Der Vorfall sorgte bundesweit für Schlagzeilen: In der Nacht zum 7. Mai hatte eine Gruppe von Brandenburger Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Berliner Schülergruppe in einem Ferienlager am Frauensee verbal und physisch derart massiv bedroht, dass fast alle der 30 Mittelschüler noch in der Nacht zurück nach Berlin flohen. Die Schüler wollten ursprünglich das gesamte Wochenende nutzen, um sich in dem Ferienlager „KIEZ Frauensee“ im Naturpark Dahme-Heideseen auf eine Mathe-Prüfung in der darauffolgenden Woche vorzubereiten.
Vermummte versuchten, ins Bettenhaus der Schüler einzudringen
Die jungen Berliner, von denen einige durch ihre Kopfbedeckungen „klar als Muslime“ zu erkennen gewesen seien, seien schon am Nachmittag des 6. Mai verbal von einigen der 28 einheimischen Partygäste derb beleidigt worden, hatte die Polizeidirektion Cottbus FOCUS online kurz nach dem Vorfall bestätigt . Auch der Migrationshintergrund der Berliner Schüler sei immer wieder Ziel der Beschimpfungen der jungen Angreifer gewesen.
Um die Mitternachtszeit hätten dann vier oder fünf der 17- bis 19-jährigen Partygäste versucht, vermummt in das Bettenhaus der Berliner Schüler einzudringen. „Die Feiernden haben laut gegen Türen und Fenster geschlagen, sie offenbar mit diversen klar fremdenfeindlichen Parolen beschimpft und den Schülern gedroht, sie zu verprügeln.“ Dies hätten erste Zeugenbefragungen der Schüler durch den brandenburgischen Staatsschutz ergeben.
Angreifer waren offenbar vorbereitet - mit Sturmhauben und Knüppeln
Neue Schilderungen des Zwischenfalls lassen jedoch vermuten, dass die rechten Pöbler weit aggressiver waren als bislang bekannt.
So soll eine Gruppe der Einheimischen bereits vor dem Zwischenfall im Bettenhaus einen Ring um den Lagerfeuer-Platz der 15- bis 16-jährigen Schüler gezogen haben. Die Angreifer seien langsam von allen Seiten auf die Schüler zugegangen und sollen sie regelrecht eingekreist haben. „Sie waren mit Sturmhauben vermummt - also vorbereitet - und mit Knüppeln oder Ästen bewaffnet“, schreibt jetzt das Portal „Belltower News“ unter Berufung auf Angaben von Eltern der Schüler.
Die Schüler hätten sich anschließend zu ihrem Schutz in einer der Hütten verrammelt, woraufhin die Angreifer mit den Knüppeln und Ästen gegen Wände und Fensterläden geschlagen und sie bedroht hätten.
„Na, ihr seid aber viele Koranleser“
Schon bei der Ankunft der Berliner Schülergruppe war es offenbar zu ausfälligen Bemerkungen gekommen. So hätten Kinder berichtet, dass jemand sie mit den Worten „Na, ihr seid aber viel Koranleser, hoffentlich wisst ihr, dass wir hier mit Schweinefleisch kochen“ begrüßt habe. Die Geschäftsleitung des Ferienlagers habe auf Nachfrage erklärt, dies sei „natürlich nicht angemessen“, aber diese Worte seien auch nicht von Mitarbeitern der Ferienanlage ausgesprochen worden.
Auch ein Lehrer soll von Einheimischen bedroht worden sein
Schon vier Tage nach dem Zwischenfall hatte einer der begleitenden Lehrer der Schülergruppe aus Berlin-Kreuzberg erzählt, dass ihm bei zum Vorfall im Bettenhaus einige „sehr aufgebrachte Schüler“, die schon schlafen gegangen waren, gesagt hätten, dass von den Angreifern „drei Personen drinnen waren, die nach Kopftuch-Mädchen gefragt haben“, zitierte ihn „rbb24“ .
Er selbst sei anschließend an der Tür des Bettenhauses ebenfalls von drei Personen bedroht worden, von denen zwei vermummt gewesen seien. „Diese forderten mich mit Hooligan-Gesten zum Rauskommen auf. Aber ich wollte drinnen bleiben, auch um die Kinder und mich selbst zu beschützen. Er habe die Tür des Gebäudes verschlossen und anschließend auf die alarmierte Polizei gewartet, die allerdings erst nach etwas mehr als einer halben Stunde eintraf. “Diese Wartezeit war schrecklich", so der Lehrer.
Angst vor fliegenden Molotow-Cocktails auf Bettenhaus im Wald
Der Lehrer sei besorgt gewesen, dass die Angreifer Molotow-Cocktails in die Unterkunft hätten schmeißen können. Alle seien zusätzlich verängstigt gewesen, weil das Ferienlager einsam und isoliert mitten in einem großen Wald des Naturparks liege und niemand von der Heimleitung vor Ort gewesen sei.
Auch der Elternvorstand der Kreuzberger Schule äußerte sich besorgt über den Vorfall. „Das war kein dummer Jugendstreich. Da waren Kinder, die Angst um Leib und Seele hatten“, zitierte „rbb24“ Elternvorstand Andreas Krause.
Staatsanwaltschaft prüft, ob „hinreichender Tatverdacht“ vorliegt
Kurz nach dem Vorfall nahm auch der Staatsschutz die Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung, rassistischer Beleidigung und Bedrohung auf.
Die Staatsanwaltschaft Cottbus, die die Ermittlungen der Polizeibehörden aus Brandenburg und Berlin sowie dem involvierten Staatsschutz leitet, wollte sich jedoch zu neuen Ermittlungsergebnissen nicht äußern. „Der Sachverhalt ist noch nicht aufgeklärt. Wir prüfen unter anderem, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt“, teile die zuständige Sprecherin auf Nachfrage von FOCUS online mit.
„Ihr seid aber viele Koranleser“: So verlief rassistische Attacke im Ferienlager - FOCUS Online
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