Im Takt: Die deutsche Mannschaft kam im Zwei-Minuten-Rhythmus zu guten Chancen. Serge Gnabry dribbelte in den Strafraum und scheiterte mit seinem Flachschuss am rumänischen Torwart Florin Nita (59. Minute). Kurz darauf parierte Nita einen Schuss von İlkay Gündoğan (61.), und als Leroy Sané den Ball aus wenigen Metern am langen Eck vorbeilenkte (63.), war der Dreiklang der vergebenen Chancen perfekt.
Nicht cool, nicht clever: Diese sechs Minuten von Bukarest fassen das Spiel gut zusammen. Deutschland hatte mehr Spielanteile, 9:2 Torschüsse und 66 Prozent Ballbesitz, gewann am Ende aber nur 1:0 gegen Rumänien. »Wir müssen es früher entscheiden, dann haben wir auch einen ruhigeren Abend«, sagte Joshua Kimmich. Und Kapitän Manuel Neuer stimmte zu: »Ich denke, wir müssen früher den Deckel drauf machen«, sagte er: »Wir müssen das zweite, vielleicht dritte Tor machen«. Coolness und Cleverness hätten gefehlt. Bundestrainer Joachim Löw lobte Rumäniens Torwart, kündigte aber auch an, mit seinem Team am Abschluss arbeiten zu wollen.
Ergebnis: Vergebene Chancen hin oder her, nach dem 3:0 gegen Island gewann das deutsche Team auch das zweite Spiel in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2022. Gnabry (16.) erzielte den einzigen Treffer beim 1:0-Sieg. Hier lesen Sie den Spielbericht.
Überhaupt Gnabry: Ohne den Flügelstürmer des FC Bayern München sähe die deutsche Bilanz seit der WM 2018 wohl etwas düsterer aus. Gnabry kam laut Statistikdienst Opta seit der Weltmeisterschaft in 17 Länderspielen auf 18 Torbeteiligungen. Damit ist er für Löw mittlerweile unverzichtbar.
Zahlenwerk: »Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.« So beginnt der erste Artikel der Menschenrechtscharta. Für diese setzten sich die deutschen Nationalspieler ein, als sie ihre Trikots umgekehrt, mit den Rückennummern auf der Brust, anzogen und beim Teamfoto zeigten. »Wir für 30!« schrieb der DFB bei Twitter als Symbol für die 30 Artikel der Menschenrechtscharta, ohne diese Erklärung hätte man die Aktion wohl auch nicht verstanden. Damit knüpfte die Mannschaft an die Aktion vom Spiel gegen Island an, als »Human Rights« (Menschenrechte) auf den Trikots zu lesen war. Ein klarer Adressat, also WM-Gastgeber Katar, fehlte aber auch dieses Mal.
Erste Hälfte: Das Spiel begann intensiv. Deutschland hatte zwar mehr Ballbesitz, aber Rumänien deutete an, wie gefährlich das Team im Pressing oder bei Kontern werden kann. Dann ging das DFB-Team aber in Führung. Nach einem langen Ball von Antonio Rüdiger legte Kai Havertz quer und Serge Gnabry schob zum 1:0 ein (16.). Kurz darauf traf Joshua Kimmich die Latte (19.). Danach schienen die Verhältnisse geregelt, Deutschland kam auf über 70 Prozent Ballbesitz. Doch im Spielstand machte sich die Überlegenheit nicht bemerkbar.
Kaum noch Kimmich: Joshua Kimmich war gegen Island Dreh- und Angelpunkt des deutschen Spiels. Doch die Rumänen stellten sich anders auf den Sechser ein, liefen ihn an, drängten ihn zurück. Gegen Island spielte Kimmich in der ersten Hälfte noch 91 Pässe, dieses Mal kam er insgesamt nur auf 64 erfolgreiche Zuspiele. Die deutschen Gruppengegner bei der anstehenden Europameisterschaft, Frankreich, Portugal und Ungarn, werden sich das Videomaterial gut abgespeichert haben.
Hagi II: Das bis dato letzte Pflichtspiel zwischen Deutschland und Rumänien war fast 21 Jahre her. Bei der Europameisterschaft 2000 trennten sich die Teams 1:1. Damals dabei: Gheorghe Hagi, bester Spieler der rumänischen Fußball-Historie. Diesmal dabei: Ianis Hagi, Sohn von Gheorghe. Das wäre eine schöne Geschichte geworden, hätte er auf der Gegenseite Matthäus junior, Jeremies junior oder Kahn junior getroffen. Tat er aber nicht.
Zweite Hälfte: »Rumänien ist eine Mannschaft, die möchte den Ball. Jeder Spieler will den Ball, sie sind technisch gut«, hatte Joachim Löw vor dem Spiel gesagt. Zu sehen war davon wenig. Auch nach der Pause hatte die deutsche Mannschaft mehr Spielanteile und kam durch Gnabry (59.), Gündoğan (61.) und Sané (63.) zu drei guten Möglichkeiten. Es haperte an der Chancenverwertung. Doch erst in der 77. Minute wechselte Löw erstmals und brachte mit Timo Werner einen frischen Angreifer. Auch der scheiterte aber mit einem Schuss an Torwart Nita (81.). Die Nachlässigkeiten vor dem Tor rächten sich fast, doch George Puscas' Schuss blieb in der Schlussphase in den Armen von Manuel Neuer hängen (88.).
Ein Tor ist genug: Die deutsche Nationalmannschaft bleibt noch ein paar Tage beisammen, am Mittwoch spielt die Auswahl in Duisburg gegen Nordmazedonien (20.45 Uhr, SPIEGEL-Liveticker, TV: RTL). Dann will das Team den dritten Sieg im dritten Qualispiel holen und die Gruppenführung vor Armenien verteidigen. Den ersten Platz hat Deutschland aktuell nur dank der um einen Treffer besseren Tordifferenz inne. Da reichte ein Tor also doch.
Deutschlands Sieg gegen Rumänien: Einfach mal cool bleiben - DER SPIEGEL
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