Stand: 25.06.2021 14:28 Uhr
Die Homeoffice-Pflicht läuft Ende Juni aus. Trotzdem wollen viele Firmen ihren Beschäftigten die Arbeit von zu Hause aus weiter ermöglichen. Corona hat die Arbeitswelt innerhalb kürzester Zeit radikal verändert.
Von Alex Jakubowski, hr
Ein doppelter Espresso im Wohnzimmer auf dem Sofa, ein Laptop und los geht's. Es ist 9 Uhr morgens, Frédéric Schäfer loggt sich in die erste Videokonferenz des Tages ein. Team-Check-in heißt das im Branchenjargon.
Der 37-Jährige ist Senior Digital Media Consultant bei der Frankfurter Agentur Vier für Texas. Seit dem Corona-Lockdown ist Homeoffice für ihn Alltag. Erst in New York, dann Hongkong, seit sechs Wochen auch in Frankfurt am Main. "Es ist okay für mich. Man stellt fest, was alles geht. Aber eigentlich vermisse ich die Büro-Atmosphäre, den Austausch mit den Kollegen. Kreative brauchen einfach den direkten Kontakt", meint er.
Was aus der Not geboren wurde, machte die Agentur schnell zur Tugend. "Als die Pandemie ausbrach, waren alle 50 Kolleginnen in wenigen Tagen im Homeoffice. Wir haben die Computer mit Taxen nach Hause gebracht, die Daten kamen mit portablen Festplatten mit, die ersten Lizenzen wurden gekauft - für die Videokonferenzen", erklärt Geschäftsführer Björn Eckerl. "Jetzt gibt es die Agentur eben an 50 Standorten in ganz Deutschland."
Homeoffice wird akzeptiert
Ganz ähnlich fand der Umstieg in die Heimarbeit bei der Versicherung Alte Leipziger statt. Am Sitz in Oberursel war anfangs vor allem die IT gefordert. Mittlerweile sind von den bundesweit mehr als 3000 Beschäftigten 90 Prozent technisch in der Lage, von zu Hause aus zu arbeiten. 75 Prozent tun dies im Durchschnitt derzeit auch. "Für die überwiegende Zahl der Mitarbeiter war das Arbeiten von zu Hause aus eine gänzlich neue Situation", erklärt Pressesprecher Andreas Bernhardt. "Die fand aber schnell Akzeptanz, weil jeder verstand, dass der Schutz vor Ansteckung es erforderte."
Das deckt sich mit einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg. Demnach nahm der Wunsch nach mehr Arbeit von zu Hause aus in der Corona-Pandemie sogar zu. Die überwiegende Mehrheit (61 Prozent) der Befragten, die im Homeoffice arbeiten, nehmen diese Art der Arbeit als hilfreich und wenig belastend wahr. Für zwölf Prozent ist Homeoffice weder hilfreich noch belastend. Acht Prozent sehen es zwar als hilfreich aber auch belastend an. Die übrigen 18 Prozent sehen das Arbeiten zu Hause als negativ an.
Freiwillige Verlängerung
Digital affine, junge Beschäftigte schätzten das Angebot zu Hause zu bleiben sehr, heißt es bei der Versicherung Alte Leipziger. Vor allem jene mit kleinen Kindern, bei denen Schulen und Kitas geschlossen oder im Notbetrieb waren. Im Rahmen einer betriebsinternen Befragung gaben 78 Prozent an, dass sie bei der Arbeit von zu Hause Berufs- und Privatleben gut miteinander vereinbaren können.
Im Unternehmen hat man sich daher entschieden, das Homeoffice auch über das Auslaufen der gesetzlichen Regelung am 30. Juni hinaus zu ermöglichen. Sofern die technischen Voraussetzungen dafür gegeben sind und die Tätigkeit es zulässt, können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Abstimmung mit den Vorgesetzten bis Ende September von zu Hause aus arbeiten. Allerdings wird es auch wieder Pflicht-Präsenztermine geben. "Wir gehen ohnehin davon aus, dass viele unserer Kolleginnen und Kollegen in nächster Zeit wieder öfter ins Büro kommen", so Pressesprecher Bernhardt. Denn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mittlerweile vollständig geimpft.
Alternativen möglich
Bei der Agentur Vier für Texas musste man sich erst intensiv in die "New Work"-Arbeitsweise einfinden. Wenngleich das gut geklappt hat, favorisiert Geschäftsführer Eckerl künftig eine Mischform. "Wir haben uns für ein Hybrid-Modell entschieden", meint er. Von Montagmorgen bis Mittwochmittag sollen die Beschäftigten ins Büro kommen. Danach ist allen freigestellt, "remote" zu arbeiten. Die Agentur erhofft sich so, Reibungsverluste und Unklarheiten zu vermeiden, nach dem Motto: Ist XY eigentlich heute da oder nicht?
Eine Version des Homeoffice, die Frédéric Schäfer durchaus entgegenkommt. "Wir freuen uns wahnsinnig, wenn wir uns wieder alle zusammensetzen können", meint der Social-Media-Manager, der im Moment oft bis 19 Uhr oder länger vor dem Rechner sitzt und von einer Video-Konferenz zur nächsten wechselt. Noch mehr aber freut er sich darauf, nach Feierabend wieder mit Menschen zusammenzukommen, wenn Corona es zulässt. Im echten Leben, nach Feierabend - egal, ob nach dem Homeoffice oder Büroalltag.
Pflicht läuft aus: Homeoffice bleibt eine Alternative | tagesschau.de - tagesschau.de
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