Premierminister Johnson kündigt umfassende Hilfen an + Biden verteidigt Truppenabzug erneut + Maas: Werden mit Taliban sprechen müssen + Der Newsblog.
Fabian Löhe Lisa Breuer
Der Premierminister Boris Johnson bei einem Besuch im militärischen Hauptquartier von Großbritannien. Foto: Reuters
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson sieht sein Land nach dem chaotischen Ende des Militäreinsatzes in Afghanistan in der Schuld der ehemaligen afghanischen Ortskräfte. Deshalb will er rund 17,5 Millionen Euro für zusätzliche Plätze an Schulen sowie für den verbesserten Zugang zum Gesundheitssystem bereitstellen (mehr dazu im Newsblog).
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Premierminister von Großbritannien, Boris Johnson (r) und Außenminister von Großbritannien, Dominic Raab (l). Bild: Jeff Gilbert/dpa
Boris Johnson kündigt umfassende Hilfen für in Großbritannien aufgenommene Afghanen an
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson sieht sein Land nach dem chaotischen Ende des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan in der Schuld der ehemaligen afghanischen Ortskräfte.
"Wir sind den Mitarbeitern unserer Armee in Afghanistan zu außerordentlichem Dank verpflichtet", sagte Johnson am Mittwoch. Er sei entschlossen, die Ortskräfte und ihre Familien so zu unterstützen, dass sie "ein Leben hier im Vereinigten Königreich aufbauen können".
Johnsons Regierung kündigte die Erteilung unbefristeter Aufenthaltsgenehmigungen für jene 8000 afghanischen Ortskräfte der britischen Armee an, die Afghanistan bereits verlassen konnten. Zudem sollen 15 Millionen Pfund (rund 17,5 Millionen Euro) für zusätzliche Plätze an Schulen sowie für den verbesserten Zugang zum Gesundheitssystem bereitgestellt werden.
Die Maßnahmen würden den von Großbritannien aufgenommenen Afghanen "die Gewissheit und Stabilität geben", sich ein Leben in Großbritannien aufzubauen, erklärte die Regierung. Dabei gelte ein "uneingeschränktes" Recht zu arbeiten, außerdem gebe es für die Menschen "in der Zukunft die Möglichkeit, die britische Staatsbürgerschaft zu beantragen".
An der britischen Evakuierungsaktion für Afghanen gibt es allerdings auch massive Kritik. Die Zeitung "Sunday Times" zitierte ein nicht genanntes Regierungsmitglied, das London vorwarf, nicht genügend Menschen aus Afghanistan gerettet zu haben. "Ich denke, wir hätten 800 bis tausend Menschen mehr rausholen können" , sagte das Kabinettsmitglied demnach.
Zuvor hatte es bereits heftige Kritik an Außenminister Dominic Raab gegeben, der seinen Urlaub nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban nicht sofort abgebrochen hatte . An diesem Mittwoch muss sich Raab einer Befragung des Außenausschusses im Parlament stellen. (AFP)
Bundesaußenminister: Heiko Maas Bild: Karim Jaafar/AFP
Maas hofft auf Lösung für Deutsche und Ortskräfte in Afghanistan
Nach seinen Gesprächen in Doha hat sich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) optimistisch gezeigt, eine Lösung für die in Afghanistan verblieben Deutschen Staatsbürger sowie für die Ortskräfte erreichen zu können. „Die Taliban haben sich bereit erklärt, dass Afghanen und Ortskräfte auch nach dem 31. August legal aus Afghanistan ausreisen können“, sagte der Außenminister am Dienstagabend im Gespräch mit dem ZDF heute Journal. Aber den Worten müssten auch Taten folgen. Die Taliban seien auf internationale Hilfe angewiesen, etwa beim Betrieb des Flughafens in Kabul. „Das ist etwas, woran die Taliban ein Interesse haben, sie brauchen auch einen Flughafen, der funktioniert.“
Zugleich betonte Maas, die westlichen Staaten seien nicht erpressbar und verknüpfte mit den Gesprächen klare Bedingungen: „Die Taliban können auffordern, was sie wollen. Wir haben auch klare Voraussetzungen definiert, das sind: die Einhaltung der Menschenrechte, die Tatsache, dass überhaupt Menschen weiter ausreisen können, dass keinen terroristischen Gruppen Unterschlupf gegeben wird in Afghanistan.“ Angesprochen auf die noch in Afghanistan befindlichen deutschen Staatsbürger bezifferte er deren Anzahl auf etwa 300. (kna)
Bild: Foto:dpa
Deutschland strebt diplomatische Vertretung in Afghanistan an
Deutschland strebt auch nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan unter bestimmten Bedingungen eine diplomatische Vertretung in der Hauptstadt Kabul an. „Wenn es politisch möglich wäre und wenn die Sicherheitslage es erlaubt, dann sollte auch Deutschland in Kabul wieder eine eigene Botschaft haben“ , sagte Außenminister Heiko Maas am Dienstag bei einem Besuch in Katar. Zurzeit sei man in enger Abstimmung vor allem mit den europäischen Partnern zu diesem Thema.
Maas betonte aber auch, dass eine diplomatische Vertretung keine Anerkennung einer Taliban-Regierung bedeuten würde. „Es geht im Moment nicht um die Frage der völkerrechtlichen Anerkennung“, sagte er. „Es geht um die Lösung ganz praktischer Probleme.“ (dpa)
Bild: Foto: dpa
USA ermöglichen trotz Sanktionen gegen Taliban humanitäre Hilfe
Die USA setzen auch nach dem Abzug in Afghanistan ihre humanitäre Hilfe vor Ort fort. Eine Sondergenehmigung ermächtige die US-Regierung und ihre Auftragnehmer, trotz Sanktionen gegen die als Terroristen eingestuften Taliban Hilfe für die Menschen in Afghanistan zu leisten, einschließlich der Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten , sagt ein Beamter des US-Finanzministeriums der Nachrichtenagentur Reuters. Die bestehenden Sanktionen frieren alle US-Vermögenswerte der militanten islamistischen Gruppe ein und verbieten den Amerikanern den Handel mit ihnen, einschließlich der Spende von Finanzmitteln, Waren oder Dienstleistungen. Diese Sanktionen blieben von der Sonderregelung unberührt, sagt der Beamte. (Reuters)
UN-Generalsekretär warnt vor humanitärer Katastrophe in Afghanistan
UN-Generalsekretär António Guterres hat nach dem Abzug der letzten US-Soldaten aus Afghanistan und dem Ende der Evakuierungsaktion vor dem völligen Zusammenbruch der Grundversorgung in dem Land gewarnt. „Eine humanitäre Katastrophe bahnt sich an“, sagte Guterres am Dienstagabend (Ortszeit) in New York. Die Menschen verlören jeden Tag den Zugang zu elementaren Gütern und Dienstleistungen. „Fast die Hälfte der Bevölkerung Afghanistans - 18 Millionen Menschen - sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. Jeder dritte Afghane weiß nicht, woher seine nächste Mahlzeit kommen wird. Mehr als die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren wird im nächsten Jahr voraussichtlich akut unterernährt sein.“
Guterres sagte, alle Mitgliedstaaten seien aufgefordert, „sich für die Menschen in Afghanistan in ihrer dunkelsten Stunde der Not einzusetzen“. Sie sollten rechtzeitig, flexibel und umfassend Mittel bereitstellen. In der nächsten Woche würden Einzelheiten über den dringendsten humanitären Bedarf und den Finanzierungsbedarf für die nächsten vier Monate bekannt gegeben. (dpa)
Viele Afghanen wollen laut Experten fliehen – aber anders als 2015
Angesichts der humanitären Notlage in Afghanistan rechnet der Migrationsexperte Gerald Knaus schon bald mit sehr vielen Menschen, die ins Ausland fliehen wollen - aber mit keiner massenhaften Einreise von Migranten nach Europa so wie 2015. Die dafür wichtigste Grenze zwischen dem Iran und der Türkei sei heute „mit Mauern, Drohnen und Zehntausenden Soldaten hart abgeriegelt“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Was es ganz sicher nicht geben wird, ist eine größere irreguläre Migration wie 2015 bis in die Europäische Union.“
Knaus ist der Leiter der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative (ESI), die den Plan für die Rücknahmevereinbarung mit der Türkei zu syrischen Flüchtlingen entwickelt hatte.
Er sagte aber: „Man muss sicher damit rechnen, dass es in naher Zukunft sehr viele Menschen in Afghanistan geben wird, die fliehen müssen.“ Das sei aus Angst vor den militant-islamistischen Taliban der Fall, wegen der humanitären Situation und der Unsicherheit über die Dauer des Konflikts. Die entscheidende Frage sei, ob eien Flucht möglich sei. Dies hänge von den Nachbarstaaten ab. „Wenn Pakistan und der Iran ihre Grenzen mit Gewalt schließen, so wie das heute alle Nachbarländer Syriens tun, dann wird es nicht vielen Menschen gelingen, herauszukommen.“
Er erklärte: „Die Gefahr ist nicht, dass zu viele Menschen irregulär nach Europa kommen. Die Gefahr ist nach wie vor, dass auch viele Menschen, denen wir Schutz bieten wollen, denen wir die Einreise nach Deutschland versprochen haben, nicht rauskommen.“ (dpa)
Noch 300 Deutsche: Maas optimistisch für Ausreisen aus Afghanistan
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat sich optimistisch gezeigt, eine Lösung für die in Afghanistan verbliebenen Deutschen sowie für afghanische Ortskräfte zu erreichen. Die militant-islamistischen Taliban hätten sich bereiterklärt, sie ausreisen zu lassen, und sie seien auf internationale Hilfe angewiesen , etwa beim Betrieb des Flughafens in Kabul, erklärte Maas am Dienstagabend im ZDF-„Heute Journal“.
Die westlichen Staaten sind nach seinen Worten aber nicht erpressbar: „Wir haben auch klare Voraussetzungen definiert, das sind: die Einhaltung der Menschenrechte, die Tatsache, dass überhaupt Menschen weiter ausreisen können, dass keinen terroristischen Gruppen Unterschlupf gegeben wird in Afghanistan.“ Die Zahl der noch in Afghanistan befindlichen Deutschen bezifferte er auf etwa 300. (dpa)
Biden: Wir werden ausreisewillige Amerikaner aus Afghanistan holen
Die US-Regierung wird den in Afghanistan verbliebenen ausreisewilligen Amerikanern auch nach dem Abzug des Militärs helfen, das Land zu verlassen. „Es gibt dafür keine Frist“, versprach US-Präsident Joe Biden am Dienstag im Weißen Haus. Es seien wohl noch 100 bis 200 US-Bürger in Afghanistan, die „eine gewisse Absicht zur Ausreise“ hätten. Die meisten zurückgebliebenen seien doppelte Staatsbürger und hätten eine langfristige Bindung an Afghanistan.
„Wir halten daran fest, sie rauszubekommen, falls sie rauskommen wollen“ , sagte Biden. Das US-Militär habe seit der Machtübernahme der Taliban Mitte August erfolgreich rund 5500 US-Bürger aus dem Land evakuiert, betonte er.
Darüber hinaus setzten sich die USA zusammen mit der internationalen Gemeinschaft weiter dafür ein, dass ausreisewillige Afghanen und westliche Staatsbürger das Land ungehindert verlassen dürften, sagte Biden. Die militant-islamistischen Taliban hätten dies zugesagt, und die USA würden dahingehend Druck ausüben und die Gruppe an ihren Taten messen. Wohl mit Blick auf humanitäre Hilfen sagte Biden: „Wir haben Druckmittel sicherzustellen, dass diese Versprechen eingehalten werden.“ (dpa)
Biden zu IS: „Wir sind mit Euch noch nicht fertig“
Bild: dpa
Die USA werden nach Aussage von Präsident Joe Biden auch nach dem Abzug aus Afghanistan weiter gegen den örtlichen Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vorgehen. Er warnte die Gruppe, die sich zum jüngsten Anschlag am Flughafen in Kabul bekannt hatte, die USA würden sie weiter verfolgen. „Wir sind mit Euch noch nicht fertig“, sagte Biden am Dienstag im Weißen Haus. Der Kampf gegen den Terror gehe auch nach dem Abzug aus Afghanistan weiter, wenn auch ohne Bodentruppen . Die USA würden Terroristen, die das Land angriffen, „bis zum Ende der Welt jagen und fassen“, sagte Biden. „Wir werden nicht vergeben, wir werden nicht vergessen.“
Biden verteidigte seine umstrittene Abzug-Entscheidung erneut.
Der Truppenabzug zum 31. August sei nicht auf eine „willkürliche Frist“ zurückzuführen , sagte Biden am Dienstag bei einer Ansprache im Weißen Haus. „Sie war so ausgelegt, um amerikanische Leben zu retten.“ Sein Amtsvorgänger Donald Trump habe eine Vereinbarung mit den Taliban geschlossen und den Abzug der US-Truppen zugesagt. Er selbst habe die Wahl gehabt, daran festzuhalten oder Zehntausende weitere US-Soldaten nach Afghanistan zu schicken und den Einsatz fortzusetzen. Die USA hätten allein die Wahl gehabt, das Land zu verlassen oder den Konflikt zu eskalieren.
Er habe den Krieg nicht ewig verlängern wollen, betonte Biden. Und er habe auch den Abzug nicht ewig verlängern wollen . „Es war an der Zeit, diesen Krieg zu beenden.“ Der Präsident wies auch erneut Kritik zurück, der Abzug hätte geordneter abgewickelt werden können. Biden wertete die „Herausforderungen“, mit denen man bei dem Abzug konfrontiert gewesen seien, als unvermeidbar. (dpa)
Bild: AFP
Militärzeremonie soll Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr würdigen
Das Ende des Afghanistan-Einsatzes und der Evakuierungsmission der Bundeswehr soll im Oktober mit einer besonderen Militärzeremonie, dem Großen Zapfenstreich , vor dem Reichstagsgebäude gewürdigt werden. Das teilte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Dienstagabend auf Twitter mit. Verbunden sein soll das mit einem Auftakt zur Diskussion über die Lehren aus dem fast 20-jährigen militärischen Engagement in dem Krisenstaat . Zuvor soll es im September einen Appell am Fallschirmjäger-Standort in Niedersachsen geben.
Die Ministerin schrieb: „Wir werden die Evakuierungsoperation beim Antreten in Seedorf am 22.9. und den gesamten Afghanistan-Einsatz mit einem Auftakt zur Bilanzdiskussion, Kranzniederlegung, Abschlussappell und einem Großen Zapfenstreich vor dem Deutschen Bundestag im Oktober angemessen würdigen.“ Die Ministerin erinnerte an die 59 deutschen Soldaten , die ihr Leben in Afghanistan verloren haben. „Wir wissen, dass es nicht vergeblich war. Trotz aller Opfer und Enttäuschungen: der Einsatz in Afghanistan war wichtig und richtig.“ Er habe den Afghanen 20 Jahre Freiheit gebracht, das sei nicht völlig auslöschbar. Das militärische Ziel sei auch erreicht worden, denn von Afghanistan sei 20 Jahre lang keine terroristische Bedrohung ausgegangen.
Weiter schrieb die CDU-Politikerin: „Unsere Werte und den Westen müssen wir weiter verteidigen , uns dafür aber realistische Ziele setzen. Zivile und militärische Mittel müssen besser zusammenpassen - wir brauchen Vernetzte Sicherheit“, schrieb Kramp-Karrenbauer weiter. „Die Welt wird unsicherer, die Kosten für Freiheit und Stabilität steigen . Deutschland wird mehr tun müssen. Wir sind es uns selbst schuldig, über diese Themen ohne Ideologie, ernsthaft und realistisch zu sprechen.“ (dpa)
Bild: AFP
Maas: "Es führt kein Weg an Gesprächen mit den Taliban vorbei"
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hält den direkten Kontakt mit den Taliban nach dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan für unausweichlich. "Ich persönlich glaube, es führt überhaupt kein Weg vorbei an Gesprächen mit den Taliban", sagte Maas am Dienstagabend bei einem Besuch in Katar. Maas betonte, dass es nach dem Truppenabzug "ganz praktische Dinge" zu lösen gebe, etwa den Weiterbetrieb des Flughafens von Kabul .
Zum anderen könne sich der Westen "Instabilität in Afghanistan schlichtweg überhaupt nicht leisten ". Instabilität in Afghanistan nach der 20-jährigen internationalen Militärpräsenz würde laut Maas "den Terrorismus begünstigen und sich auch massiv auf die Nachbarstaaten Afghanistans" auswirken. Um "formale Anerkennungsfragen " mit Blick auf die Taliban gehe es derzeit nicht, betonte Maas. Allerdings zeigte der Minister sich prinzipiell offen für eine langfristige diplomatische Präsenz Deutschlands in Afghanistan auch unter einer Taliban-Herrschaft. "Wenn es politisch möglich wäre und die Sicherheitslage es erlaubt, dann sollte auch Deutschland irgendwann wieder in Kabul eine eigene Botschaft haben ."
Deutschland habe den Taliban "immer wieder deutlich gemacht, dass es gewisse Benchmarks gibt, deren Einhaltung wir erwarten", sagte Maas. Dies gelte insbesondere für die Wahrung von Menschenrechten, insbesondere für Frauen, sowie für die Bildung einer inklusiven Regierung in Kabul. Deutschland stehe überdies schon jetzt zur Verfügung, um humanitäre Hilfe in Afghanistan zu leisten.
Maas warnte, dass Afghanistan ohne humanitäre Hilfe "spätestens im Winter auf eine humanitäre Katastrophe zusteuern " werde. Ein Großteil der afghanischen Bevölkerung ist bereits jetzt auf ausländische Hilfe angewiesen. Zu den Kriegsschäden in dem Land hinzu kommt eine schwere Dürre . Nach UN-Angaben werden die Lebensmittelvorräte in dem Land am Hindukusch bereits jetzt knapp. (AFP)
Bild: dpa
Laschet schlägt transatlantische Initiative für Afghanistan vor
Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hat eine transatlantische Initiative vorgeschlagen, um zu erreichen, dass Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban nicht erneut zum Hort des Terrorismus wird. „Wir müssen jetzt transatlantisch gemeinsam verhindern, dass wieder ein rechtsfreier Raum in Afghanistan passiert “, sagte Laschet am Dienstag bei einer Veranstaltung des Vereins „Atlantik-Brücke“ in Berlin.
Ob eine afghanische Regierung rechtsfreie Räume dulden werde, liege auch daran, wie stark der Westen - die EU, die USA, Kanada, die Nato - gemeinschaftlich Einfluss auf die Taliban-Regierung nehme, sagte Laschet. „Wenn das abgestimmt gelingt, kann das gut gehen.“ Zugleich warnte er: „Wenn das in Afghanistan jetzt wieder schief geht, wird uns der Terrorismus wieder hier bei uns erreichen .“
Laschet sprach sich dafür aus, den Petersberger Prozess von 2001 wieder zu beleben. „Die Akteure zusammenzurufen und mal neue Ideen in die Außenpolitik hineinzutragen, ist doch gerade in dieser Zeit in Deutschland wichtig“, sagte er. Bei der Petersberger Konferenz in Königswinter bei Bonn hatten sich 2001 die ethnischen Gruppen Afghanistans auf eine Regelung für dauerhafte Regierungsstrukturen verständigt. In Berlin und Bonn fanden später weitere Afghanistan-Konferenzen statt.
Der CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident nannte die Entwicklung in Afghanistan einen Warnruf und einen bitteren Moment für den Westen und jeden, der transatlantisch ticke. Laschet, der selbst Mitglied der „Atlantik-Brücke“ ist, kritisierte auch das unabgestimmte Vorgehen der USA beim Abzug der Truppen: „Es war auch bitter, dass so nahtlos das beim Präsidenten Trump Begonnene eben mal umgesetzt wurde, ohne mit den Verbündeten darüber zu sprechen, wie machen wir das eigentlich geordnet mit einer Zukunftsperspektive .“ Zugleich unterstrich er, es gebe mit US-Präsident Joe Biden die Chance, auf einer gemeinsamen Wertebasis Politik zu machen . (dpa)
Taliban feiern Abzug westlicher Truppen mit Scheinbeerdigung
Die Taliban in Chost feiern den Abzug der letzten US-Truppen mit einer Scheinbeisetzung. Durch die Straßen der Stadt im Osten des Landes werden Fernsehaufnahmen zufolge Särge getragen, die mit den Flaggen der USA und anderer Nato-Staaten bedeckt sind . Die Menschenmenge schaut zu, hält Waffen hoch, schwenkt die Fahne der Taliban oder macht Aufnahmen mit dem Handy. (Reuters)
Maas dankt Katar für zentrale Rolle bei Evakuierung
Bundesaußenminister Heiko Maas dankt Katar für seine Hilfe bei den Evakuierung aus Afghanistan. "Katar hat in einer äußerst schwierigen Lage eine führende Rolle bei den Evakuierungen übernommen ", sagt Maas in Doha. Katar habe auch eine große Rolle bei der Organisation des Flughafens in Kabul gespielt. (Reuters)
EU will keine konkrete Zusage zur Aufnahme von Afghanen machen
Die EU will vorerst keine konkreten Zusagen zur Aufnahme von Menschen aus Afghanistan machen. „Anreize zur illegalen Migration sollten vermieden werden “, heißt es in einer am Dienstag bei einem Sondertreffen der Innenminister verabschiedeten Erklärung. Vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen seien die EU und ihre Mitgliedstaaten entschlossen, eine Wiederholung von großen und unkontrollierten illegalen Migrationsbewegungen zu verhindern.
Damit wurde auf die sogenannte Flüchtlingskrise in den Jahren 2015/2016 angespielt. Damals kamen Millionen von Migranten in die EU. Allein in Deutschland stellten rund 1,2 Millionen Menschen zum ersten Mal einen Asylantrag. Viele von ihnen stammten aus Syrien, wo 2011 ein Bürgerkrieg begonnen hatte. Um eine ähnliche Entwicklung nach der Machtübernahmen der Taliban in Afghanistan zu vermeiden, soll laut der Erklärung nun sichergestellt werden, dass notleidende Menschen in der unmittelbaren Nachbarschaft Afghanistans angemessen Schutz erhalten. Zudem werden unter anderem gezielte Informationskampagnen gegen die Narrative von Menschenschmugglern als geeignetes Instrument genannt.
Die Ansiedlung schutzbedürftiger Afghaninnen und Afghanen soll demnach nur dann erfolgen, wenn EU-Staaten dafür freiwillig Plätze anbieten. Auf die Frage nach einem möglichen Engagement Deutschlands verwies Bundesinnenminister Horst Seehofer darauf, dass sich die Bundesrepublik bislang immer an entsprechenden Initiativen beteiligt habe. Er wollte allerdings keine konkreten Zusagen machen. „ Ich halte es nicht für sehr klug, wenn wir jetzt hier über Zahlen reden , weil Zahlen natürlich etwas auslösen“, sagte der CSU-Politiker. Man wolle keinen „Pull-Effekt“ (Sog-Effekt) auslösen.
Kritik übte der CSU-Politiker an seinem luxemburgischen Amtskollegen Jean Asselborn, der zeitweise gedroht hatte, die EU-Erklärung wegen aus seiner Sicht unzureichender Unterstützungszusagen zu blockieren. „Herr Asselborn sollte ein bisschen stärker die Probleme betrachten, die die großen Länder in der Europäischen Union haben“, sagte er. Man rede nicht über ein paar hundert Personen, sondern über viele tausend, die jetzt schon in Deutschland seien. Luxemburg solle ein Stück mehr Rücksicht auf die Hauptaufnahmeländer nehmen.
Asselborn lenkte am Ende ein, nachdem die EU-Kommission zugesagt hatte, im September ein neues Neuansiedlungsforum zu organisieren. Dort könnten dann Länder zusagen, eine bestimmte Zahl Schutzbedürftiger aufzunehmen. (dpa)
Bild: dpa
Baerbock zu Flüchtlingen: "Wir haben Platz"
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zeigt sich bei einer Wahlkampfveranstaltung in Potsdam offen für die Aufnahme von Flüchtlingen. "Wir haben Platz. Wir können Menschenleben retten ." Man müsse auch im Wahlkampf Haltung zeigen. Die europäische Flüchtlingspolitik funktioniere nicht , sagt Baerbock weiter. Einzelne Länder müssten deswegen gemeinsam vorangehen. (Reuters)
Taliban-Führungsrat tagte drei Tage lang im Süden Afghanistans
Der Führungsrat der militant-islamistischen Taliban hat drei Tage lang in der Provinz Kandahar im Süden Afghanistans getagt. Das teilte der Sprecher der Islamisten, Sabiullah Mudschahid, am Dienstag auf Twitter mit. Demnach wurden bei dem Treffen unter Leitung des Taliban-Führers Haibatullah Achundsada von Samstag bis Montag unter anderen die aktuelle politische Situation, die Sicherheit im Land sowie gesellschaftliche Themen im Detail besprochen.
Zudem hätten wichtige Konsultationen zur Bildung einer neuen islamischen Regierung und eines neuen islamischen Kabinetts im Land stattgefunden, hieß es weiter. Am Ende des Treffens habe Achundsada den Mitgliedern des Führungsrates umfassende Anleitungen gegeben. Wo genau das Treffen stattgefunden hat, dazu gab es keine Angaben. (dpa)
Etwa 1250 Kanadier und Aufenthaltsberechtigte in Afghanistan
Nach dem Ende der Luftbrücke aus Kabul befinden sich nach Angaben des kanadischen Außenministeriums noch immer etwa 1250 Kanadier, Aufenthaltsberechtigte sowie deren Familienmitglieder in Afghanistan. Für den Moment sollten diese an Ort und Stelle bleiben und abwarten , während die Regierung mit den Taliban über eine sichere Ausreise für alle Betroffenen verhandle, sagte Außenminister Marc Garneau am Dienstag übereinstimmenden Medienberichten zufolge. Zudem wolle Kanada 5000 geflüchtete Afghanen aufnehmen , die von den USA in Sicherheit gebracht worden waren. (dpa)
Ereignisse in Afghanistan befeuern Debatte über EU-Eingreiftruppe
Die Ereignisse in Afghanistan zeigen aus Sicht des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, dass die Europäische Union eine eigene schnelle militärische Eingreiftruppe braucht . Borrell sei gewillt, die Diskussion darüber voranzutreiben, sagte ein ranghoher EU-Beamter am Dienstag in Brüssel. Eine solche Eingreiftruppe hätte demnach zum Beispiel genutzt werden können, um nach dem Abzug der USA einen Weiterbetrieb des Flughafens in Kabul für Evakuierungsflüge abzusichern.
Die bisherigen Überlegungen sehen vor, eine rund 5000 Soldaten starke Einheit zu schaffen , die innerhalb kurzer Zeit in Krisenländer verlegt werden kann. Sie soll zum Beispiel auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus in Ländern wie Mali zum Einsatz kommen können. Berichte, nach denen Borrell sogar eine 50 000 Soldaten starke Einheit anstrebt, wurden am Dienstag nicht bestätigt. Die bereits existierenden, aber bislang noch nie eingesetzten Krisenreaktionskräfte der EU sollen den Planungen zufolge im Idealfall in die neue Einheit integriert werden. Sie bestehen in der Regel aus zwei sogenannten Battlegroups mit im Kern jeweils rund 1500 Soldaten, die wechselnd von unterschiedlichen EU-Staaten zur Verfügung gestellt werden.
Deutschland und rund ein Dutzend andere Staaten hatten sich bereits im Frühjahr für den Aufbau einer schnellen EU-Eingreiftruppe ausgesprochen. Zum Beispiel Polen und die baltischen Staaten unterstützten die Pläne damals allerdings nicht. Als ein Grund gilt, dass diese Länder in Militär- und Verteidigungsfragen bislang vor allem auf die Nato setzen und eine mögliche Schwächung des Bündnisses mit den USA befürchten. Die nächsten Diskussionen zum Thema könnte es an diesem Mittwoch und Donnerstag in Slowenien geben . Dort treffen sich die Verteidigungsminister der EU-Staaten zu informellen Gesprächen. Borrell und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sind mit dabei. (dpa)
Bild: AFP
USA haben Militär-Ausrüstung auf Flughafen unbrauchbar gemacht
Die USA haben vor ihrem Truppenabzug aus Afghanistan dem Pentagon zufolge militärisches Gerät auf dem Flughafen Kabul unbrauchbar gemacht. „Das Einzige, was wir funktionsfähig gelassen haben, sind ein paar Feuerwehrautos und ein paar Gabelstapler , so dass der Flughafen in Zukunft weiter in Betrieb bleiben kann“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Dienstagmorgen (Ortszeit) dem Sender CNN. Fluggeräte und Fahrzeuge könnten nicht mehr benutzt werden.
Um eine Minute vor Mitternacht Kabuler Zeit am späten Montagabend war das letzte US-Militärflugzeug vom Flughafen Kabul abgehoben. Damit haben die USA ihren Militäreinsatz in Afghanistan nach fast 20 Jahren beendet. Der Abflug der Amerikaner machte Taliban-Kämpfern den Weg auf das Flughafengelände frei, das sie sofort erkundeten. In einem Video ist zu sehen, wie Männer mehrere Chinook-Helikopter inspizieren. Man sei nicht „übermäßigt besorgt“ über diese Bilder, sagte Kirby. „Wir haben alles getan, was wir konnten, um sicherzustellen, dass diese Ausrüstung in Zukunft nicht mehr von ihnen benutzt werden kann.“ (dpa)
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