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Monday, August 30, 2021

Zu viele infizierte Kinder: Kultusminister wollen Quarantäne-Regeln in Schulen aufweichen - Giffey stellt sich dagegen - News4teachers

BERLIN. Bei einem Corona-Fall in einer Schule soll nur noch das infizierte Kind in Quarantäne, nicht mehr die Sitznachbarn oder sogar die ganze Klasse. Das haben Berlins Amtsärzte jetzt festgelegt – entsprechend einer Linie, die die Kultusministerkonferenz für ganz Deutschland fordert. Doch dagegen formiert sich jetzt Widerstand innerhalb der SPD: unter anderem von Ex-Bundesfamilienministerin Giffey. Auch Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach mag den Kurs nicht mittragen. Er spricht von „Durchseuchung“ und warnt vor den Gesundheitsfolgen von Coronainfektionen für Kinder. 

„Große Vorsicht ist geboten“: die Spitzenkandidatin der Berliner SPD, Franziska Giffey. Foto: SPD Berlin / Jonas Holthaus

Ein Corona-Fall, viele Kinder in Quarantäne – mit diesem Kurs in der Seuchenbekämpfung wollen die Berliner Amtsärzte Schluss machen. Nur noch Kinder mit einem positiven PCR-Test sollen sich 14 Tage absondern, Kontaktpersonen außerhalb der engsten Familie nicht mehr ermittelt werden.

Das entspricht nicht den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), wohl aber einem Wunsch der Kultusministerkionferenz. „Das RKI muss jetzt mal schauen: Wie kann es sein, dass wir SchülerInnen nach wie vor 14 Tage in Quarantäne schicken, während Reiserückkehrer sich nach fünf Tagen freitesten können. Das ist jetzt Aufgabe des Bundes, hier entsprechend andere Entscheidungen herbeizuführen. Damit diese vielen Quarantänemaßnahmen, die jetzt durch die Gesundheitsämter vollzogen werden, ein Ende finden“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer im WDR – trotz dramatisch steigender Infektionszahlen unter Schülerinnen und Schülern insbesondere in Nordrhein-Westfalen, worüber News4teachers aktuell berichtet.

Auch Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), Sprecher der SPD-geführten Kultusministerien in Deutschland, will andere Quarantäne-Regeln für Schülerinnen und Schüler bei Corona-Infektionen. «Es ist nicht nachvollziehbar, warum Kinder, bei denen die Krankheit zügiger verläuft und schneller abklingt, trotzdem 14 Tage in Quarantäne bleiben müssen und zudem keine Möglichkeit haben sich freizutesten», sagte Rabe der «Welt am Sonntag». Viele Eltern und Schulen seien unzufrieden mit den Quarantäne-Regeln. «Auch die Kultusministerkonferenz sieht die jetzigen Regeln kritisch», sagte Rabe. Deshalb sei sie auch mit dem Robert Koch-Institut im Dialog, um eine Verkürzung der Quarantäne-Regelung und eine Möglichkeit zur Freitestung zu schaffen.

Doch führende SPD-Politikerinnen sprechen sich jetzt dagegen aus. Kritik kommt sowohl von Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci als auch von der (laut Umfragen aussichtsreichen) Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, der früheren Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

«Angesichts steigender Zahlen bei den Jüngeren können wir uns eine Aufweichung der Quarantäneregeln in Schulen und Kitas nicht leisten»

«Angesichts steigender Zahlen in den jüngeren Altersgruppen können wir uns eine Aufweichung der Quarantäneregeln in Schulen und Kitas nicht leisten», teilte Giffey mit. Kalayci warf insbesondere dem Bezirk Neukölln am Samstag vor, gegen Recht zu verstoßen. «Auch Schülerinnen und Schüler, die sich besonders nahe sind, müssen in die Absonderung – auch wenn man hierbei die besonderen Hygieneregeln in der Schule berücksichtigen kann.» Bei unter 12-jährigen sei große Vorsicht geboten, weil für sie noch kein Impfstoff zugelassen ist.

Am Sonntag wurden dann Überlegungen bekannt, die Quarantäne für Kontaktpersonen von 14 auf 5 Tage zu verkürzen. Eine entsprechende Beschlussvorlage für die Senatssitzung am Dienstag sei in Arbeit, hieß es in Senatskreisen. Hintergrund sei «die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die Infektion bei einem Mitschüler oder Mitschülerin als Kontaktperson innerhalb von 5 Tagen in Erscheinung tritt».

Die Idee geht auf einen Vorschlag des Chef-Virologen der Berliner Charité, Prof. Christian Drosten, zurück. «Einerseits ist die bisherige Dauer der Quarantäne für Schüler von Klassen, in denen Covid-19-Fälle bestätigt wurden, unerträglich lange», sagt er. Statt der geltenden 14 Tage sollten die Schüler künftig nur fünf Tage in Quarantäne geschickt werden. Das sei ein akzeptabler Zeitraum. Andererseits solle aber künftig nicht wie bisher mit der Quarantäne gewartet werden, bis ein zweiter Covid-19-Fall in der Klasse vorliege. «Besser ist Quarantäne für die ganze Klasse sofort beim ersten Fall, das aber kurz.»

«Kinder- und Jugendliche erkranken erfreulicherweise selten, meistens gar nicht und wenn dann nicht schwer»

Neuköllns Amtsarzt Nicolai Savaskan wies unterdessen den Vorwurf zurück, ihm und seinen Kollegen gehe es in erster Linie um eine Entlastung der Gesundheitsämter. Der Kurswechsel sei wissenschaftlich geboten. Es sei ohne Rücksicht auf den politischen Kalender zu entscheiden, fügte Savaskan mit Blick auf den laufenden Wahlkampf hinzu. «Unsere Kinder und Jugendlichen in der Gemeinschaft zu stärken, ihnen Bildung zu vermitteln, trägt zum gesundem Aufwachsen bei.» Die Quarantäne sei eine körperliche und seelische Belastung. «Kinder- und Jugendliche erkranken erfreulicherweise selten, meistens gar nicht und wenn dann nicht schwer», heißt es in einer Stellungnahme der Amtsärzte.

Die Gesundheitsämter wollen demnach künftig nur noch Kinder und Jugendliche mit einem positiven PCR-Test in eine 14-tägige Quarantäne schicken. Kontaktpersonen außerhalb der engsten Familie würden nicht mehr ermittelt. Eine Maskenpflicht an Schulen soll aber weiter gelten. Mit der neuen Strategie sind künftig nur noch ungeimpfte Eltern und Geschwister von der 14-tägigen Quarantäne mitbetroffen. Für Sitznachbarn in der Schule gilt das dann zum Beispiel nicht mehr, sofern die Schutzmaßnahmen eingehalten wurden.

Das Robert-Koch-Institut warnt weiter davor, die geltenden Schutzregeln an Schulen aufzuweichen – aufgrund der „Verbreitung deutlich stärker übertragbarer Virusvarianten (..), die möglicherweise mit einem schwereren Krankheitsverlauf assoziiert sind. Gerade für das Kindes- und Jugendalter ist hier die Datenlage noch unsicher. Auch aufgrund dieser Entwicklung ist weiterhin die konsequente Umsetzung der bewährten infektionspräventiven Maßnahmen im Schulsetting sehr wichtig, um eine Verbreitung der Infektionen in diesen weitgehend ungeimpften und daher suszeptiblen Altersgruppen zu verhindern.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte die Ankündigung der Berliner Amtsärzte scharf kritisiert. „Berlin kapituliert vor der Delta Variante in Schulen. Nur infiziertes Kind muss in Quarantäne. Nicht die Kontakte. Damit ist komplette Durchseuchung der Kinder in Berlins Schulen wahrscheinlich“, warnte er auf Twitter.

Angesichts der aktuellen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen – bei den Grundschülern (Fünf- bis Neunjährige) liegt die Inzidenz bei 316,4, bei den Sekundarstufe-I-Schüler (Zehn- bis 14-Jährige) bei 372,8 – schlägt Lauterbach Alarm und legt nach: „Bei Kindern in NRW ist Inzidenz inzwischen so hoch dass auch seltene Komplikationen zu oft vorkommen. Covid führt auch oft zu einer pathologischen Reaktion an den Gefässen. Und das im Wachstum. Mich überrascht, dass bei der Dimension der Durchseuchung die Kinderärzte schweigen.“ News4teachers / mit Material der dpa

Infektionszahlen unter Schülern explodieren – Lauterbach: „Wir verlieren bei den Kindern in NRW komplett die Kontrolle“

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