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Thursday, October 6, 2022

Lehrermangel: Unterrichtsversorgung wackelt – VBE-Umfrage: Viele Schulen sind bereits im Notbetrieb angekommen - News4teachers

STUTTGART. Ausgerechnet am Weltlehrertag formuliert der Verband Bildung und Erziehung (VBE) eine deutliche Warnung an die Regierung von Baden-Württemberg. Denn nach einer Umfrage unter Schulleitungen fahren viele Einrichtungen bereits wenige Wochen nach dem Schulstart auf Notbetrieb.

Der Lehrkräftemangel macht sich bemerkbar – der Regelbetrieb kippelt vielerorts. Foto: Shutterstock

In den Schulen wird erst seit ein paar Wochen wieder unterrichtet, da formulieren die Lehrer bereits die ersten Alarmrufe. Denn nach einer Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) unter Schulleitungen haben viele Schulen in Baden-Württemberg bereits wenige Wochen nach dem Start des Schuljahres teils dramatische Probleme, die planmäßigen Unterrichtsstunden abzudecken. Rund 10 Prozent der Grundschulen, 20 Prozent der weiterführenden Schulen und 40 Prozent der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren haben nach eigenen Angaben Probleme, den Regelbetrieb zu sichern, wie der VBE am Mittwoch in Stuttgart kritisierte.

«Viele dieser Schulen sind längst im Notbetrieb angekommen», sagte der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand. Neben- und auch Hauptfächer könnten dann teilweise nicht mehr unterrichtet werden. Die Schulleitungen waren zunächst gefragt worden, ob ihre eigene Schule mit ausreichend Lehrkräften versorgt ist. «Versorgungslücken, wie sie im Laufe des Schuljahres aufgrund von Krankheiten, Grippewellen, Corona oder Schwangerschaften und Mutterschutz auftreten, sind hier noch gar nicht abgebildet», erklärte Brand.

„Es ist wichtig, nicht ins Negative zu übertreiben, weil das dem ohnehin stark belasteten Schulsystem mehr schadet als hilft“

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) räumte ein, dass die Lehrerversorgung in der Krisensituation angespannt sei. «Aus den Rückmeldungen der Regierungspräsidien und den Staatlichen Schulämter wissen wir, dass die Schulen aber grundsätzlich arbeitsfähig sind. Deswegen ist es nicht gerechtfertigt, von einem Notbetrieb an den Schulen zu sprechen.» Es sei auch deshalb wichtig, nicht ins Negative zu übertreiben, weil das dem ohnehin stark belasteten Schulsystem mehr schade als helfe.

An der Studie hatten sich insgesamt 884 Schulen beteiligt. Da sie aber nicht auf wissenschaftlichen Kriterien aufgebaut wurde, ist die Studie laut VBE  nicht repräsentativ.

Unter anderem sei laut Umfrage etwa jede fünfte Grundschule (19 Prozent) deutlich unterversorgt, sagte Brand. Diese Schulen hätten bereits zum Schuljahresstart mit einem Versorgungsgrad von unter 90 Prozent zu kämpfen. Brand nannte dies einen «besorgniserregenden Wert». Das Versprechen einer «verlässlichen Grundschule» werde an zahlreichen Schulen gebrochen.

Infolge der Unterversorgung könne jede zehnte Grundschule keinen Regelbetrieb anbieten und nur einen Notbetrieb fahren. Die anderen Grundschulen gäben zwar an, den Regelbetrieb leisten zu können, berichteten aber ebenfalls von drastischen Maßnahmen: 37 Prozent dieser Schulen müssten Klassen zusammenlegen, 31 Prozent Unterricht ausfallen lassen und weitere 21 Prozent Personen ohne Lehramtsausbildung in Vertretung unterrichten lassen. «Die ergriffenen Maßnahmen verdeutlichen die ganze Dramatik der Situation. Und sie zeigen, dass viele Schulen hohe Opfer bringen müssen, um den Laden irgendwie am Laufen zu halten. Die Schulart Grundschule ist auf Kante genäht und die Nähte reißen an allen Stellen. Für das restliche Schuljahr lässt dies nichts Gutes erahnen», so Brand.

„Der Engpass, den wir an der Grundschule beobachtet haben, setzt sich an den Sekundarschulen nahtlos fort“

Die weiterführenden Schulen seien kaum weniger betroffen: «Das vielleicht überraschendste Ergebnis der Umfrage lautet, dass über ein Drittel der Sek-I-Schulen (36 Prozent) deutlich unterversorgt ist (Versorgungsgrad unter 90 Prozent). Damit ist klar, dass der Glaube an eine bessere Versorgung im Sekundarbereich ein Irrglaube ist. Der Engpass, den wir an der Grundschule beobachtet haben, setzt sich nahtlos fort», erklärt Gerhard Brand.

Mit Blick auf die Sekundarstufen stellt er fest: «Die Folge des dramatischen Personalmangels ist, dass jede fünfte Schule (20 Prozent) den Regelbetrieb nicht abdecken und somit nur einen Notbetrieb leisten kann. Die anderen Sekundarschulen geben zwar an, den Regelbetrieb leisten zu können, allerdings müssen sie drastische Maßnahmen ergreifen: An über der Hälfte dieser Schulen (55 Prozent) fällt Unterricht aus, bei einem weiteren Drittel (32 Prozent) müssen Klassen zusammenlegt werden und bei einem Viertel (25 Prozent) müssen Personen ohne Lehramtsausbildung in Vertretung unterrichten. Außerdem kommt es zum Wegfall von Fördermaßnahmen, Poolstunden und Ganztagesangeboten. Der Maßnahmenkatalog zeigt, dass es auch im Sekundarbereich zu harten Einschnitten in den Schulalltag, beträchtlichen Einbußen in der Unterrichtsqualität und erheblicher Mehrarbeit für die Lehrkräfte kommt.»

Besonders prekär sei die Situation in den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren. Vier von zehn Schulen könnten den Regelbetrieb nicht aufrechterhalten, also manche Haupt- und Nebenfächer nicht mehr anbieten. «Im Bereich der Sonderpädagogik sind diese Ergebnisse schlicht nicht mehr vertretbar», sagte Brand. «Schulschließungen können für die Wintermonate nicht ausgeschlossen werden.»

„Die politischen Verantwortlichen müssen sich kritisch hinterfragen, ob diese Projekte umsetzbar sind“

Politik und Gesellschaft erwarteten von den Schulen, Aufgaben zu erledigen, für die sie eigentlich nicht vorgesehen seien: Neben Sozialarbeit und Verwaltungsaufgaben bleibe oft keine Zeit für qualitativen Unterricht, kritisierte der VBE. Laut Umfrage fordert über alle Schularten hinweg eine Mehrheit von 50 bis 60 Prozent der Schulleitungen, auf bildungspolitische Großprojekte wie Ganztag und Inklusion zu verzichten. «Die politischen Verantwortlichen müssen sich kritisch hinterfragen, ob diese Projekte umsetzbar sind», sagte Brand.

Es sei wichtig, Schulen und Lehrkräfte vor allem in Bürokratie und Verwaltungsaufgaben zu entlasten und in der Schulsozialarbeit zu unterstützen. Um die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer zu erhöhen, müssen aus Sicht der befragten Schulleitungen Grundschullehrkräfte besser bezahlt, Klassen verkleinert und Deputate gesenkt werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert, die Reserve an Vertretungslehrkräften aufzustocken. «Wir schlagen vor, in der Kampagne „The Länd“ Geld einzusparen und mit 12 Millionen Euro pro Jahr einen Stufenplan zum Ausbau der ständigen Vertretungsreserve mit 200 neuen Stellen jährlich zu starten», sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein. Auch Stefan Fulst-Blei, der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, sieht Handlungsbedarf: «Wir brauchen dringend den Ausbau der Studienplätze im Lehramt, eine höhere Krankheitsvertretungsreserve und bessere Rahmenbedingungen für unsere Lehrkräfte.» News4teachers / mit Material der dpa

Weltlehrertag! GEW und VBE: Sich verschärfender Lehrkräftemangel ist die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre

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