Geht es um verletzte Persönlichkeitsrechte, ist das Landgericht Hamburg bei vielen Promis die erste Anlaufstelle. Experte Christian Solmecke erklärt, woran das liegen könnte.
Bei Prominenten ist das Landgericht Hamburg beliebt. Das zeigt aktuell der Fall Till Lindemann. Der Frontsänger und seine Band Rammstein haben sich erfolgreich an das Gericht der Hansestadt gewandt, um Medien wie "tagesschau.de" und die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) dazu zu bringen, bestimmte Behauptungen zu unterlassen. Für viele ist die Entscheidung zugunsten der Band keine Überraschung. Denn: Das Landgericht gilt als eher pressekritisch.
Christian Solmecke ist Experte in den Bereichen IT- und Medienrecht. Er betont: Grundsätzlich seien alle Richter "selbstverständlich an das deutsche Recht gebunden". Dennoch: "In Hamburg fällt die Abwägung der betroffenen Grundrechte Pressefreiheit auf der einen Seite, Persönlichkeitsrecht auf der anderen Seite, offenbar eher zugunsten der betroffenen prominenten Personen aus", erklärt der Experte seine Beobachtung.
Freie Wahl beim Aussuchen des Gerichts
Diese Tendenz, eher für die Promis zu entscheiden, können sich Prominente durch den sogenannten fliegenden Gerichtsstand zunutze machen. Wer sein Persönlichkeitsrecht durch die Berichterstattung in einer bundesweit vertriebenen Zeitschrift oder im Internet verletzt sieht, kann an jedem Landgericht in Deutschland klagen.
Der Gerichtsstand ist also frei wählbar, solange es keinen unmittelbaren regionalen Bezug in dem konkreten Fall gibt. Das sei "für klagende Prominente günstig, denn sie werden sich ein Gericht aussuchen, welches wohl am ehesten zu ihren Gunsten entscheiden wird", sagt Solmecke.
Denn auch wenn alle Richter an das deutsche Recht gebunden seien, obliege den Richtern in Fällen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen eine Abwägung der in diesen Fällen kollidierenden Grundrechte. Es bestehe also ein individueller Wertungsspielraum, erläutert Solmecke.
Landgericht Hamburg: DJV übt Kritik
Etwas drastischere Worte wählt Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbandes (DJV): "Das Hamburger Landgericht ist seit vielen Jahren berüchtigt für seine Urteile, die häufig zulasten von Medien und Journalisten ausfallen."
Auch der DJV beobachte, dass insbesondere Anwälte von Prominenten gerne in Hamburg klagen und sich die Tendenz des Gerichts zunutze machen. "Dass die Wahl in vielen Fällen auf das Landgericht Hamburg fällt, ist kein Wunder."
Daniel Drepper: "Wir recherchieren weiter"
Nachdem das Landgericht jüngst drei einstweilige Verfügungen zu Aussagen von NDR und "SZ" erlassen hatte, äußerte sich nun auch Daniel Drepper, Leiter des Rechercheverbunds NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung", auf LinkedIn. Er sei überzeugt, dass die Berichterstattung die "Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung" erfülle. Die "Süddeutsche Zeitung" werde Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Landgerichts einlegen. Und auch der NDR prüfe diesen Schritt.
Er hält zudem fest: "Wir recherchieren weiter und freuen uns über jede und jeden, der oder die mit uns sprechen will."
Till Lindemann und Co.: Wieso ziehen so viele Promis ausgerechnet vors Landgericht Hamburg? - t-online - Hamburg
Read More
No comments:
Post a Comment