Stand: 13.06.2022 09:29 Uhr
Die Folgen des weltweiten Klimawandels - in Nordwesteuropa der steigende Meeresspiegel - bedrohen einer Studie zufolge die Lebensräume einiger Zugvogel-Arten entlang ihrer ostatlantischen Zugrouten.
Das Wattenmeer vor den Küsten Dänemarks, Deutschlands und der Niederlande gilt als Drehscheibe des ostatlantischen Vogelzugs. In dem von der Unesco ausgezeichneten Feuchtgebiet fressen sich Millionen Vögel Reserven für ihren Weiterflug zwischen Afrika und der Arktis an.
Extremwetter setzt Vögeln im Wattenmeer zu
Der Klimawandel habe auf die meisten Küstengebiete Einfluss, sagt Kristine Meise, Programmleiterin Zugweg und Biodiversität des Wattenmeersekretariats, anlässlich der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts. Im Wattenmeer etwa würden neben dem Meeresspiegelanstieg zunehmend extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Stürme den Vögeln bei der Rast und Brut zusetzen.
Afrika: Überfischung, Schiffsverkehr, Abholzung
Auch im Hauptüberwinterungsgebiet vor Westafrika seien die Folgen des Klimawandels etwa durch Erosion an den Küsten für Zugvögel bereits zu spüren, sagt Meise. Dort haben laut Studie aber andere Faktoren wie Überfischung, Schiffsverkehr und Holzeinschlag den größeren Einfluss. Die Einschätzungen zu den Lebensraumbelastungen sind Teil des Ende April veröffentlichten Untersuchungsberichts. Bei dem Projekt werden seit 2014 alle drei Jahre Zugvogelpopulationen entlang des ostatlantischen Vogelzuges gleichzeitig gezählt.
An der letzten Zählung 2020, deren Ergebnisse nun vorliegen, waren mehr als 13.000 Menschen in 36 Ländern beteiligt. Solche regelmäßigen Zählungen seien wichtig, um Veränderungen in den Populationen frühzeitig zu erkennen, sagt Meise vom Wattenmeersekretariat. "Die Schwierigkeit besteht darin, dass ein Zugvogel in der Regel nicht an einem Ort bleibt - und manchmal ändert er auch seine Flugroute. So kann es sein, dass die Anzahl der Vögel einer bestimmten Art im Wattenmeer sinkt, global gesehen der Bestand aber stabil bleibt oder sogar steigt."
Manche Populationen schrumpfen, andere wachsen oder sind stabil
Um den globalen Bestand zu messen, müssten daher alle Orte, an denen die Vögel vorkommen können, gleichzeitig erfasst werden. Die jüngste Zählung war 2020. Diese ergab verglichen mit Beobachtungsdaten von vor mehreren Jahrzehnten: Bei der Hälfte der insgesamt 83 beobachteten Zugvogelpopulationen wuchsen die Bestände. 16 Prozent der Populationen waren stabil, bei 30 Prozent verzeichneten die Forschenden eine Abnahme - etwa bei Watvögeln, die in der sibirischen Arktiks brüten.
Zyklus der Natur verschiebt sich und löst Kette von Problemen aus
Eine mögliche Erklärung für das Schrumpfen der Populationen seien sich ändernde klimatische Bedingungen, sagt Meise. "Die Zugvögel haben sich über Jahrtausende an bestimmte Zeiten angepasst." Durch den Klimawandel beginne der Frühling und damit die Schneeschmelze und der Schlupf von Insekten in der Arktis aber früher. Für die Brut und Aufzucht von Jungvögeln ergäben sich dadurch schlechtere Bedingungen, erklärte Meise. Dies könne einen Rückgang beim Bruterfolg erklären. Um Bedrohungen entgegenzuwirken und Zugvögel zu erhalten, nennen die Autorinnen und Autoren des Berichts als zentrale Maßnahme den Schutz bevorzugter Vogelstandorte und die nachhaltige Bewirtschaftung von Lebensräumen.
Weitere Informationen
Viele Zugvögel von Klimawandel bedroht - NDR.de
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