Die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte sehen 84 Prozent der deutschen Unternehmen als Bereicherung. Das geht aus einer repräsentativen Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) unter 849 kleinen und mittleren Unternehmen hervor, die WELT AM SONNTAG exklusiv vorliegt. Das Kofa ist Teil des Instituts der deutschen Wirtschaft.
In der zurückliegenden Woche hatte sich die Ampel-Regierung auf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz geeinigt. Ziel ist es, die jetzt schon riesigen Lücken am Arbeitsmarkt zu füllen. Dafür sind pro Jahr 400.000 ausländische Arbeitskräfte nötig, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vorgerechnet hat.
„Die Zuwanderung von Fachkräften ist absolut wichtig – die Wirtschaft, die Betriebe warten sehnlichst darauf“, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf Nachfrage von WELT AM SONNTAG. „Wir senken die Einwanderungshürden. Es wird für Firmen künftig wesentlich einfacher sein, ausländische Fachkräfte anzuwerben“, so Habeck weiter.
Sein Kabinettskollege, der Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), federführend beim neuen Einwanderungsgesetz, sieht die Unternehmen in der Pflicht. Es brauche nun eine „massive Anwerbe-Kampagne“ der Wirtschaft, forderte Heil vergangenen Montag.
Doch gerade in diesem Punkt zeichnet die Studie ein ernüchterndes Bild. So sehen lediglich 37 Prozent in der Rekrutierung eine Möglichkeit, Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu gewinnen und zu sichern. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen stellt die Anwerbung dieser Zielgruppe im Ausland vor besondere Herausforderungen, schreiben die Studienautoren rund um die Ökonomin Sarah Pierenkemper. Und an den Ursachen hierfür kann nur der Gesetzgeber etwas ändern: Zeitintensive Rekrutierungsverfahren und komplizierte rechtliche Rahmenbedingungen bremsen die Arbeitgeber demnach aus.
80 Prozent der befragten Betriebe sehen in der „Komplexität von bestehenden rechtlichen Regelungen“ das größte Hemmnis. Mit knapp 60 Prozent ist für einen großen Teil der Unternehmen die Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikationen ein Hindernis. Immerhin: Genau diese Problematik will Arbeitsminister Heil eliminieren.
„Die Abschaffung der Anerkennungspflicht für ausländische Berufsqualifikationen ist eindeutig zu begrüßen“, sagt die Studienautorin Sarah Pierenkemper. Auch Wirtschaftsminister Habeck ist für effizientere Abläufe. „Die Zeit drängt, wir müssen das Gesetz jetzt auch konsequent zur Anwendung bringen, es bürokratiearm umsetzen und unter anderem die Visaverfahren beschleunigen.“
In der Regel suchen Betriebe seltener aktiv in anderen Ländern vor Ort, sondern erhalten zu 56 Prozent Direktbewerbungen aus dem Ausland. Lediglich ein knappes Drittel der befragten Unternehmen nutzt öffentliche Vermittlungsangebote der Arbeitsagenturen oder der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung – übernimmt also selbst die Initiative. „Wichtig ist, dass wir verstehen, dass wir uns aktiv ins Zeug legen müssen und dass auch die Wirtschaft aktiv um Fachkräfte wirbt, denn der Wettbewerb um die besten Köpfe ist groß“, sagt Habeck.
Zu den größten Hürden bei der Einstellung zählt mangelhaftes Deutsch. Erst diese Woche hatte die Bundesagentur für Arbeit die Wichtigkeit von Sprachkursen betont. Aktuell absolvieren demzufolge 208.000 Menschen, die von den Jobcentern betreut werden, entsprechenden Kurse. Doch in der Realität reicht das anscheinend nicht aus. Der Großteil der Unternehmen fördert den Erwerb von Deutschkenntnissen inzwischen selbst. 74 Prozent sind es der Umfrage zufolge.
Fachkräftemangel: Mehr Mitarbeiter aus dem Ausland? Bürokratie bremst viele Unternehmen aus - WELT
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