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Monday, August 2, 2021

Recht und Steuern: Steuerbilanz der großen Koalition: Viele Reformen, viel Stückwerk - Handelsblatt

Steuerakten

Die großen Schwachpunkte im Unternehmensteuerrecht ist die Politik nicht angegangen.

(Foto:&#160imago/fossiphoto)

Berlin Die vergangenen vier Jahre haben für Unternehmen in der Steuerpolitik einige Veränderungen gebracht. Der Einstieg in die steuerliche Forschungsförderung gelang, Unternehmen können frei ihre Rechtsform wählen, und am Ende der Legislaturperiode setzte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) noch eine globale Mindeststeuer durch.

Doch trotz dieses Arbeitsnachweises fällt die Bilanz der Großen Koalition in der Steuerpolitik aus Sicht der Wirtschaft bestenfalls gemischt aus. Die großen Schwachpunkte im Unternehmensteuerrecht ist die Politik nicht angegangen. Und die Reformen, die auf den Weg gebracht wurden, sind in Teilen wenig hilfreich oder bringen vor allem eines: mehr Bürokratie.

Ein Beispiel ist die neue Wahlmöglichkeit bei der Rechtsform. Personengesellschaften können künftig wählen, ob sie wie eine Kapitalgesellschaft besteuert werden wollen. Dies soll verhindern, dass Personengesellschaften, die 85 Prozent aller Betriebe ausmachen, gegenüber Kapitalgesellschaften steuerlich benachteiligt werden.

Doch Steuerexperten wie Friedrich Heinemann vom Wirtschaftsinstitut ZEW zweifeln, dass die Reform viel bringen wird. „Die erleichterte Wahlmöglichkeit ist zu begrüßen, sie dürfte letztlich aber von wenigen Unternehmen genutzt werden.“ Denn während eine Personengesellschaft Verluste mit anderen Einkünften verrechnen kann, kann eine Kapitalgesellschaft dies nicht.

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Auch bleibt die Wahlmöglichkeit Einzelunternehmen und Gesellschaften bürgerlichen Rechts verwehrt. Wichtiger wäre aus Sicht von Wirtschaftsverbänden ohnehin gewesen, die Regeln für die Einbehaltung von Gewinnen für Personengesellschaften zu vereinfachen.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz

Die Bilanz der großen Koalition in der Steuerpolitik fällt aus Sicht der Wirtschaft bestenfalls gemischt aus.

(Foto:&#160dpa)

Weil diese Praxis hochkomplex ist, machen viele Unternehmen davon nicht Gebrauch – was erst zu der steuerlichen Benachteiligung führt. „Eine praxistaugliche Ausgestaltung ist weiterhin dringend notwendig“, sagt Monika Wünnemann, Steuerexpertin vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

Ebenfalls unzufrieden ist die Wirtschaft mit der Reform des Außensteuergesetzes. Deutsche Firmen müssen im Ausland erzielte Gewinne in Deutschland nachversteuern, wenn sie dort mit weniger als 25 Prozent belastet wurden.

Blockade beim Verlustrücktrag

Das Finanzministerium hatte in Aussicht gestellt, die Schwelle auf 15 Prozent abzusenken, rückte dann aber wieder davon ab. Gleichzeitig verschärfte die Bundesregierung das Steuerrecht im Falle des Wegzugs eines Gesellschafters. Steuerpolitische Blockaden gab es aus Sicht der Wirtschaft auch bei der Bewältigung von Corona. Hier war ein höherer Verlustrücktrag – also die steuerliche Verrechnung von aktuellen Verlusten mit Gewinnen aus der Vergangenheit – für alle Ökonomen das Mittel der Wahl.

Die Bundesregierung weitete die Grenzen aber nur etwas aus. Begründung: Ein noch großzügigerer Verlustrücktrag sei zu aufwendig und lade zur Steuergestaltung ein. Kritik muss sich die Bundesregierung auch für ihren Kampf gegen Steuerdumping anhören. „Im globalen Steuerwettbewerb hat die Regierung stark auf die Strategie gesetzt, diesen Wettbewerb zu begrenzen, anstatt sich ihm zu stellen“, sagt Heinemann.

Das neue Außensteuerrecht und die Veröffentlichung von Unternehmensteuerdaten erhöhten die Bürokratie deutlich. Und bevor Maßnahmen überhaupt eingeführt und evaluiert seien, würden bereits neue eingeleitet. „Das grenzt an einen kostspieligen Aktionismus“, sagt Heinemann.

Unternehmen berichten jedenfalls davon, dass Komplexität, Rechtsunsicherheit und die Gefahr von Doppelbesteuerung zunehmen. Dies schließt auch die jüngste globale Steuerreform, die eine Mindestbesteuerung und eine neue Digitalbesteuerung vorsieht, ein. Dass sich die Bundesregierung für ein international koordiniertes Vorgehen eingesetzt habe, wird von BDI-Expertin Wünnemann ausdrücklich gelobt. „Allerdings entstehen für die Unternehmen hierdurch hohe bürokratische Zusatzbelastungen, die zu den erwarteten Mehreinnahmen in keinem Verhältnis stehen.“

Lob bekommt die Bundesregierung dagegen für ihren Einstieg in die steuerliche Forschungsförderung, über den seit Jahrzehnten diskutiert wurde. Die Förderung sei allerdings noch ausbaufähig, finden Wirtschaftsverbände. Und laut BDI müssen in der neuen Wahlperiode weitere Maßnahmen auf die Agenda: eine bessere Verlustverrechnung, bessere Abschreibungsregeln und eine Senkung der Steuerbelastung für Firmen auf 25 Prozent.

Mehr: Was eine Senkung der Unternehmensteuern wirklich bringen würde

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