-
vonKathrin Rosendorff
schließen
Die obligatorischen Corona-Schnelltests sorgen bei einigen Friseuren in Frankfurt für weniger Kundschaft. Andere merken keinen Unterschied und Kund:innen zeigen stolz ihren negativen Test oder Impfnachweise.
Said Al Hassan steht in der Tür des kleinen Herrenfriseursalons „ Haarstudio Royal“ und beobachtet das Geschehen auf der Münchener Straße. Der Friseur ist müde - vor Langeweile. „Die Situation stresst mich sehr“, sagt er. Es ist kurz nach zwölf Uhr mittags an diesem Mittwoch im Frankfurter Bahnhofsviertel. Bislang hatte er keinen einzigen Kunden. „Die Kunden haben Angst“, sagt er. „Sie denken es ist zu eng hier drinnen, dass, wenn einer Corona hat, gleich alle Corona haben.“ Egal ob jung oder alt, alle hätten seit Wochen Respekt vor den steigenden Inzidenzwerten. Und nun erschwerten seit dieser Woche die obligatorischen Schnelltests die Situation.
Den wenigen Spontan-Kunden, die kommen, sagt Said gleich, sie könnten den Schnelltest in der Apotheke um die Ecke machen. „Sie sagen: ‚Ja, Ja’, gehen und kommen aber nie wieder“, sagt der Friseur kopfschüttelnd. „Dabei ist der Test sogar kostenlos.“ Im „Haarstudio Royal“ sitzen nur zwei Kunden: ein junger Mann, und ein kleiner Junge, dessen Vater draußen wartet, mit Maske. Er traue sich nicht rein, sagt er. Weitere drei Friseure sitzen im Salon herum, ohne Arbeit.
Vor Corona sei der Laden immer rappelvoll gewesen, erinnert sich Said Al Hassan. So wie es jetzt ist, ergebe es keinen Sinn überhaupt offen zu bleiben. Gegenüber, in dem Herrensalon „Goldene Schere“ herrscht ebenfalls gähnende Leere. Der Inhaber, Fathi Atli, sitzt vor der Tür und raucht. Seine Kunden hätten „keine Lust“, einen Test zu machen. „Sie haben Angst, dass sie positiv getestet werden“, mutmaßt er. 14 Tage Quarantäne könnten sich die meisten nicht leisten, sie müssten schließlich arbeiten gehen. Einer seiner Angestellten habe am Dienstag nur einen Kunden gehabt. „Ich muss ihn trotzdem Vollzeit bezahlen. Er war von 8 bis 16 Uhr hier.“ Der Salon kämpfe ums Überleben. Die Einnahmen seien wegen Corona stark zurückgegangen. Hinzu kämen Bußgelder an das Ordnungsamt, wegen Verstößen gegen die Coronamaßnahmen. Es sei dabei immer nur um „Kleinigkeiten“ gegangen, sagt der Inhaber. „Wenn die Maske nur kurz mal auf Halbmast hängt, ist man sofort fällig. Bam! 500 Euro.“ Fast täglich kämen das Ordnungsamt oder die Polizei vorbei. „Sie stehen vor der Tür, und warten nur darauf, dass einer einen Fehler macht“, so empfindet es zumindest Fatih Atli.
Im Sevens Salon, keine zwei Kilometer weiter im Westend, sieht die Lage ganz anders aus. „Das Ordnungsamt war noch nie bei uns“, sagt Robert Beist, ein Friseurmitarbeiter im Salon. Hier kämen die Kundinnen und Kunden weiterhin, trotz Corona, zahlreich und regelmäßig. Seit Mittwoch nun sogar „freudig mit dem Impfpass wedelnd.“ Denn 14 Tage nach der zweiten Covid-19-Impfung darf man nun auch in Hessen ohne negativen Schnelltest kommen. Gegen Schnelltests hätten die meisten der noch nicht geimpften Kunden und Kundinnen nichts, so Beist. Manche sind sich allerdings etwas im Unklaren darüber, wie und wo der Test gemacht werden muss. „Es kamen Kunden schon stolz mitsamt Testkit an und dachten, wir würden sie hier im Salon testen“, sagt Beist. Diese müsse er enttäuschen: Er arbeite „am Kopf nicht im Kopf“. Eine Friseurin mit einem schnieken Friseursalon in der Innenstadt schickt derweil ihren einzigen Mitarbeiter um 14 Uhr nach Hause, weil dieser nur zwei Kunden an diesem Tag hat. „Seit Samstag bekomme ich sehr viele Absagen. Viele meiner Stammkunden sagen, es ist ihnen zu aufwendig, einen Termin für einen Schnelltest zu organisieren und dann auch noch irgendwo hinzugehen, nur um sich die Haare schneiden lassen zu dürfen.“ Die Kundinnen und Kunden, die alle mit obligatorischer FFP-2-Maske kommen, präsentieren stolz ihre ausgedruckten Testergebnisse wie Erstklässler ihr erstes Zeugnis.
An diesem Tag kommt bei ihr niemand vom Ordnungsamt vorbei und kontrolliert die Tests. Ein Sprecher des Frankfurter Ordnungsamts sagt, dass sie das Vorliegen der Schnelltests im Rahmen üblicher Kontrollen mitabdeckten oder wenn Beschwerden ihnen zugetragen würden. Aber flächendeckend sei das nicht möglich. Die Friseurin sagt, auch vor der Schnelltest-Pflicht, sei der April, nach einem sehr umsatzstarken März bei der Wiederöffnung nach dem Lockdown, sehr ruhig gewesen.
„Denn seitdem die Inzidenzzahlen steigen, steigt auch die Angst bei meinen Kunden, sich oder ihre Eltern, die sie pflegen, anzustecken.“ Diesen Monat gehe sie zum ersten Mal seit 30 Jahren als Friseurin ins Minus. „Ich wünschte mir, dass wir als Friseure wieder schließen müssten und Kurzarbeitgeld bekämen. Ich weiß nicht, wie lange ich durchhalte. Ich muss meinen Mitarbeiter und meine Salon-Miete voll bezahlen, zudem zahle ich Zinsen bei meiner gesetzlichen Krankenkasse, weil ich den Beitrag stunden muss.“ Am Ende sagt sie, so still sei ihr Telefon noch nie geblieben.
(Von Clara Meyer-Horn und Kathrin Rosendorff)
Frankfurt: Viele Absagen in Friseursalons - fr.de
Read More
No comments:
Post a Comment