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Wednesday, June 14, 2023

Putin kassiert viele Absagen für sein Wirtschaftstreffen in St. Petersburg - Handelsblatt

Riga Das internationale Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg war einst von globaler Bedeutung. Jahr für Jahr reisten namhafte europäische Unternehmensvertreter an, um mit Russland Geschäfte zu machen. In diesem Jahr hat das Event einen anderen Charakter. An Ständen suchen nun die rechtswidrig annektierten ukrainischen Regionen Donezk, Lugansk, Cherson und Saporischschja nach Investoren. 

Laut der russischen Politökonomin Alexandra Prokopenko ist das Forum mittlerweile „sehr viel nationaler und lokaler“. Viele internationale Gäste schlugen eine Einladung in diesem Jahr aus. Selbst Staaten, deren Führung Russland nicht gänzlich ablehnend gegenübersteht, bleiben dieses Jahr beim Forum auf Distanz.

So erklärte Kasachstans Regierung, Präsident Kassym-Schomart Tokajew werde nicht zum Forum reisen. Auch Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva lehnte eine Einladung ab, ebenso Serbiens Präsident Milorad Dodik.

Aus dem Programm geht hervor, dass ein großer Teil der Speaker in diesem Jahr aus Russland selbst stammt. Aus dem Ausland kommen vor allem mittelrangige Vertreter bis zur Minister-Ebene aus dem Mittleren Osten und Lateinamerika. Aus China nehmen lediglich der Botschafter des Landes in Russland sowie der Leiter der chinesischen Entrepreneurs-Vereinigung teil.

Die Gästeliste zeigt, dass die Sanktionen des Westens einen Effekt auch auf solche Länder haben, die sich nicht direkt an den Strafmaßnahmen beteiligen. Laut Prokopenko ist die russische Wirtschaft mittlerweile generell „weniger global aufgestellt“ – wenn auch gleichzeitig näher an China.

>> Lesen Sie hier: EZB macht Druck - Banken der Euro-Zone sollen Russland verlassen

Seit Beginn der großangelegten russischen Invasion der Ukraine und dem Inkrafttreten der daraus resultierenden Sanktionen gegen das Land sind Exporte aus Russland in die EU massiv eingebrochen, von Exporten im Wert von über 23 Milliarden Dollar im Januar 2022 auf 4,3 Milliarden im März 2023. Auch die Importe aus der EU nach Russland sind seit der Invasion insgesamt massiv zurückgegangen.

China und Indien bewahren russische Wirtschaft „nicht vor dem weiteren Verfall“

Exporte in einige andere Staaten legten hingegen zu, nach China beispielsweise von 7,6 Milliarden im Januar 2022 auf knapp elf Milliarden im März 2023. Auch exportiert Russland mittlerweile deutlich stärker nach Indien. Weil russische Stellen kaum noch Handelsdaten publizieren, stellt der Brüsseler Thinktank Bruegel solche Zahlen, basierend auf Daten der entsprechenden Handelspartner, zusammen.

Dem russischen Ökonomen Wladislaw Inosemzew zufolge ist Russlands „radikale Abkehr von der Außenwelt“ seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine nicht einfach Teil einer ohnehin stattfindenden Deglobalisierung. Stattdessen habe Russland „der global verflochtenen Wirtschaft den Rücken zugekehrt“.

>> Lesen Sie hier: Warum es zwischen Saudi-Arabien und Russland zu Spannungen kommen könnte

Die Verbindungen nach China oder Indien hätten die Wirkungen westlicher Sanktionen zwar „deutlich reduziert“, sagt Forscherin Prokopenko, die früher als Beraterin für die russische Notenbank tätig war. Sie würden die russische Wirtschaft „aber nicht vor dem weiteren Verfall bewahren“. Russland sei nicht in der Lage, „den Westen einfach durch China oder Indien zu ersetzen“.

Wladimir Putin spricht mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping

Laut der russischen Politökonomin Alexandra Prokopenko sei Russland nicht in der Lage den Westen einfach durch China zu ersetzen.

(Foto:&#160AP)

Wirken die Sanktionen also besser, als es im Westen oft den Anschein hat? Es komme darauf an, an welchem Ziel man sich orientiere, so Prokopenko. „Wenn das Ziel war, den Krieg zu stoppen, wurde es offensichtlich verfehlt“, sagt sie. „Aber haben sie das Potenzial für wirtschaftliche Entwicklung herabgesetzt? Natürlich!“

Zwar schneide die russische Wirtschaft weit besser ab als vor einem Jahr erwartet, der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert ein Wachstum von 0,7 Prozent im laufenden Jahr, andere Institute wie das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche sagen hingegen gar kein Wachstum voraus.

Die Situation sei „weiterhin sehr ungesund“, das verzeichnete Wachstum „nicht nachhaltig“, sagt Prokopenko. „Das BIP-Wachstum basiert zu einem großen Teil auf wachsenden Militärausgaben“, so die Expertin.

Grafik

Die weitgehende Abwesenheit westlicher Politiker und Geschäftsleute beim Wirtschaftstreffen in St. Petersburg ist allerdings keine plötzliche Entwicklung, wie Prokopenko, die derzeit am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZoiS) in Berlin forscht, erläutert: „Der Trend, dass massiv weniger Ausländer teilnehmen, begann schon mit der Annexion der Krim 2014“, erklärt sie.

Parallelen zur russischen Wirtschaftsentwicklung

Tatsächlich blieben viele westliche Spitzenpolitiker dem Forum schon 2014 fern. Die Vorstände großer US-Unternehmen wie Goldman Sachs oder Pepsi schickten nach einer entsprechenden offiziellen Empfehlung aus dem Weißen Haus lediglich Vertreter aus der zweiten Reihe. Der damalige Metro-Chef Olaf Koch allerdings ließ sich die Teilnahme anders als die übrigen Dax-Chefs trotz Krim-Annexion nicht nehmen.

„Seit 2022 ist es dann wirklich zur ‚mission impossible‘ geworden, internationale Gäste für die Teilnahme zu begeistern“, sagt Prokopenko. Höchstrangiger Vertreter aus Europa ist nun der ungarische Außenminister Peter Szijjarto.

Außerdem nimmt die ehemalige österreichische Außenministerin Karin Kneissl teil, die für ihre Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin bekannt ist. Putin war 2018 Gast auf der Hochzeit der Politikerin, die bis 2022 im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft saß.

Putin tanzt mit Karin Kneissl während ihrer Hochzeit

Kneissl ist wegen ihres Verhältnisses zum Russischen Präsidenten Wladimir Putin seit dem Jahr 2018 umstritten.

(Foto:&#160imago/ITAR-TASS)

Der Trend, den Prokopenko beschreibt, zeigt sich auch gesamtwirtschaftlich. Schon 2015 beschrieb der russische Ökonom Sergei Guriev, dass Putin das Land mit Beginn seiner ersten Präsidentschaft im Jahr 2000 weit enger im internationalen Wirtschaftssystem verankern wollte. Tatsächlich habe er aber protektionistische Politik gemacht. Erst 2012 gelang Russland der Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO, ein erklärtes Ziel Putins.

Die Krise in der Ukraine und die völkerrechtswidrige Annexion der Krim 2014 hätten dann „alles geändert“. Seitdem sieht Guriev Russland auf dem „Weg in die Isolation“, gekennzeichnet unter anderem durch die damalige Einführung russischer Gegensanktionen wie Importverbote für Nahrungsmittel.

Das Forum in St. Petersburg läuft noch bis einschließlich Samstag.

Mehr: Russlands Staatsdefizit weitet sich rapide aus – doch der Kreml hat noch Reserven.

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