Stand: 30.08.2022 14:00 Uhr
Seit Monaten werden ukrainische Soldaten außerhalb des Kriegslandes militärisch geschult. Künftig könnte das von der EU koordiniert werden. Deutschland unterstützt den Vorschlag - andere Mitgliedsstaaten sind skeptisch.
Deutschland hat sich grundsätzlich einverstanden erklärt mit dem Vorschlag einer Beteiligung der EU an der Ausbildung ukrainischer Streitkräfte. "Es ist klar, dass es eine stärkere Koordinierung der Maßnahmen der Ausbildung, aber auch der Unterstützung allgemein braucht", sagte Staatssekretärin Siemtje Möller bei einem Verteidigungsministertreffen in Prag. Deutschland stehe bei dem Thema zu seiner Verantwortung. Sie verwies darauf, dass ukrainische Soldaten bereits "seit vielen Monaten" in Deutschland ausgebildet werden, bei der Bundeswehr und bei der Rüstungsindustrie.
Wenn Russland sich auf einen langfristigen Krieg einstelle, dann müsse man das ebenso, so Möller, die Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht in Prag vertrat. Wie genau eine EU-Beteiligung an der Ausbildung ausgestaltet werden soll, wird ihren Angaben zufolge nun Gegenstand von Gesprächen sein.
Im schleswig-holsteinischen Putlos, was Kanzler Scholz (l.) vergangene Woche besuchte, werden bereits ukrainische Soldaten am Flugabwehrkanonenpanzer Gepard ausgebildet. Bild: dpa
Als relevante Themenbereiche nannte die SPD-Politikerin die Luftverteidigung und Artillerie. "Das ist für uns als Deutschland ein möglicher Schwerpunkt", erklärte sie mit Blick auf bereits laufende nationale Schulungen für ukrainische Soldaten in Deutschland. Zudem habe man bereits einen Vorschlag mit den Niederlanden erarbeitet, wie man im Bereich Minenabwehr die Ausbildung verstärken könnte.
Missionen eigentlich nicht auf EU-Territorium
Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell jüngst ein neues Programm zur Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte ins Gespräch gebracht. Er argumentiert, dass der Krieg voraussichtlich weiter andauern wird und dies nicht nur Waffenlieferungen, sondern auch Unterstützung in Form von Ausbildung erfordert.
Sollten die Verteidigungsministerinnen und -minister der EU-Staaten sich für die Planung eines EU-Engagements entscheiden, müsste als nächstes festgelegt werden, was genau in diesem Rahmen umgesetzt werden soll - und was weiter national oder mit Partnern außerhalb der EU. "Aus unserer Sicht sind sehr viele Fragen offen", sagte Österreichs Verteidigungsministerin Klaudia Tanner am Rande des Treffens in Prag.
Sie spielte damit auch darauf an, dass militärische Ausbildungs- und Trainingsmissionen der EU nach dem EU-Vertrag eigentlich nicht auf EU-Territorium vorgesehen sind. Die bisherigen Militärmissionen, etwa auf dem Balkan oder in Mali, fanden laut Nachrichtenagentur AFP alle außerhalb von EU-Gebiet statt - und nach Kriegsende.
Dopplungen mit nationalen Projekten vermeiden
Der Vorsitzende des EU-Militärausschusses, der frühere österreichische Generalstabschef Robert Brieger, äußerte sich hingegen überzeugt, dass dies lediglich Frage eines gemeinsamen politischen Willens sei. "Es scheint so zu sein, dass es im Rahmen des EU-Vertrages Möglichkeiten gibt, auch auf europäischem Boden eine solche Unterstützungs- und Trainingsmission zu etablieren", sagte der General. Es dürfe aber keine Dopplung mit den nationalen Ausbildungsbemühungen geben.
Positiv zu einer EU-Ausbildungsmission äußerten sich auch die Slowakei, die Niederlande und Finnland. Die tschechische Verteidigungsministerin und amtierende EU-Ratsvorsitzende Jana Cernochova warb für eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine. Der luxemburgische Verteidigungsminister François Bausch mahnte Tempo an und sprach sich dafür aus, der EU im Zweifelsfall eine Koordinierungsrolle zu geben. "Wir können jetzt ja nicht monatelang diskutieren, wie wir die Soldaten trainieren sollen", sagte er. "Das muss schnell geschehen. Schnelle Hilfe, effiziente Hilfe das ist das Wichtigste."
Ausbildung in der Ukraine derzeit ausgeschlossen
Eine Ausbildung ukrainischer Streitkräfte durch die EU innnerhalb des Staatsgebiets der Ukraine steht derweil wohl nicht zur Debatte. "Das ist aus unserer Sicht ausgeschlossen", sagte die deutsche Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller.
Borrell räumte ein, dass es "ein ziemlich komplexes Verfahren" gebe, um die Ziele, den Umfang und die Ressourcen für einen möglichen EU-Ausbildungseinsatz zu ermitteln. Er hoffe aber, dass es noch bei diesem Verteidigungsministertreffen eine politische Grundsatzeinigung für einen Einsatz gebe. Ein formeller Beschluss wurde bei dem informellen Treffen noch nicht erwartet.
Zu den Beratungen in Prag war auch der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow zugeschaltet.
Mit Informationen von Helga Schmidt, ARD-Studio Brüssel
EU-Ausbildung ukrainischer Soldaten: "Sehr viele Fragen offen" - tagesschau.de
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