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Thursday, August 24, 2023

Viele offene Fragen nach Prigoschin-Tod: Was wir wissen - und was nicht - FOCUS Online

Vor genau zwei Monaten hielt der Aufstand seiner Söldnertruppe gegen die Militärführung in Moskau die Welt in Atem. Jetzt ist Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin allem Anschein nach ums Leben gekommen. Er saß zusammen mit neun weiteren Insassen in einem Flugzeug, das nördlich von Moskau abstürzte. In der Maschine war auch der Kommandeur der Wagner-Gruppe, Dmitri Utkin.

Der Absturz wirft die Frage auf, ob sich der Kreml nun doch an Prigoschin gerächt hat. Präsident Wladimir Putin hatte den Wagner-Söldnern bei ihrer Revolte vorgeworfen, Russland in den Rücken gefallen zu sein, und Vergeltung angekündigt.

Versuchter Wagner-Putsch endete vor zwei Monaten

Die Wagner-Einheit kämpfte zuvor im Krieg gegen die Ukraine an der Seite des russischen Militärs und spielte eine zentrale Rolle bei der Einnahme der umkämpften Stadt Bachmut. Ende Juni rief Prigoschin zu einer Rebellion gegen die russische Militärführung auf. Der Grund: Prigoschin warf dem Verteidigungsministerium schlechte Kriegsführung vor. Seine Soldaten würden als „Kanonenfutter“ missbraucht.

Die Söldner rückten aus der Ukraine bis nach Russland vor und nahmen unter anderem die Stadt Rostow ein. Prigoschin betonte allerdings, dass ihre Aktionen nicht gegen Putin gerichtet seien. Der Wagner-Anführer berichtete, dass seine Einheiten bis zu einem Abstand von 200 Kilometern an Moskau herankamen, bevor er selbst den Rückzug befahl.

Danach suchte Prigoschin Zuflucht in Belarus, was angeblich nach Absprache mit dem Kreml geschah. Jedoch gab es Anfang Juli Berichte, dass der Wagner-Chef und einstige Vertraute Putins nach St. Petersburg zurückgekehrt sei.

Das letzte Lebenszeichen von Söldnerführer Prigoschin ist ein Video aus Afrika, das er kürzlich im Internet veröffentlicht hatte. Er behauptet darin, mit seinen Kämpfern in Afrika zu sein. Es ist bekannt, dass diese Söldner in verschiedenen afrikanischen Staaten, einschließlich Mali, aktiv sind.

Was wir bislang über den mutmaßlichen Tod Prigoschins wissen

  • In der russischen Region Twer sind bei einem Flugzeugabsturz zehn Menschen ums Leben gekommen.
  • Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass war das Flugzeug, eine Embraer Legacy, auf dem Flug von Moskau nach Sankt Petersburg unterwegs – dem Geburtsort von Prigoschin und Standort des Hauptquartiers der Wagner-Gruppe. Kurz nach dem Abheben soll der Kontakt zu den Insassen verloren gegangen sein.
  • Die Luftfahrtbehörde des Landes hat offiziell bestätigt, dass sich auch der Chef der Söldnergruppe Wagner an Bord der Maschine befunden hat. Auch dessen Stellvertreter und Mitbegründer der Wagner-Gruppe, Dmitri Utkin, habe zu den Passagieren gezählt.
  • Zuerst berichtete der Telegram-Kanal „Grey Zone“, dass Prigoschin bei dem Absturz ums Leben gekommen sei. Dieser Kanal diente der Wagner-Gruppe und auch Prigoschin selbst in der Vergangenheit als Plattform zur Nachrichtenverbreitung. In der Mitteilung wurde Prigoschin als „echter Patriot“ Russlands dargestellt, der durch „Verräter“ ermordet worden sei.

Was wir nicht wissen

  • Ist Prigoschin wirklich tot? Eine offizielle Bestätigung für Prigoschins Tod steht noch aus. Bisher wurde keine Leiche von Prigoschin geborgen. Ein weiteres Privatflugzeug, das Prigoschin zugeordnet wird und laut Flugdaten ebenfalls auf dem Weg nach St. Petersburg war, kehrte nach dem Absturz des ersten Flugzeugs um und landete später in Moskau.
  • Präsident Wladimir Putin hielt kurz nach dem Flugzeugabsturz eine Rede, ging jedoch nicht darauf ein.
  • Wurde das Flugzeug abgeschossen? Und wenn ja, mit Absicht? Den Flugdaten zufolge zeigte die Maschine bis zu einem abrupten Absturz in den letzten 30 Sekunden keine Anzeichen eines Problems. Auf dem Wagner-nahen Telegram-Kanal Grey Zone veröffentlichte Videos, die mutmaßlich den Absturz zeigen, legten die Vermutung eines Abschusses nahe. Darin ist ein Flugzeug zu sehen, das aus einer Rauchwolke wie ein Stein zu Boden fällt.
  • Wie geht es jetzt mit der Wagner-Gruppe weiter? Sollte sich der Tod von Prigoschin und Utkin bestätigen, lässt das die Gruppe ohne klare Führung zurück.

Wie die Welt reagiert

  • US-Präsident Joe Biden wurde umgehend informiert und sagte: „Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber ich bin nicht überrascht. Es gibt nicht viel, was in Russland passiert, hinter dem Putin nicht steckt.“
  • Auch der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, reagierte heute Nacht wenig überrascht. Sollte sich die These bestätigen, dass der Absturz auf ein Mordkomplott zurückgehe, habe Moskau ein Signal an die eigene Armee gesendet, „dass es dort wirklich keine Helden gibt und dass jede Illoyalität mit dem Tod bestraft wird": „Prigoschin hat in dem Moment, als er 200 Kilometer vor Moskau stehen blieb, sein eigenes Todesurteil unterschrieben.“
  • Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann reagierte im Redaktionsnetzwerk Deutschland mit ähnlichen Worten: „Dass Prigoschin seinen Angriff auf Putin mit dem Leben bezahlen wird, davon war auszugehen: Ein Teufel, der sich mit dem Teufel einlässt. Es zeigt aber auch, dass offensichtlich große Nervosität bei Putin und seinen Schergen im Kreml herrscht. “

Fazit

Auch Putin betreibt eine wertegebundene Außenpolitik. Nur dass seine Werte andere sind als unsere. Er verherrlicht Gewalt. Er zelebriert den Führerstaat. Der Andersdenkende bereichert ihn nicht, sondern weckt in ihm die Tötungslust. Sein Vorbild ist erkennbar nicht Mutter Theresa, sondern Stalin. Dessen Motto ist auch seines: Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir die Fresse ein.

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