Zu Gast am 16. März 2023
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Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
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Ministerpräsident Nordrhein-Westfalen
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Oberbürgermeister Tübingen
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Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg
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ukrainische Ärztin
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Journalistin, Parlamentsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Berlin
Kommunen, Städte, Bundesländer schlagen Alarm: Mehr als 1,4 Millionen Geflüchtete haben sie in den letzten Monaten aufgenommen – allein knapp 1,2 Millionen Menschen aus der Ukraine. Die Flüchtlingshilfe stößt an ihre Grenzen. Berlin organisiert bisher eher unnütze Gipfeltreffen ohne konkrete Zusagen. Aber es fehlt nicht nur Geld. Es fehlen Wohnungen, Kita-Plätze und Arbeits-Chancen.
Stehen wir vor einem größeren Problem als 2015? Welche Regelungen gibt es für die Ukrainer und warum funktioniert ihre Integration trotzdem nicht besser? Auch aus Syrien, Afghanistan und der Türkei kommen immer mehr Menschen. Wie können sie gerecht verteilt werden?
Zu Gast bei Maybrit Illner sind die Ministerpräsidentin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), und der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), sowie der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, die ukrainische Ärztin Hanna Stoiak, die Journalistin Helene Bubrowski und Landrat Tino Schomann (Landkreis Nordwestmecklenburg).
"maybrit illner" mit dem Thema "Ihr schafft das schon! Viele Flüchtlinge und kein Plan?" am Donnerstag, den 16. März 2023, um 22:15 Uhr im ZDF.
Fakten-Box | 16. März 2023
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Menschen aus allen Teilen der Welt wollen nach Deutschland. Die Gründe für ihre Flucht sind verschieden. Viele treibt ihre wirtschaftliche Not, aber sehr viel mehr werden durch Krieg in ihrer Heimat vertrieben. Mehr als acht Millionen Ukraine-Flüchtlinge hat das Flüchtlingshilfswerk UNHCR in ganz Europa registriert, dazu mehr als fünf Millionen, die innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht sind. Von denen, die die Ukraine verlassen haben, sind die meisten nach Polen und Deutschland geflüchtet. Deutschland hat seit Beginn des russischen Angriffs im Februar 2022 knapp 1,1 Millionen UkrainerInnen aufgenommen.
Insgesamt sind in Deutschland knapp 1,4 Millionen Schutzsuchende registriert. Zu den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine kommen nochmal rund 217.000 Menschen, die 2022 erstmals einen Asylantrag gestellt haben sowie 53.000 weitere Asylsuchende im Januar und Februar dieses Jahres. UkrainerInnen müssen laut einer EU-Richtlinie keinen Asylantrag stellen, um einen Schutzstatus zu erhalten.
Die meisten Schutzsuchenden in Deutschland, die nicht aus der Ukraine geflüchtet sind, kommen aus Syrien (rund 71.000 Erstanträge), Afghanistan (36.300) und der Türkei (24.000). Damit bleibt Deutschland auch 2022 Spitzenreiter in der Europäischen Union: In Frankreich wurden 115.800 Asylanträge gestellt, in Spanien 111.200 und in Österreich 106.500.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat 2022 über die Anträge von 228.673 Personen entschieden. Das ist eine Zunahme von 52,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Knapp 41.000 Personen (17,9 Prozent) wurde der Flüchtlingsstatus zuerkannt gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention. 1.937 davon (0,8 Prozent) wurden als Asylberechtigte anerkannt. Rund 58.000 Menschen (25,2 Prozent) wurde subsidiärer Schutz gewährt nach § 4 des Asylgesetzes. Ein Fünftel der AntragstellerInnen (21,6 Prozent) wurde abgewiesen.
Laut Bundesregierung sind im vergangenen Jahr rund zwei Drittel der Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern aus Deutschland gescheitert. Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag geht hervor, dass 2022 insgesamt knapp 13.000 Abschiebungen vollzogen wurden. Allerdings hätten rund 23.300 Abschiebemaßnahmen nicht vollstreckt werden können. Gründe waren unter anderem geplatzte Flüge oder die Abwesenheit der betroffenen Menschen am Ausreisetag.
Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna
Bildquelle: dpa
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Die Bundesländer fordern vom Bund mehr Geld zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Länder und Kommunen stießen an ihre Grenzen, heißt es in einem Beschluss der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Donnerstag in Berlin.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, seit Beginn dieses Jahres sei die Zahl der Asylbewerberinnen und Asylbewerber gegenüber dem Vorjahr bereits um 76 Prozent gestiegen. Da zum Jahresbeginn in der Regel nicht die meisten Menschen kämen, schaue man mit Sorge auf die Entwicklungen der kommenden Monate.Der nordrhein-westfälische Regierungschef
Hendrik Wüst (CDU) fügte hinzu, der Anteil der Menschen, die nicht aus der Ukraine kämen, sei inzwischen höher als der Anteil ukrainischer Kriegsflüchtlinge. Er ging von zusätzlichen Kosten in diesem Jahr für den gesamten Bereich Flucht in Höhe von 3,7 Milliarden Euro alleine im Nordrhein-Westfalen aus. Die Finanzhilfen des Bundes betrugen demnach zugleich 600 Millionen Euro. Die Länder forderten daher eine "fairen Lastenverteilung" zu gleichen Teilen zwischen Bund und Ländern. In dem Beschlusspapier heißt es, die im November vom Bund zugesagte Unterstützung sei nicht in vollem Umfang umgesetzt worden.
Der Bund werde "dringend" gebeten, die bereits für 2023 zugesagten Mittel kurzfristig zur Verfügung zu stellen. Auch die Zusage des Bundes, weitere Liegenschaften bereitzustellen, sei nur teilweise erfüllt. Wegen steigender Flüchtlingszahlen sei darüber hinaus eine "deutlich über die bereits für 2023 zugesagten Mittel hinausgehende finanzielle Unterstützung des Bundes erforderlich".
Mit der Fluchtbewegung ab dem Jahr 2015 war der Bund mit in die Finanzierung der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen eingestiegen, unter anderem mit einer Pro-Kopf-Pauschale. Nach der föderalen Aufgabenteilung sind dafür eigentlich Länder und Kommunen zuständig. Kosten entstehen beim Bund in der Regel erst, wenn anerkannte Flüchtlinge Ansprüche auf reguläre Sozialleistungen, beispielsweise das Bürgergeld haben. Da ukrainischen Kriegsflüchtlingen der Zugang ins reguläre Sozialsystem schnell gewährt wurde, sparten die Länder Kosten, die sonst durch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz fällig gewesen wären.
Im vergangenen November hatten die Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vereinbart, dass der Bund die Länder in diesem Jahr mit 2,75 Milliarden Euro bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen unterstützt. Für das vergangene Jahr hatten die Länder wegen der Fluchtbewegung aus der Ukraine zusätzlich 1,5 Milliarden Euro bekommen.
Schon unmittelbar vor der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag haben mehrere VertreterInnen der Länder den Druck auf die Bundesregierung erhöht. Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) forderte eine Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme. Die Zahl der Flüchtlinge sei so groß geworden, dass die Kommunen keine Aufnahmekapazitäten mehr hätten, sagte Kretschmer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Das heißt, der Bund muss aufhören mit freiwilligen Aufnahmeprogrammen.“ Ein solches Programm gibt es unter anderem im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Türkei. In diesem Rahmen nimmt Deutschland jährlich bis zu 3000 syrische und staatenlose Flüchtlinge aus der Türkei auf.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Deutschland hat bereits Rücknahmeabkommen mit einzelnen Ländern geschlossen, davon brauchen wir noch deutlich mehr.“ Die Bundesregierung dürfe nicht auf Initiativen der EU warten, sondern müsse von sich aus aktiv werden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte seinerseits vom Bund eine Pro-Kopf-Finanzierung für die Flüchtlingsversorgung. Das wäre ein deutlich gerechteres Verfahren als die aktuelle Pauschalfinanzierung“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Saarlands Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD) sagte der „Rheinischen Post“, die Länder bräuchten mehr Liegenschaften des Bundes zur Unterbringung der Menschen. „Oder wo das nicht möglich ist, sollte der Bund zum Beispiel Container-Lösungen finanziell unterstützen.“ Neben der Organisation von Unterkünften seien die Kosten für Länder und Kommunen „im Moment das vordringlichste Problem“.
Im Streit mit den Ländern über die Aufteilung der Ausgaben für Flüchtlinge hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf das finanzielle Engagement des Bundes verwiesen. "Der Bund hat den Ländern und Kommunen im vergangenen Jahr mehr als 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt - und in diesem Jahr noch einmal 2,75 Milliarden", sagte er am Donnerstag im Bundestag.
Bei einem Flüchtlingsgipfel Mitte Februar in Berlin hatten Bund, Länder und Kommunen eine bessere Abstimmung zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen vereinbart. Vier Arbeitsgruppen wurden eingerichtet, die bis Ende März Ergebnisse vorlegen sollen. Eine Gruppe soll sich mit Fragen von Unterbringung und Finanzen, eine zweite mit der Entlastung von Ausländerbehörden und eine dritte mit Integration befassen. In einer vierten Arbeitsgruppe soll es um die Bekämpfung sogenannter irregulärer Migration und Rückführungen gehen. Ständige Abstimmungen zwischen Bund und Ländern gibt es schon bislang. Über die Arbeitsgruppen werden nun aber auch die Kommunen eingebunden.
Vereinbarungen über Geld vom Bund gab es nicht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: „Allein im Jahr 2022 hat der Bund die Länder und Kommunen finanziell mit 3,5 Milliarden unterstützt, für dieses Jahr haben wir 2,75 Milliarden vereinbart.“ Es gebe einen klaren Fahrplan, um die Finanzierung weiter zu regeln und Bilanz zu ziehen.
Nicht alle Probleme seien mit Geld zu lösen, sagte Hessens Innenminister, Peter Beuth (CDU). Er betonte: „Die Migration nach Europa muss stärker reguliert werden.“ Auch bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber müsse es Fortschritte geben. Der neue Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), dämpfte allerdings die Erwartungen. Er verwies auf Afghanistan und Syrien, zwei Hauptherkunftsländer von Schutzsuchenden, und sagte: „Sie können ja mit den Taliban keine Migrationspartnerschaft machen und mit Assad sowieso nicht.“
Die CDU/CSU-Fraktion hatte die Bundesregierung Anfang März im Bundestag aufgefordert, die irreguläre Migration zu begrenzen und mehr Staaten zu sogenannten sicheren Herkunftsländern zu erklären. Abgeordnete der AfD-Fraktion unterstützten den Unions-Antrag. Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und Linkspartei abgelehnt.
„Sichere Herkunftsstaaten“ sind Länder, bei denen vermutet wird, dass es in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung gibt. Das soll schnellere Asylentscheidungen und Abschiebungen ermöglichen. Der Vorschlag, Tunesien, Marokko, Algerien und Georgien als sichere Herkunftsländer einzustufen, war während der Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel an Widerstand im Bundesrat gescheitert.
Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna
Bildquelle: Kay Nietfeld/dpa
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Angesichts steigender Zahlen von Flüchtlingen aus der Ukraine und anderen Ländern haben die Gemeinden, Städte und Kreise in Baden-Württemberg an die Verantwortung des Bundes appelliert und vor einer sinkenden Akzeptanz der Menschen im Land gewarnt. Die Kommunen müssten entlastet sowie die Aufnahme und Verteilung der Migranten neu organisiert werden, fordern die drei kommunalen Dachverbände Baden-Württembergs in einer „Stuttgarter Erklärung“ vom 7. März dieses Jahres.
Gemeindetag, Landkreistag und Städtetag fordern unter anderem nationale Ankunftszentren, in denen Flüchtlinge erfasst, registriert und auf die Länder verteilt werden könnten. Dort müsse auch schneller geprüft werden, ob sie überhaupt bleiben dürften. Sei das nicht der Fall, müssten sie direkt aus den Ankunftszentren heraus abgeschoben werden. Flüchtlinge sollten nur noch weiterverteilt werden, wenn sie eine Bleibeperspektive hätten.
Weiter heißt es in der Erklärung, selbst die in großer Zahl zusätzlich geschaffenen Kapazitäten seien nahezu und fast überall erschöpft, Mitarbeiter am Rande ihrer Leistungskraft, Kitas und Schulen überlastet. Sei die Stimmung zu Beginn noch getragen gewesen von einer große Bereitschaft der Zivilbevölkerung, Wohnraum und Unterkunft zur Verfügung zu stellen, so könne diese Stimmung schwanken. „Die Gefahr, dass sich die Akzeptanz für Migration in der Gesellschaft merklich verschlechtern wird, ist leider reell.“
Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. „Wenn die Kommunen nicht sehr schnell deutlich besser ausgestattet werden, dann wird der Widerstand mancher in der Bevölkerung zunehmen. Das Resultat wäre eine noch stärkere Zunahme der sozialen Polarisierung in unserem Land.“
Laut dem ZDF-“Politbarometer“ vom Februar sind 57 Prozent der Befragten der Meinung, dass Deutschland die Flüchtlingszahlen verkraften kann, 40 Prozent sind der gegenteiligen Auffassung.
Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna
Bildquelle: ZDF
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Ukrainerinnen und Ukrainer, die als Kriegsflüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis haben, erhalten Bürgergeld, können sich eine Arbeit suchen sowie Integrations- und Sprachkurse besuchen. Das unterscheidet sie von Geflüchteten aus Drittländern wie zum Beispiel Syrien oder Iran. Grund für diesen Sonderstatus ist die EU-Massenzustrom-Richtlinie, die seit März 2022 gilt.
Laut einer repräsentativen Studie des Mediendienstes Integration bringen Geflüchtete aus der Ukraine gute Voraussetzungen mit, um in Deutschland Fuß zu fassen. Die Hälfte der Erwachsenen ist jünger als 40 Jahre. 72 Prozent haben einen hohen, meist akademischen Bildungs- oder Ausbildungsabschluss. Wie gut die Arbeitsaufnahme in Deutschland gelingt, hängt der Studie zufolge stark davon ab, wie schnell die Qualifikationen anerkannt werden.
Die große Mehrheit (97 Prozent) ging in der Ukraine einerqualifizierten oder hochqualifizierten Tätigkeit nach. In Deutschland fand sich zunächst fast jede/r fünfte Geflüchtete in einem Helferjob wieder. 21 Prozent der Menschen arbeiten in der Gastronomie, Zustellung und Lagerwirtschaft mit niedrigem Qualifikationsniveau. Auf der anderen Seite finden sich aber 23 Prozent in Lehr- und Forschungsberufen, Werbung, Marketing und in der IT-Branche wieder.
„Kinder wirken sich, insbesondere wenn sie keine Betreuungseinrichtungen besuchen, negativ auf die Erwerbstätigkeitswahrscheinlichkeit von Frauen aus, während Kinder bei Männern hier keinen signifikanten Effekt haben“, bilanzieren die Studienautoren und raten dringend zu ausreichenden Betreuungsangeboten. 79 Prozent der Ukrainerinnen in Deutschland wollen arbeiten.
Vor dem Hintergrund von Erfahrungen mit dem Flüchtlingszustrom von 2015 riet Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von der Anwendung des Königsteiner Schlüssels ab. Die Aufteilung der Geflüchteten auf die Bundesländer habe damals zu negativen Folgen geführt: „Diejenigen, die sich frei ihren Wohnort wählen konnten, haben eine höhere Erwerbstätigkeitswahrscheinlichkeit.“
Bei Geflüchteten aus Drittländern sieht es anders aus. Auch hier spielt der Bildungshintergrund eine wichtige Rolle für die Integrationschancen in den deutschen
Arbeitsmarkt. Laut Statistischem Bundesamt waren fast zwei Drittel der schutzsuchenden Syrerinnen und Syrer gering qualifiziert, lediglich 38 Prozent konnten mindestens einen Berufsabschluss oder Abitur vorweisen. Bei den Afghaninnen und Afghanen war dieser Anteil mit 21 Prozent noch geringer.Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna
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Die Union will Asylverfahren und Einwanderung in den Arbeitsmarkt strikter voneinander trennen. Um die Anwerbung von Fachkräften soll sich eine neue Bundesagentur für Einwanderung kümmern. In ihrem Positionspapier „Für Humanität und Ordnung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik“ schlägt die Unionsfraktion unter anderem eine „Work-and-Stay-Agentur“vor. „Fachkräfte erhalten so Service aus einer Hand: Von der Arbeitsplatzvermittlung, der Prüfung der Voraussetzungen für die Einreise, über das nötige Visum bis hin zum Aufenthaltstitel nach Ankunft in Deutschland“, heißt es in dem Papier.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die Agentur solle aktiv um ausländische Fachkräfte werben. Die Ampel-Koalition vermische Asyl- und Arbeitsmarktpolitik systematisch miteinander, kritisierte Merz. Im Positionspapier der Unionsfraktionsspitze heißt es, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die kommunalen Ausländerbehörden sollten sich künftig auf die Gruppe der Asylbewerber konzentrieren. Die neu zu gründende Bundesagentur für Einwanderung solle alle Verfahren übernehmen, die derzeit bei den Auslandsvertretungen, den Bundesländern sowie den Landkreisen und Kommunen geführt würden und keine Asylverfahren seien. „Sie ist auch Arbeitsvermittlungsagentur für alle Arbeitskräfte aus dem europäischen und nicht-europäischen Ausland.“
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) forderte unterdessen, die deutsche Staatsbürgerschaft nur Einwanderern zu ermöglichen, die dauerhaft von eigener Arbeit leben können. „Transferempfänger sollten keinen Anspruch auf erleichterte Einbürgerung haben“, sagte Buschmann in der „Welt am Sonntag“. Der FDP-Politiker hält daher Änderungen am Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht für nötig. Deutschland müsse seine eigenen Interessen definieren: „Das ist kein herzloses, sondern ein vernünftiges Kriterium, das eigentlich jedes andere erfolgreiche Einwanderungsland auf der Welt auch anlegt“, sagte Buschmann.
Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna
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Seit Jahren streiten die EU-Staaten über die Asyl- und Migrationspolitik. Und obwohl es nur kleine Fortschritte gibt, setzt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf eine umfassende Reform bis zur Europawahl im Frühjahr 2024. „Die Asylpolitik in Europa auf gemeinsame Füße zu stellen, das ist immer noch mein größtes Ziel und auch das größte Ziel vieler anderer Länder“, sagte Faeser am Donnerstag in Brüssel. Es seien bereits viele Teile der Reform beschlossen. Diese Arbeit müsse noch in diesem Jahr zu Ende gebracht werden. Dies ist notwendig, damit die Gesetze noch in dieser Legislaturperiode angenommen werden können.
Hintergrund sind die Vorschläge der EU-Kommission für eine Reform der Asyl- und Migrationspolitik vom September 2020, die einen langen Streit der Mitgliedstaaten überwinden sollten. Tatsächlich umgesetzt sind bislang nur kleinere Teile wie ein ausgeweitetes Mandat der EU-Asylagentur.
Die EU-Staaten verständigten sich im Sommer zwar auf verschärfte Regeln an den europäischen Außengrenzen und eine Reform der Datenbank zur Abnahme von Fingerabdrücken. Einigungen mit dem EU-Parlament bei diesen Themen stehen jedoch noch aus. Hinzu kommt, dass die 27 Staaten beim Kern einer möglichen Reform – der Frage nach einer Verteilung von Schutzsuchenden und anderen Formen der Solidarität – weit von einer Lösung entfernt sind.
Derzeit ist nach den Dublin-Regeln meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig, auf dessen Boden der Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betritt. Länder wie Deutschland und die Niederlande dringen darauf, dass diese Regeln befolgt werden. Staaten an den Außengrenzen fordern dagegen mehr Unterstützung. Ihnen wird vorgeworfen, sich nicht an die Dublin-Regeln zu halten.
Weil es bei der Frage der Verteilung von Schutzsuchenden kaum vorangeht, konzentrierten sich die EU-Staaten zuletzt darauf, die Außengrenzen besser zu schützen. Zudem soll durch Zusammenarbeit mit Transit- und Herkunftsländern etwa in Afrika dafür gesorgt werden, dass sich möglichst wenige Menschen auf den Weg machen.
Faeser sagte nun: „Es kann nicht sein, dass wir nur darüber reden, ob die Grenzen rund um Europa hochgezogen werden, sondern es geht darum, ein gemeinsames Asylsystem zu haben mit einer gerechten Verteilung.“ Ohne eine solche gerechte Verteilung werde es keine Lösung geben. Die Ministerin kündigte an, dass auch Deutschland Überlebende des Bootsunglücks mit mehr als 80 Toten vor der Küste Süditaliens Ende Februar aufnehmen werde.
Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna
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