Bis in den Urlaub hinein verfolgten Erling Haaland die Gerüchte um seine Zukunft. Wirklich stören tut den selbstbewussten BVB-Profi das nicht. Der 21-Jährige hat sich viel vorgenommen für die neue Saison beim BVB - und hat einen klaren Auftrag für seinen neuen Sturmpartner Donyell Malen.
Dortmunds Erling Haaland am Dienstag im Traininslager in Bad Ragaz. picture alliance/dpa/Revierfoto
Aus dem Dortmunder Trainingslager in Bad Ragaz (Schweiz) berichtet Matthias Dersch
Man hat bei Erling Haaland ja eigentlich nie das Gefühl, als können diesen 1,94 Meter großen und 88 Kilogramm schweren Athleten etwas aus der Bahn werfen oder irritieren. Weder ein Gegenspieler. Noch eins der vielen Gerüchte um seine Zukunft. Doch auch bei dem 21-jährigen Norweger in Diensten von Borussia Dortmund gibt es offenbar gewisse Grenzen. Konfrontiert mit der enormen Summe von 175 Millionen Euro, die der FC Chelsea laut Boulevard-Meldungen aus England angeblich bereit sei, in diesem Sommer für ihn zu zahlen, wird der BVB-Stürmer am Dienstag in einer Medienrunde dann doch ein klein bisschen nachdenklich: "Ich hoffe, dass es nur Gerüchte sind. Denn das wäre wahnsinnig viel Geld für eine Person."
Ich hoffe, dass es nur Gerüchte sind. Denn das wäre wahnsinnig viel Geld für eine Person.
Erling Haaland
Manch einer würde wohl sagen: Viel zu viel Geld für eine Person. Aber die irrwitzigen Summen, die immer mal wieder verbunden mit seinem Namen durch die Medien geistern, verdeutlichen, welchen Status Haaland inzwischen im Fußballzirkus genießt. Auch ohne Teilnahme an der jüngsten Europameisterschaft ist er eine der Hauptattraktionen einer Branche, die während der Corona-Pandemie schmerzhaft erkennen musste, dass auch ihr Wachstum Grenzen kennt. Nur gelten diese eben nicht für Topstars wie Haaland, für die sich im Zweifel wohl immer jemand finden lässt, der bereit ist, jede Vernunft hinter sich zu lassen, weil er sich von ihm Tore, Titel, Triumphe – und fette (Werbe-)Einnahmen – erhofft.
Haaland: "Ich genieße meine Zeit hier beim BVB"
In diesem Sommer aber wird Haaland – zumindest nach Stand der Dinge – nicht den Klub wechseln. Einen Monat lang habe er sich nicht einmal mit seinem Berater Mino Raiola unterhalten, schildert Haaland am Dienstag, das sage ja wohl alles über sein Interesse an diesen Gerüchten aus. Ja, zugegeben, man könne die Schlagzeilen auch im Urlaub nicht ganz ausblenden, aber "ich habe dazu nicht viel zu sagen. Ich genieße meine Zeit hier beim BVB." Und das sieht man ihm auch durchaus an, wenn er mit dem neuen Co-Trainer Rene Maric, den er wie den Rest des neuen BVB-Trainerteams noch aus gemeinsamen Salzburger Zeiten kennt, fachsimpelt oder – wie am Montag – nach dem regulären Training Extraschichten mit Alexander Zickler schiebt, dem ersten Assistenten des neuen Cheftrainers Marco Rose.
Drei Jahre noch läuft Haalands Vertrag beim BVB, doch bereits im kommenden Sommer gibt es für den Norweger eine Ausstiegsmöglichkeit. Für 85 Millionen Euro kann er den Klub dann verlassen. Es ist eine regelrechte Schnäppchensumme angesichts der Fabelzahlen, die – siehe oben - derzeit kursieren. Es gehört daher nicht sonderlich viel Fantasie dazu, zu behaupten, dass Haaland in sein letztes Jahr bei der Borussia geht. Doch für diese Saison hat er sich laut eigener Aussage viel vorgenommen.
Haaland erhofft sich von Rose eine Weiterentwicklung
Kennen und schätzen sich aus gemeinsamen Salzburger Tagen: Erling Haaland und Marco Rose. DeFodi Images via Getty Images
Der DFB-Pokalsieg im Mai hat auch Haaland gezeigt, was mit dem BVB möglich ist, wenn die Räder ineinandergreifen. Wichtig sei dieser Titel gewesen, sagt er, für ihn selbst, aber auch für den Klub und dessen Entwicklung. "Aber in der neuen Saison müssen wir noch mehr Spiele gewinnen, müssen stabiler werden als Team", fordert er. Dafür sorgen soll neben den Spielern vor allem Rose, den Haaland ebenfalls bereits aus Salzburg kennt. "Ich glaube an ihn", sagt der Stürmer über seinen alten und neuen Trainer – und das, obwohl der 44-Jährige ihn einst als jungen Spund in Österreich nur wenig spielen ließ. Warum also dieses Vertrauen in Rose? Haaland verweist auf die damalige Salzburger Spielweise, die auch in Dortmund nicht unbemerkt blieb und Rose früh auf den Zettel der BVB-Bosse brachte. "Da waren elf Spieler auf dem Platz, die füreinander gekämpft haben und füreinander gerannt sind", sagt der Norweger, der sich auch persönlich eine Weiterentwicklung unter Rose erhofft.
Haaland wil noch besser, noch effektiver, noch vielseitiger werden
Er wolle noch besser, noch effektiver, noch vielseitiger werden, sagt Haaland. Immer wieder trainiert er daher derzeit seinen schwächeren rechten Fuß. "Ich möchte mehr Tore mit rechts erzielen, aber auch mit dem Kopf oder mit links", sagt er. "Noch mehr?", mag man sich da fragen angesichts von 57 Toren in 59 Pflichtspielen für den BVB. Doch Haaland ist Perfektionist, er strebt nach dem Maximum. Eine vergebene Chance hängt ihm weit länger nach als ein erzieltes Tor. "Wenn ich jede Chance genutzt hätte in der vergangenen Saison, dann wäre ich der Topscorer gewesen. Doch das war ich nicht", sagt er am Dienstag. Das zeige ihm, dass er sich noch verbessern könne, und zwar "in allem".
Dass ihm in Jadon Sancho, der künftig für Manchester United aufläuft, ein kongenialer Zulieferer weggebrochen ist, hat Haaland akzeptiert. Er kennt das Geschäft, ist selbst Teil davon. Hoffnung legt er in seinen neuen Sturmpartner Donyell Malen, der am Dienstag aufgrund einer Sondergenehmigung durch seinen bisherigen Klub PSV Eindhoven erstmals mit der Mannschaft trainierte, obwohl der Transfer aufgrund von Details bislang noch nicht offiziell bestätigt werden konnte. Wie Haaland wird auch Malen von Raiola beraten. Die Drähte untereinander sind also kurz, die ersten Gespräche der beiden haben bereits stattgefunden. "Ich habe Donyell gesagt, dass er mir viele Bälle vorlegen muss, sonst bin ich sauer auf ihn", berichtet Haaland vom ersten Austausch untereinander. Dann lacht er und schiebt hinterher: "Er muss vom ersten Moment an liefern."
Es gab schon Spieler, die eine solche Ansage eines Mitspielers unter Druck gesetzt hat. Ob Malen einer dieser Spieler ist, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Haaland selbst zählt wohl nicht zu dieser Kategorie. Der Angreifer überzeugte in Dortmund vom ersten Moment an und noch dazu äußerst konstant über nunmehr anderthalb Jahre. Druck ist für ihn kein Hemmschuh, sondern Antrieb. "Wir müssen positive Energie und Leistung bringen", sagt er über sich und Malen, mit dem er künftig ein echtes Angriffsduo bilden könnte, "dafür sind wir hier." Und da ist er dann wieder, der selbstbewusste junge Mann, den so gut wie nichts bremsen kann.
Haalands Auftrag an Neuzugang Malen: "Er muss mir viele Bälle vorlegen" - kicker
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