Rechercher dans ce blog

Tuesday, December 27, 2022

Medikamente: Viele Krebsmittel vor Einführung in Europa - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Entwickler von Medikamenten brauchen einen langen Atem. Nur ein geringer Bruchteil der Forschungsbemühungen führt zum Erfolg – also zu einer Arznei, die tatsächlich den Weg zum Patienten findet. Viele Mittel fallen schon vorher durch das Raster klinischer Studien, in denen sie ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit beweisen müssen. Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) hat nun eine Prognose veröffentlicht, wie viele Arzneien im kommenden Jahr in Europa voraussichtlich tatsächlich neu auf den Markt kommen: Es dürften mehr als 45 sein. Dies ergibt sich den Angaben zufolge aus beantragten oder kürzlich erteilten EU-Zulassungen für Arzneimittel.

Ganz vorne stehen Krebsmittel. 2023 bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Schon seit vielen Jahren dominiert der Kampf gegen Tumore in den Bemühungen der Unternehmen. Das hat laut VFA auch damit zu tun, dass es viele unterschiedliche Krebsarten gibt, die verschieden behandelt werden müssen. Zu den voraussichtlich im kommenden Jahr vor der Tür stehenden Krebsmedikamenten könnten Menschen mit Brust- oder Prostatakrebs, mit Speiseröhren-, Bauchspeicheldrüsen-, Leberzell- oder Gallengangkarzinom, mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, Melanom, Multiplem Myelom oder einer Art von vielen Formen von Leukämie oder Lymphom profitieren.

Ein Drittel sind Krebsmedikamente

Rund ein Drittel der gut 45 neuen Medikamente, für die eine Markteinführung in EU-Ländern möglich werden dürfte, dürfte den Fachleuten zufolge auf das Gebiet Tumore entfallen. Sie gehören zu unterschiedlichen Arzneimittelklassen. Dazu zählen Kinasehemmer, welche die Vermehrung von Krebszellen zügeln, indem sie diese an speziellen Stellen angreifen, was auch Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung zu einer Besserung und oft zu einem längeren Überleben verhilft. Daneben gibt es mehrere bifunktionale Antikörper. Experten wissen, dass diese gleich an zwei verschiedenen Stellen in die Krankheitsvorgänge eingreifen und zum Beispiel Immunzellen in die Krebsbekämpfung einbeziehen.

Neben Krebstherapeutika spielten bislang neue Medikamente zur Bekämpfung von Entzündungs- und Stoffwechselkrankheiten einen wichtigen Faktor im neuen Angebot. Im kommenden Jahr dürften Infektionskrankheiten eine dominierende Rolle einnehmen. Ein Fünftel der voraussichtlichen Neueinführungen dürfte auf sie entfallen.

Gentherapien gegen Erbkrankheiten

So könnte es erstmals möglich werden, allen kleinen Kindern wie auch älteren Menschen einen Schutz vor RSV-Infektionen anzubieten, glaubt der Branchenverband VFA. Bislang habe es das nur für Frühchen und Kinder mit bestimmten Erkrankungen gegeben. Neue Impfstoffe könnten auch gegen Grippe und Denguefieber einsetzbar werden. Für HIV-Patienten könnte erstmals ein Medikament zum Einsatz kommen, das nur noch halbjährlich angewendet werden muss. Auch das Repertoire für die Covid-19-Therapie und -Vorbeugung könnte sich erweitern, heißt es – auch wenn sich längst nicht mehr alles um Corona dreht.

Für Patienten, die unter ererbten Gendefekten leiden, dürfte 2023 ebenfalls ein gutes Jahr werden. Trotz Fortschritten seit der Jahrtausendwende seien die meisten Krankheiten, die darauf beruhen, noch immer nicht ursächlich behandelbar, erläuterte der Pharmaverband. Im neuen Jahr stehen wohl die ersten Medikamente vor der Tür, die gegen einige von ihnen wirken: unter anderem ein Mittel gegen die sehr seltene Krankheit „Fibrodysplasia ossificans progressiva“. Bei den Betroffenen wandeln sich Knorpel und andere Arten von Bindegewebe allmählich in Knochen um. Auch könnte ein Medikament für Betroffene mit CDKL5-assoziierter Epileptischer Enzephalopathie verfügbar werden.

Große Fortschritte - und auch Sorgen

Mehrere Erbkrankheiten sollen durch Gentherapien behandelbar werden, darunter Hämophilie B, eine besonders seltene Form von Blutgerinnungsstörung. Pharmaunternehmen entwickeln daneben Medikamente zur Linderung von Erbkrankheiten, die lebenslang regelmäßig angewendet werden müssen; solche Medikamente könnten im Jahr 2023 für Patienten mit Morbus Fabry oder Morbus Pompe verfügbar werden.

Hoffen dürfen auch Patienten mit amyotropher Lateralsklerose (ALS), die zu fortschreitender Lähmung führt. Der Prozess lässt sich bislang medikamentös nur in geringem Umfang verzögern. In den vergangenen Jahren sei jedoch intensiv an neuen Medikamenten gearbeitet worden; ein bis zwei davon könnten 2023 auf den Markt gelangen. „Noch für viele andere Patientinnen und Patienten dürften 2023 Medikamente für eine Markteinführung in Betracht kommen“, erläutert der VFA und zählt auf: Diabetes Typ 2, Autoimmunkrankheiten wie Lupus-Nephritis oder Psoriasis, Osteoporose, Migräne und Anämie.

„Die Arzneimittelentwicklung macht große Fortschritte“, resümiert der Herstellerverband. Die Einschätzung ist gerechtfertigt, blickt man auf die zum Teil deutlich magereren Zahlen der Vergangenheit. Im Vor-Corona-Jahr 2019 brachten Pharmaunternehmen nur 25 neue Medikamente auf den Markt. Allerdings treibt den Lobbyverband in diesem Jahr eine Sorge um. Mehr als in früheren Jahren sei offen, welche von ihnen auch in Deutschland dauerhaft für die Bevölkerung bereitstünden.

„Bislang konnten jedes Jahr fast alle neuen Medikamente zeitnah und auf Dauer in die deutsche Versorgung aufgenommen und damit Betroffenen zur Verfügung gestellt werden“, sagt Verbandspräsident Han Steutel. Das im Januar in Kraft tretende GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit seinen weitgreifenden Rabattforderungen und Preisvorgaben erschwert das nun: „Es ist offen, welche Medikamente tatsächlich eingeführt werden und auch nach den Preisverhandlungen als Therapieoptionen verfügbar bleiben.“

Adblock test (Why?)


Medikamente: Viele Krebsmittel vor Einführung in Europa - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Read More

No comments:

Post a Comment

Erneut viele Proteste gegen Rechtsextremismus in Niedersachsen - NDR.de

Stand: 01.02.2024 13:31 Uhr Wegen des Treffens von Rechtsextremisten in Potsdam haben in Niedersachsen Hunderttausende gegen Rechtsextremi...