Wenn sich das Virus tief in ihre Atemwege eingegraben hat, ringen besonders Babys und auch Kleinkinder nach Luft. Immer mehr Kinder infizieren sich in Sachsen mit dem ansteckenden Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV).
"Die Situation ist kritisch. Viele Häuser sind an der Kapazitätsgrenze, wir auch", sagt Ulrike Wetzel, Chefärztin der Kinder- und Jugendklinik am Lausitzer Seenlandklinikum in Hoyerswerda MDR SACHSEN. In den vergangenen Tagen habe sich die Situation enorm zugespitzt. Während die Kinderklinik normalerweise für 20 Kinder ausgelegt sei, habe man in dieser Woche teilweise bis zu 34 Kinder behandelt. "Wir mussten Kapazitäten erweitern, Betten aufstocken und extra Personal anfordern", erklärt Juliane Kirfe, kaufmännische Geschäftsführerin am Seenlandklinikum MDR SACHSEN.
Schwere Krankheitsverläufe
"Die Herausforderung ist, dass wir nicht nur Betten füllen, sondern die Kinder wirklich auch sehr krank sind", erklärt Wetzel. Das Virus dringe in diesem Jahr in tiefere Regionen der Lunge vor. Das führe zu Atemnot, besonders gefährdet seien Babys. Vergangene Woche hätten allein an einem Tag elf Kindern Sauerstoff verabreicht werden müssen.
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege, die besonders Kinder in den ersten Lebensjahren betreffen. "Mit der RS-Virus-Erkrankung sind wir jedes Jahr konfrontiert, in diesem Jahr fallen die Erkrankungen jedoch besonders heftig aus", sagt Wetzel. "Wir sehen gefühlt mehr als die doppelte Zahl erkrankter Kinder und beobachten schwere Verläufe."
Woher kommen die vielen kranken Kinder?
Wetzel schätzt, dass viele Infektionen nach dem kontaktarmen Corona-Lockdown im vergangenen Winter nachgeholt werden. "Die Durchseuchungsrate liegt normalerweise bei 80 Prozent, jetzt ist das Immunsystem der Kinder wahrscheinlich nicht mehr so trainiert", erklärt Wetzel. "Unser Problem ist die Masse der Kinder." Glücklicherweise habe man noch nicht beatmen müssen.
Wir kämpfen um jeden Platz für die Kinder der Region.
Quälender Husten mit Erbrechen und Atemnot
In den Oberlausitz-Kliniken in Bautzen spitzt sich die Situation ebenfalls zu. "Die Zahl der stationär behandlungsbedürftigen RSV-Infektionen bei Säuglingen und jungen Kleinkindern ist ungewöhnlich hoch", schildert Chefarzt Ulf Winkler MDR SACHSEN die Lage. "Normalerweise haben wir im Winterhalbjahr stets maximal drei Kinder damit in der Klinik. In der vergangenen Wintersaison gab es überhaupt keine Fälle, dafür scheinen jetzt nahezu alle Kinder diese Infektion durchzumachen."
Eine solche Häufung habe ich in 30 Berufsjahren nicht erlebt.
Winkler zufolge liegen "seit 14 Tagen durchschnittlich zwölf bis 15 Säuglinge und junge Kleinkinder mit RSV-Bronchitis oder Lungenentzündung" im Krankenhaus. Bei den Kindern würde die Atmung überwacht. In der Regel lägen sie sieben bis zehn Tage in der Klinik. Insgesamt habe die Station 23 Betten. Planbare Aufnahmen seien abgesagt worden.
Die Kinder sind erheblich krank, benötigen meist Sauerstoff, manchmal eine maschinelle Atemunterstützung sowie eine Infusionsbehandlung, da sie es nicht schaffen, ausreichend zu trinken. Quälender Husten, zum Teil mit Erbrechen, und Atemnot werden mit Inhalationen versucht zu lindern.
Laut dem Bautzner Chefarzt Winkler ist die Pflege der Kinder durch die Atemunterstützung für das Personal und das meist begleitende Elternteil "sehr aufwendig". "Schwestern und Ärzte arbeiten rund um die Uhr am Limit. Schließlich gibt es auch noch andere Kinder stationär zu versorgen", sagt Winkler.
Viele Erkrankungen auch in Leipzig
"Wir haben gerade ein RSV-Problem mit vielen kranken Kindern in allen Kliniken in Sachsen", erklärt Professor Wieland Kiess, Direktor der Kinderklinik am Uniklinikum Leipzig MDR SACHSEN. "Besonders groß ist das Risiko für kleine Kinder, für Säuglinge kann die Infektion unter Umständen sogar lebensbedrohlich sein." Allein im Uniklinikum Leipzig liegen Kiess zufolge zwölf kranke Kinder, einige mit hohem Sauerstoffbedarf.
Laut Kiess ist diese Saison eine der schweren Verläufe. Dies sei aber per se nichts Ungewöhnliches. "Im Jahr 2018 hatten wir so viele Erkrankungen, dass wir extra Beatmungsgeräte bestellen musste." Insgesamt könne die Kapazität der Kinderklinik durch Kooperation mit anderen Bereichen auf 120 hochgestuft werden.
Corona-Patienten verschärfen Situation
Wiess zufolge fülle sich das Uniklinikum Leipzig gerade mit "vielen nicht geimpften Patienten aus den ländlichen Räumen". "Die Klinik läuft gerade richtig voll", sagt Wiess.
Problematisch wird es, wenn wir Kinderbetten für erwachsene Corona-Patienten freimachen müssen.
RSV-Infektionen: Viele Kinder-Kliniken in Sachsen auf Anschlag - MDR
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