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Wednesday, June 29, 2022

Insektenschutz und Landwirtschaft : Wie viele Insekten gehören aufs Feld? | tagesschau.de - tagesschau.de

Stand: 29.06.2022 16:54 Uhr

Die Vielfalt und Häufigkeit von Insekten geht zurück. Doch wie genau und was man dagegen tun kann, wird nach wie vor erforscht. Wissenschaftler in Brandenburg setzen dabei auf Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft.

Von Andre Kartschall, rbb

Im brandenburgischen Sandboden versucht Michael Glemnitz herauszufinden, was Käfer und Mücken mögen - und was nicht. Sein Arbeitsplatz: ein drei mal drei Kilometer großes Versuchslabor unter freiem Himmel beim Örtchen Paulinenaue. Hier betreibt der Doktor der Landwirtschaft Grundlagenforschung.

Andre Kartschall
Andre Kartschall

Das bedeutet zunächst einmal, dass er und andere Wissenschaftler im Auftrag des Leibniz-Instituts für Agrarlandschaftsforschung Insekten zählen. Laufkäfer zum Beispiel. "Es werden Gläser im Boden eingegraben, die mit der Bodenoberfläche abschließen: da fallen die Laufkäfer rein", erklärt Glemnitz. Die Logik ist einfach: Sind viele Käfer reingefallen, scheinen die Tiere viel herumzulaufen. Und das tun sie nur, wenn sie sich wohl fühlen. Ein guter Lebensraum für Käfer also.

Wie viele Insekten sind normal?

Seit ein paar Jahren schafft es das Insektensterben immer wieder mal in die Schlagzeilen. Insbesondere, seit ein Insektenschutzverein in Krefeld eine große Datenauswertung vorlegte, Ergebnis: Die Insekten werden weniger. Die Wissenschaft sei auf dem falschen Fuß erwischt worden, sagt Frank Eulenstein, Projektleiter am Leibniz-Institut. "Fundierte Untersuchungen lagen von wissenschaftlicher Seite dazu kaum vor." Das ändert sich gerade erst.

Die Bundesregierung hat 35 Millionen Euro Forschungsmittel für das Programm FInAL - "Förderung von Insekten in Agrarlandschaften" - bereit gestellt.

Für die Wissenschaftler eine Mammutaufgabe. Einerseits sollen sie herausfinden, was besonders gut ist für Insekten - und was besonders schädlich. Andererseits gibt es bislang keine gesicherte Grundlage, wie viele Käfer, Mücken, Schmetterlinge es pro Quadratmeter natürlicherweise sein sollten: "Wir wissen bisher nicht wirklich, wie viel da in den unterschiedlichen Lebensräumen da ist", sagt Glemnitz.

FInAL ist das erste Projekt in Deutschland, das hier gesichertes Wissen schaffen soll. "Wir messen mit der gleichen Methode immer wieder an unterschiedlichen Stellen. Das zeigt uns erst einmal, was in der Landschaft normal ist unter welchen Umständen", so Glemnitz. Neben Brandenburg gibt es noch Forschungsfelder in Bayern und Niedersachsen.

Pragmatische Lösungen erforderlich

Die Forscher sind dabei auf die Kooperation mit ansässigen Landwirten angewiesen. Das Ziel: den ganz normalen landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Insektenschutz zu verzahnen. Beide Seiten könnten voneinander lernen, manchmal gehe es nur um Kleinigkeiten. Von oben herab gesagt bekommen, was sie tun sollen, mögen viele Landwirte nicht.

Neulich, so erzählt Glemnitz, habe es da ein schönes Beispiel gegeben. Die Forscher wollten gern eine Hecke rund um einen Teich anlegen - ein Biotop für alle möglichen Insekten. Der Bauer war dagegen - schließlich käme dann niemand aus dem Dorf mehr zum Angeln an den Teich. Die Lösung: Die Hecke kommt, wird aber ein paar Meter vom Ufer entfernt stehen - die örtlichen Angelfreunde dürften das zu schätzen wissen - und die Insekten eben auch. "Man muss die speziellen betrieblichen Bedürfnisse berücksichtigen und nicht pauschal kategorisieren", so Projektleiter Eulenstein.

Blühstreifen als Einstieg

Seit vier Jahren läuft das Projekt und Glemnitz sagt, er habe schon viel gelernt. Zum Beispiel, dass es viele Landwirte gebe, die sich durchaus gern für die Natur engagieren. Zumal sie anschließend auch von der Insektenvielfalt profitieren. Der Laufkäfer, den die Wissenschaftler in ihren Gläsern sammeln, etwa sei eher ein Freund der Landwirtschaft. Er frisst Schädlinge und Unkrautsamen.

Glemnitz setzt auf langfristige Überzeugungsarbeit bei den Bauern - mit kleinen ersten Schritten: "Der Blühstreifen ist der Einstieg. Er ist einfach machbar, mit normalen Ackergeräten zu bearbeiten - und optisch ansprechend." Langfristig schwebt ihm mehr vor. Aus dem Pilotprojekt könnte doch eine permanente wissenschaftliche Beratung für alle Landwirte werden, wünscht er sich. Natürlich immer im gegenseitigen Austausch.

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