Infektionsgeschehen hat sich deutlich verschlechtert. Corona ist also mit aller Macht zurück, auch wenn es nervt und beschwert, und wenn man sich gewünscht hätte, dass Corona keine Rolle mehr spielt. Es ist leider so.«
In diesem Herbst stieg die Kurve der Neuinfektionen schon früher an als vor einem Jahr. Mittlerweile sind die Fallzahlen höher als in der dritten Welle im Frühjahr 2021. Am 21. April hatte hatte es laut RKI 29.518 Fälle gegeben. Am Dienstag meldeten die Gesundheitsämter dagegen fast 34.000 Corona-Neuinfektionen. So viele an einem Tag gab es in der gesamten Pandemie noch nicht.
Das Personal in den Krankenhäusern spürt das schon jetzt. Seit Anfang Oktober steigt die Zahl der Coronapatienten auf den Intensivstationen an. Noch liegen dort nur etwa halb so viele kranke Menschen wie auf dem Höchststand im Januar, doch die Wucht der Neuinfektionen trifft die Krankenhäuser seit Beginn der Pandemie erst mit Verzögerung. Ausgang: ungewiss.
Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts:
»Die vierte Welle entwickelt sich leider genauso, wie wir es befürchtet hatten, weil nicht genügend Menschen geimpft sind und weil Maßnahmen, wie die AHA-plus-L-Regeln sowie die 2G- und 3G- Regeln, nicht mehr ausreichend umgesetzt werden.«
Die Zahlen der symptomatischen Infektionen zeigen: Ungeimpfte in der mittleren Altersschicht erkranken im Schnitt deutlich häufiger an Covid-19 als Geimpfte. Ein wichtiger Beleg dafür, dass – trotz einer steigenden Zahl von Impfdurchbrüchen – die Immunisierung gut vor einem symptomatischen Verlauf schützt. Aber nur 67 Prozent der Deutschen haben sich bisher vollständig impfen lassen – zu wenige, auch im Vergleich zu den meisten anderen Ländern Europas.
Impfen, testen, AHA-Regeln, Lüften, Masken tragen – eine Aufhebung dieser Corona-Regeln ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Deutschland wird um schärfere Kontrollen der 3G- oder 2G-Regelung bei Veranstaltungen, Restaurantbesuchen und ähnlichem kaum herumkommen.
Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister:
»Ich erlebe es zu oft auch selbst, dass gesagt wird: ›Wir glauben Ihnen schon. Schon okay!‹. Ich freue mich über dieses Vertrauen, aber ich finde, wir brauchen dort wirklich mehr und konsequenteres Kontrollieren. Im Übrigen dann auch ein Kontrollieren der Behörde.«
Viele Maßnahmen im Kampf gegen Corona hat die Politik vor einigen Wochen auslaufen lassen. Kostenlose Tests hat sie deutschlandweit abgeschafft, viele Impfzentren wurden geschlossen. Wie geht es jetzt weiter?
Auch bei der Organisation der Auffrischungsimpfungen fehlt das Tempo. Die Zeit drängt. Mit Beginn dieses Winters befindet sich Deutschland an einem entscheidenden Punkt in der Bekämpfung der Coronapandemie – wieder einmal.
Coronalage in Deutschland: So viele Fälle wie noch nie – was nun? - DER SPIEGEL
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