
Marktbericht
Stand: 12.10.2021 18:11 Uhr
Der DAX hat frühe Verluste zwar aufgeholt, zu mehr fehlt den Anlegern aber derzeit der Mut. Die Börse blickt nun auf neue Inflationsdaten und den Beginn der Berichtssaison in den USA.
Der DAX ist heute mit moderaten Verlusten aus dem Handel gegangen. Zwar holte der Index größere Abschläge im Verlauf wieder auf, es fehlen aber derzeit die Impulse, um darüber hinaus weiter anzusteigen. Am Ende des Tages schloss der deutsche Leitindex bei 15.146 Punkten um 0,34 Prozent etwas leichter. Das Tagestief lag am Vormittag bei 15.012 Punkten, das Tageshoch bei 15.174 Punkten.
"Die steigende Inflation, anziehende Renditen an den Anleihemärkten und die zunehmende Angst vor einer Konjunkturabkühlung setzen den weltweiten Aktienmärkten gehörig zu", kommentiert Christian Henke, Marktbeobachter bei IG Markets. Zudem hielten sich die Anleger in Anbetracht der ab morgen beginnenden US-Berichtssaison zurück, auch werden in den USA am Mittwoch neue Inflationsdaten erwartet.
Unter den Einzeltiteln im DAX gingen Gewinne und Verluste heute quer durch alle Branchen. Gefragt waren Siemens Energy, die allerdings zuvor schlecht gelaufen waren. Ganz im Gegensatz zum Papier des Darmstädter Pharma-, Chemie und Life-Science-Konzerns Merck KGaA, das schon länger zu den Börsenlieblingen gehört und auch heute wieder zulegte. Am Ende stand der Triebwerksbauer MTU Aero, auch die schwer gewichtete T-Aktie verlor zwei Prozent. Die meisten der 40 Indexaktien gaben nach.
Nachdem die führenden Aktienindizes am Vortag allesamt mit Verlusten aus dem Handel gegangen waren, stagnieren sie heute um ihre Schlussstände. Allerdings haben sie sich dabei unter unter der Führung der Nasdaq allesamt leicht ins Plus vorgearbeitet. Der Leitindex Dow Jones gewinnt derzeit 0,2 Prozent. Die Tendenz ist aber nicht in Stein gemeißelt, denn auch gestern legten die Indizes erst zu, um dann im späten Geschäft deutlicher zurückzufallen.
Vor der in dieser Woche beginnenden Berichtssaison für das dritte Quartal halten sich die Anleger bedeckt, was nicht überraschend kommt. In dieser Woche legen in den USA die Banken JPMorgan, Bank of America, Morgan Stanley, Citigroup und Goldman Sachs ihre Bilanzen vor.
Angesichts der Sorgen um die globale konjunkturelle Erholung werden die Anleger besonders darauf achten, wie die Ausblicke der Unternehmen auf die kommenden Quartale ausfallen. Hier liegt deshalb ein besonderes Enttäuschungspotenzial, etwa wenn die Unternehmen selbst pessimistisch in die Zukunft sehen. Zudem könnten die gestiegenen Rohstoffkosten sowie Engpässe in den Lieferketten schon zu einen Dämpfer bei den aktuellen Ergebnissen geführt haben.
Besonders im Blick der Investoren weltweit bleiben die auf hohem Niveau stehenden Ölpreise. Die steigenden Rohstoff- und Energiepreise gelten derzeit als der Haupttreiber für die anziehenden Inflationsraten.
Der Preis für die Sorte Brent ermäßigt sich heute zwar leicht, bleibt aber nahe 84 Dollar je Barrel und damit in Sichtweite zu einem Drei-Jahres-Hoch. Die US-Sorte WTI gibt ebenfalls leicht nach, steht aber bei Niveaus um 80 Dollar ebenfalls nahe mehrjähriger Höchststände.
Getrieben werden die Rohölpreise durch die derzeitige Energieknappheit. Diese lässt vor allem die Preise von Gas und Kohle steigen. Die Preise von Erdöl als mögliche Ersatzenergiequelle werden dadurch mit nach oben gezogen. Zudem macht das Ölkartell Opec+ keine Anstalten, das Angebot auszuweiten, was bei hoher Nachfrage zu einer Knappheit auf der Angebotsseite führt.
Morgen werden in den USA mit Spannung die Verbraucherpreise aus dem September erwartet. Weiter deutlich anziehende Raten könnten die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) dazu zwingen, die Leitzinsen zwecks Inflationsbekämpfung anzuziehen. Die Währungshüter zögern aber noch mit einer restriktiveren Gangart, denn der wichtige Arbeitsmarkt erholt sich in den USA nur langsam und hat das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht. Derzeit wird die hohe Inflation daher von der Fed zumindest toleriert und nur als temporäres Phänomen gesehen. Auch die EZB, obwohl im Zinszyklus weit zurück, hängt dieser offiziellen Lesart für die Eurozone an.
Die Märkte ziehen diese These aber zunehmend in Zweifel, was die Nervosität der Anleger immer wieder befeuert. "Die Märkte hatten die Botschaft, dass die Inflation vorübergehend sei, geglaubt und stellen sie nun infrage", sagte Sarah Hewin, Ökonomin bei Standard Chartered.
Großhandelspreise ziehen stark an
Apropos Inflation: Neue Konjunkturdaten nähren heute die Inflationssorgen. Im September kletterten die Großhandelspreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 13,2 Prozent. Das war der stärkste Anstieg seit der ersten Ölkrise im Jahr 1974. Im August 2021 hatte der Anstieg 12,3 Prozent und im Juli 11,3 Prozent betragen. Diese Daten signalisieren eine weitere Beschleunigung des hohen Preisauftriebs in Deutschland.
Auch der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen der Börsianer enttäuschte. Börsenprofis haben ihre Erwartungen an den Konjunkturaufschwung in Deutschland im Oktober den fünften Monat in Folge heruntergeschraubt. "Der konjunkturelle Ausblick für die deutsche Wirtschaft hat sich spürbar eingetrübt", sagte ZEW-Präsident Achim Wambach.
Die ZEW-Daten hatten zunächst keinen größeren Einfluss auf den Devisenmarkt. Der Euro ist aber trotzdem im Verlauf zurückgefallen und wird derzeit bei 1,1536 Dollar gehandelt - ganz in der Nähe seines 15-Monats-Tiefs bei 1,1529 Dollar. Äußerungen von US-Notenbanker Raphael Bostic helfen im Gegenzug dem Dollar. Denn Bostic, wie zuletzt auch einige seiner Kollegen, sieht die Zeit gekommen für eine Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik.
Am Jobmarkt seien genügend Zuwächse erzielt worden, um es den Währungshütern zu ermöglichen, den monatlichen Ankauf von Anleihen zu reduzieren, sagte der Chef des Fed-Ablegers in Atlanta der "Financial Times" am Dienstag. Eine solche sukzessive Reduzierung wird in Fachkreisen auch Tapering genannt, ein Begriff, der schon länger drohend über den Märkten schwebt. Die Federal Reserve (Fed) kauft derzeit monatlich Anleihen im Volumen von 120 Milliarden Dollar am Markt, um die Wirtschaft nach der Corona-Krise zu stützen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1555 (Montag: 1,1574) US-Dollar fest. Am Nachmittag gab es aus den USA keine marktbewegenden Konjunkturdaten.
Aus China kommen weitere Nachrichten, die den Aktienmarkt beunruhigen: Der wankende Immobilienriese China Evergrande ist seinen Anleihegläubigern erneut fällige Zinszahlungen schuldig geblieben. Damit verstärkte der Krisenkonzern erneut die Sorge vor einem Flächenbrand am Immobiliensektor, da in nächster Zeit eine Reihe von Zahlungsverpflichtungen fällig werden.
Im Zuge der Liquiditätsengpässe in dem Sektor sind in der Volksrepublik bereits weitere Immobilienfirmen in Schwierigkeiten geraten. Zuletzt bemühten sich die kleineren Bauträger Modern Land und Sinic Holdings darum, Fristen für Zinszahlungen verschieben zu können. Auch der Rivale Fantasia Holdings ließ bereits eine Frist für Zinszahlungen verstreichen.
Der chinesische Automarkt hat auch im September einen herben Dämpfer erlitten. Die Auslieferungen von Pkw an die Kunden sackten gegenüber dem Vorjahresmonat um 17,3 Prozent auf 1,61 Millionen Fahrzeuge ab, wie der Branchenverband PCA (China Passenger Car Association) mitteilte. Seit einigen Monaten hakt es nach der Erholung von der Corona-Pandemie im wichtigsten Automarkt der Welt wieder, weil es unter anderem wegen Lockdowns in einigen asiatischen Ländern an Elektronikchips fehlt.
Bei Autos mit alternativen Antrieben legten die Verkäufe derweil im September mit 334.000 Wagen auf das Dreifache zu. China ist für die deutschen Autokonzerne Volkswagen, Daimler und BMW der mit Abstand wichtigste Einzelmarkt. Volkswagen ist als Marktführer im Massenmarkt des Landes besonders von dem Produktionseinbruch betroffen, zuletzt ließen aber auch Daimler und BMW im Premiumsegment Federn.
Versicherer wie die Allianz halten sich bei Cyber-Policen angesichts rasant steigender Angriffe auf die Netzwerke von Unternehmen immer stärker zurück. Die Zahl der Schadenfälle bei der Allianz-Großkunden-Tochter AGCS habe sich innerhalb von vier Jahren auf 1114 vervierzehnfacht, erklärten die Münchener heute.
Die Allianz, die sich immer noch als Marktführer sieht, habe die Kapazitäten entsprechend heruntergefahren, die Preise seit 2019 im Durchschnitt um 30 Prozent erhöht und tue sich oft mit anderen Versicherern zusammen. Cyber-Versicherungen, die seit zehn Jahren auf dem Markt sind, galten lange als großes Wachstumsfeld für die Assekuranz. Doch sind sie bisher für viele Anbieter ein schlechtes Geschäft. Für einzelne Schadenfälle gebe die Allianz inzwischen bis zu 80 Millionen Euro aus, sagte Jens Krickhahn, der für das Cyber-Geschäft in Zentral- und Osteuropa zuständig ist.
Eine anhaltend hohe Nachfrage nach Produkten wie Glasampullen, Spritzen und pharmazeutischen Kunststoffverpackungen sorgt beim Spezialverpackungshersteller Gerresheimer weiterhin für Rückenwind. Hohe Kosten belasten indes die Gewinnmargen. Der Umsatz stieg im dritten Geschäftsquartal im Jahresvergleich um 9,4 Prozent auf 382 Millionen Euro.
Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) ging um 0,2 Prozent auf 74,8 Millionen Euro zurück. Als Grund nannte das Management gestiegene Kosten für Rohstoffe wie Kunststoffgranulat, Strom und Gas.
Die Lufthansa hat nach ihrer Kapitalerhöhung wie geplant einen Teil der milliardenschweren Staatshilfen Deutschlands zurückgezahlt. Dies betreffe den beanspruchten Teil der ersten Stillen Einlage des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Bis Jahresende will die Lufthansa auch die zweite Stille Einlage über eine Milliarde Euro zurückzahlen und den nicht genutzten Teil der ersten Einlage kündigen.
Der IT-Dienstleister Cancom will gut neun Prozent seiner Aktien vom Markt zurückkaufen. Geplant sei der Erwerb von bis zu gut 3,5 Millionen Papieren, teilte das im MDAX gelistete Unternehmen mit. Dies entspreche bis zu 9,1 Prozent des derzeitigen Grundkapitals. Der Rückkauf soll spätestens am 19. Oktober 2022 abgeschlossen ein.
Gemessen am Xetra-Schlusskurs vom Montag in Höhe von 49,57 Euro hätten die Papiere einen Gesamtwert von mehr als 170 Millionen Euro. Cancom kann die zurückgekauften Aktien den Angaben zufolge einziehen oder zu anderen Zwecken verwenden.
Die Biotech-Firma CureVac zieht bei ihrem ersten Corona-Impfstoff die Reißleine und will die Entwicklung eines neuen Vakzins auf Basis der mRNA-Technologie vorantreiben. Der Covid-19-Impfstoffkandidat der ersten Generation, CVnCoV, werde aus dem laufenden Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zurückgezogen, erklärte das Tübinger Unternehmen am Dienstag. CureVac werde sich nun auf einen Impfstoff der zweiten Generation konzentrieren, der zusammen mit dem britischen Konzern GlaxoSmithKline entwickelt werde.
CVnCoV hatte in der entscheidenden klinischen Studie nur eine Wirksamkeit von insgesamt 48 Prozent gezeigt - weitaus weniger als die inzwischen zugelassenen Mittel von Biontech/Pfizer oder Moderna. Das verbesserte Vakzin der zweiten Generation entwickelt CureVac anders als das ursprüngliche nicht alleine, sondern gemeinsam mit GlaxoSmithKline. In einer präklinischen Studie habe dieses Vakzin eine verbesserte Immunantwort und eine höhere Schutzwirkung gezeigt. Die CureVac-Aktie Aktie gab deutlich nach.
Luxus läuft, Givaudan-Umsatz steigt
Der Schweizer Duft- und Aromenhersteller Givaudan hat den Umsatz in den ersten neun Monaten um 5,8 Prozent auf 5,07 Milliarden Franken gesteigert. Auf vergleichbarer Basis, also währungs- und akquisitionsbereinigt, betrug das Plus 7,7 Prozent. Profitiert hat der Weltmarktführer unter anderem von der Erholung im Bereich Luxusparfüms, das Segment wuchs um 28,6 Prozent. Am Ziel eines jährlichen Umsatzwachstums von vier bis fünf Prozent auf vergleichbarer Basis hält Givaudan fest. Gewinnzahlen veröffentlicht der Symrise-Rivale nur zum Halbjahr und am Ende des Jahres.
DAX im Minus: Zu viele Risiken auf einmal | tagesschau.de - tagesschau.de
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