Abschied von "Titanen der Rennbahn" - "Am Titanen-Sonntag werden mächtig viele Tränen fließen"
Fr 24.06.22 | 09:02 Uhr
Am Wochenende bebt in Brück wieder die Erde. Dort messen sich bei den "Titanen der Rennbahn" die Kaltblüter im Wagenrennen oder zeigen Show-Tricks. Doch es ist eine Abschiedsveranstaltung. Koordinatorin Maja Catrin Schulze erklärt warum.
rbb|24: Frau Schulze, wie viel Gewicht muss man denn bei Ihnen als Pferd auf die Waage kriegen, damit man bei den "Titanen der Rennbahn" mitmachen darf?
Maja Catrin Schulze: Wir haben tatsächlich ein Mindestgewicht festgelegt, was so ein Kaltblut auf die Waage bringen muss. Das sind 650 Kilogramm.
Das klingt gar nicht so immens schwer.
Es ist ja auch nur das Mindestgewicht. Und es gibt ja auch kleinere oder leichtere Kaltblüter, wie zum Beispiel die Freiberger -, die nicht so groß und stämmig sind wie die anderen. Aber wir haben natürlich auch Kaltblüter dabei, die bis zu einer Tonne (1.000 Kilogramm) wiegen. Nach oben ist die Grenze offen.
Haben diese Pferde andere Bedürfnisse als die Vollblüter?
Ich denke, Kaltblüter sind nicht ganz so anspruchsvoll und etwas genügsamer als andere Sportpferde. Sie kennen das, im Alltag auf der Wiese zu leben. Also reicht ihnen auch für eine solche Veranstaltung ein Paddock mit einem Dach drüber oder eine große Box.
Kann man sich die "Titanen der Rennbahn"-Veranstaltung ähnlich vorstellen wie einen Renntag in Hoppegarten – nur, dass die Pferde schwerer sind? Oder ist das eher im Ritterfest-Style, bei dem es Met in großen Gläsern gibt?
Es ist eine Kombination aus genau diesen beiden Veranstaltungen. Wir verbinden Sport mit Show. Es ist also nicht nur wie in Hoppegarten, wo es vor allem um Sport geht, oder wie anderswo, wo es nur um Show geht. Wir machen beides. Im Sportbereich gibt es beispielsweise Hindernisfahren oder Wagenrennen. Da geht es um Schnelligkeit und Fehlerlosigkeit.
Man darf auch nicht vergessen, dass Kaltblüter nicht mehr so sind, wie man sich sie früher vor dem Ackerwagen vorgestellt hat. Die meisten sind ziemlich sportlich. Dadurch sind sie sehr schnell und sehr wendig. Man muss beim Rennreiten ohne Sattel dann auch als Reiter ziemlich mutig sein. Ein Kaltblüter rennt in 30 Sekunden 400 Meter.
Mithilfe des Show-Bereichs bieten wir dann sehr viel Abwechslung für die Zuschauer. Da gibt es jetzt, für das letzte "Titanen der Rennbahn", ein paar wirklich extravagante Schaubilder.
In Hoppegarten gibt es an den Renntagen immer ein Hauptrennen – was wäre das bei den "Titanen"?
Während das Hauptrennen in Hoppegarten das Highlight ist, folgt bei uns ein Highlight auf das nächste. Dadurch, dass wir die Veranstaltung ja schon 20 Jahre lang machen, haben wir dieses Jahr ein "Best of Titanen" dabei. Da präsentieren sich viele der Schaubilder und Themen der vergangenen Jahre: Hochzeitskutschen, Feuerwehren, ein Bestattungswagen, Omnibusse – da ist alles mögliche dabei und dreht Runden.
Aber wir haben auch spektakuläre Schaubilder dabei. Wie die Europameister im Trickreiten, die "Havelkosaken". Sie kommen aus unserem Nachbarort Linthe ursprünglich. Sie zeigen ihre Tricks auf höchstem Niveau. Das sind wirklich Übungen auf dem Pferd, die man nicht jeden Tag sieht und die nicht jeder kann.
Und wir haben eine kleine Pferdefußball-EM. Da spielen die Reiter auf ihren Pferden Fußball. Die Pferde treten dabei den Fußball, der einen Durchmesser von etwa 1,30 Meter hat.
Was gibt es sonst noch Außergewöhnliches?
Wir haben in diesem Jahr ein wirklich einmaliges Schaubild, dass auch wir noch nie selbst gesehen haben. Es kommt mit "Alpenpower" ein Team aus Bayern eine ungarische Post-Quadrille. Sie kommen mit 24 Pferden und zeigen auf den die "ungarische Post" – allerdings zwölf Mal zweispännig. Das heißt, je zwei Pferde laufen nebeneinander und ein Reiter steht obendrauf. Die ungarische Post reitet man sonst mit zwei, drei oder vier Pferden. So wurden ja wirklich früher Briefe auf dem schnellen Wege transportiert. Die Reiter standen obenauf und im Galopp ging es zum Adressat.
Nun reiten zwölf Reiter 24 Pferde im Galopp durch die Titanen-Arena. Und zwar eben als Quadrille. Also wie beim Synchronschwimmen. Zum Glück ist unser Platz riesengroß.
Die Tierschutzorganisation Peta hat ihnen in der Vergangenheit vorgeworfen, das Tierwohl nicht ausreichend zu berücksichtigen. Können Sie das nachvollziehen?
Wir hatten schon öfter mit der Peta zu tun und die Vorwürfe sind uns bekannt. Aber man muss sich vorstellen, dass wir durch und durch Pferdefreunde sind. Wir wollen selbst nicht, dass es unseren Pferden schlecht geht. Wir haben in den vorangegangenen Jahren, wenn es sehr warm war, die Parcours eingekürzt, haben die Wettkämpfe zeitlich und von der Länge her eingekürzt. Zudem haben wir Duschen für die Pferde aufgestellt. Auch welche, durch die man mit der Kutsche durchfahren kann, sodass die Pferde immer eine Abkühlung haben und es ihnen gut geht. Es sind auch Tierärzte vor Ort, die das kontrollieren. Die Pferde stehen bei hohen Temperaturen immer unter einem Dach. Alle, die mitmachen, wollen nur das Beste für ihre Pferde.
Doch diese Pferde sind keine Pferde, die nur auf der Koppel herumstehen – das sind Arbeitstiere, Sportpferde. Sie sind für diese Einsätze bestens vorbereitet, weil alle dafür schon monatelang trainieren.
Das soll ja das letzte Rennen der "Titanen" werden. Hat das auch mit den Peta-Vorwürfen zu tun?
Ja, zum Teil schon. Wir haben immer mehr Auflagen bekommen, die wir erfüllen müssen. Leider ist es nicht immer so, dass uns von allen Seiten geholfen wird. Sondern es werden uns auch Steine in den Weg gelegt. Daher haben wir uns entschlossen, noch eine Veranstaltung zu machen, denn dann waren es 20 Jahre "Titanen". Und man soll ja auch aufhören, wenn es am schönsten ist.
Das heißt, Sie sind schon traurig, dass es aufhört?
Das kann ich Ihnen sagen! Wir gehen an die Veranstaltung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich bin mir sicher, am Titanen-Sonntag, was mein Geheimtipp wäre für Zuschauer, werden mächtig viele Tränen fließen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24
Sendung: SCHÖN + GUT, 23.06.2022, 18:15 Uhr
"Am Titanen-Sonntag werden mächtig viele Tränen fließen" - rbb24
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