Die Sommerpause fällt aus. Die Ampelparteien beraten intensiv, wie sie die Folgen der Explosion der Energiepreise mildern können. Es geht um Milliarden Euro.
Die gute Nachricht unter all den schlechten zuerst: Die Ampelparteien haben den festen Willen, ein drittes Energieentlastungspaket zu schnüren. Bei SPD, Grünen und FDP gibt es viele Ideen, wie Verbraucher und Unternehmen über das bereits beschlossene Maß hinaus finanziell unterstützt werden können.
Das Ziel: Zu verhindern, dass Menschen im Winter zu Hause im Kalten und Dunkeln hocken müssen, weil sie Strom und Heizung nicht mehr bezahlen können. Und zu vermeiden, dass Betriebe wegen rasant gestiegener Energiekosten dichtmachen müssen.
Offen ist zweierlei. Erstens, ob die Entlastungsrunde drei schon im Herbst kommt und zweitens, wie viel sich die Bundesregierung leisten will. Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Andreas Audretsch, macht Tempo. „Wenn im Oktober die Gasumlage greift, brauchen wir parallel dazu eine Entlastung der Menschen und nicht erst im kommenden Jahr. Diktator Putin zielt darauf, mit hohen Gaspreisen Deutschland zu spalten und zu destabilisieren“, sagte Audretsch unserer Redaktion.
Die deutsche Regierung will den Populisten in der Energiekrise keine Munition liefern
Damit ist der Einsatz sehr hoch gehängt. Er entspringt der Sorge, dass Extremisten und Populisten von Links und Rechts den Energieschock kapern wollen. Die gewaltbereite Gelbwesten-Bewegung, die 2018/2019 in Frankreich die Politik vor sich hertrieb, ist das Schreckensszenario für die kalte Jahreszeit.
Die Grünen stimmen mit der SPD überein, dass Unter- und Mittelschicht ins Zentrum der zusätzlichen Erleichterungen gehören. Das könnte zum Beispiel durch die Ausweitung des Anspruchs auf Wohngeld für viel mehr Haushalte, weitere Heizkostenzuschüsse und höhere Hartz-IV-Sätze geschehen. „Die mit den sehr hohen Einkommen brauchen keine Entlastung“, sagte Fraktionsvize Audretsch. Die große Wohngeld-Reform hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits in Aussicht gestellt. Das Problem für den Kanzler ist der hohe Aufwand für die Verwaltung. Womöglich müssen hunderttausende Anträge bearbeitet werden, was Monate dauern würde und deshalb im Herbst noch nicht funktionieren kann.
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In der SPD gibt es deshalb die Idee, neben der sozialpolitischen Baustelle schneller zu helfen. „Die Lage ist dramatisch. Wir sollten die Mehrwertsteuer auf Strom und Gas senken und die nächste Stufe der CO2-Abgabe aussetzen“, schlug der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernd Westphal, im Gespräch mit unserer Redaktion vor.
Westphal will zudem die Stromsteuer im selben Aufwasch auf das europäische Mindestmaß senken. Heute beträgt sie zwei Cent je Kilowattstunde. Der Abgeordnete aus Hildesheim stört sich außerdem an der Konstruktion der beschlossenen Gasumlage. Er hielte es für gerechter, sie aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren, „statt komplizierte Entlastungsmechanismen zu organisieren“.
SPD und Grüne sind für eine Übergewinnsteuer
Einig sind sich Grüne und Sozialdemokraten darin, sich einen Teil der benötigten Milliarden von den Energiekonzernen mit einer Übergewinnsteuer zurückzuholen. Viele Finanzminister freuten sich über den Rückhalt für höhere Einnahmen, nicht aber Christian Lindner. Der FDP-Vorsitzende lehnt die Steuer für Sonderprofite ab.
Stattdessen will er sein Versprechen halten, die heimliche Steuererhöhung durch die kalte Progression zurückzugeben. Bis auf Topverdiener sollen alle Beschäftigten von der Anpassung des Steuertarifs profitieren. Die beiden Koalitionspartner wollen den Ausgleich der Progression auf kleine und mittlere Einkommen begrenzen. „Mit dem Abbau der kalten Progression schaffen wir einen spürbaren und dauerhaften Inflationsausgleich“, sagte Linder und beklagte einen „klassenkämpferischen Ton“ bei der Debatte. Wenn er die Progression weitgehend zurückgibt, fehlt allerdings das Geld, um die milliardenteuren Wünsche von SPD und Grünen zu bezahlen.
Spätestens Mitte September, so wird es im Bundestag auf Seiten der SPD erwartet, wird der Bundeskanzler seine Vorschläge für die nächste Entlastungsstufe präsentieren. Dann kommt er mit Arbeitgebern und Gewerkschaften zur nächsten Sitzung der Konzertierten Aktion zusammen. Bisher ist die Ampel bei den bislang beschlossenen Erleichterungen so vorgegangen, dass jeder der Koalitionspartner seine Lieblingsprojekte bekommt. Die Mittel werden über Kredite beschafft. Das soll aber im nächsten Jahr nicht mehr möglich sein, weil die Schuldenbremse wieder eingehalten werden soll.
Energiekrise: Viele Ideen, aber wenig Geld für ein drittes Entlastungspaket | Augsburger Allgemeine - Augsburger Allgemeine
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