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Monday, May 30, 2022

Ampel und Union einigen sich: Bundeswehr-Milliarden: Viele Fragen offen - zdf.de

100 Milliarden Euro für die Bundeswehr: Ampel und Union sind sich einig – und alle sind die Gewinner dieses Deals. So sagen sie es jedenfalls. Dabei sind viele Fragen offen.

Vielleicht sind am Tag danach das die ehrlichsten Sätze. Grünen-Co-Vorsitzender Omid Nouripour sagt:

Wir haben uns alle bewegen müssen.
Omid Nouripour (Grüne)

Jetzt gebe es einen "Kompromiss, den wir werden tragen können".

Der Einigung zwischen den drei Ampelparteien und der Union, die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro auf- und auszurüsten, sind zähe Verhandlungen vorausgegangen. Jetzt steht sie und könnte noch diese Woche vom Bundestag verabschiedet werden. Und jetzt fühlen sich alle als Gewinner. Dabei sind alle auch ein bisschen Verlierer.

Union will komplett zustimmen

Den Grünen dürfte die Zustimmung zum sogenannten Sondervermögen, die zusätzliche Verschuldung zum Haushalt, am schwersten gefallen sein. Denn das Geld soll jetzt allein für die Bundeswehr ausgegeben werden, nichts wird in die Cybersicherheit zum Beispiel, nichts in den "erweiterten Sicherheitsbegriff" investiert, wie die Grünen es gern gehabt hätten.

So wollte es die Union, die für die Grundgesetzänderung gebraucht wird. So wollte es auch die FDP. Dafür bekommen die Grünen, dass die Ausgaben für Verteidigung zwar auf die nächste fünf Jahre im Durchschnitt, nicht aber im Grundgesetz auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts fixiert werden. Die FDP feiert die Einigung als einen "großen Erfolg", so Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Die Union findet das auch und verzichtet auf ihre Drohung, nur so viele Abgeordnete mit der Ampel stimmen zu lassen, damit es zur Grundgesetzänderung reicht. Heute sagt Unionsfraktionschef Friedrich Merz: Sollten die Ampelfraktionen alle für das Sondervermögen stimmen, "dann werden sich alle anderen Fragen nicht stellen".

Und die SPD? Hat endlich einen Beweis, dass sie es mit der von Kanzler Olaf Scholz (SPD) verkündeten "Zeitenwende" nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ernst meint. Die parteiübergreifende Einigung sei mit drei Monaten nach seiner Rede im Bundestag "nur wenige Zeit später", so Scholz, zustande gekommen.

Das ist ein großer, großer Schritt für unser Land.
Olaf Scholz (SPD)

Soweit zur politischen Rhetorik. Der nur eine Seite lange Kompromiss zum sogenannten Sondervermögen Bundeswehr zeigt aber auch: Vieles wurde auf später verschoben, vieles bleibt offen.

Erstens: Grüne Wünsche ohne Finanzierung

Die Grünen hatten die ganze Zeit dafür gekämpft, dass ein Teil der 100 Milliarden Euro auch in die Cybersicherheit, in die zivile Vermeidung von Konflikten gesteckt wird. Und eben nicht komplett in die Bundeswehr. Die Union, so sagt es Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge, hätte die Vereinigung scheitern lassen. "Das war nicht im Sinne der Sache", sagt Dröge. "Wir haben einen anderen Weg gefunden."

Der andere Weg besagt, dass das Geld für diese Maßnahmen innerhalb der normalen Haushaltsberatungen irgendwie eingeplant werden sollen. Das habe Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auch zugesagt, "das muss er jetzt tun", so Dröge. Doch um welche Summe geht es? Lindner sagt:

Es gibt keine konkreten Verabredungen zur Mittel- und Größenordnung.
Christian Lindner

Das Ministerium bekommt allerdings schon nächstes Jahr einen Milliarde Euro mehr als ursprünglich geplant für die Folgen des Krieges in der Ukraine. Für alles Weitere sind die finanziellen Spielräume eng. Denn ab jetzt, ab dem Haushalt 2023, der diese Woche im Bundestag diskutiert wird, gilt laut Finanzminister Lindner wieder "die Rückkehr zur Politik", die Rückkehr zur Normalität mit finanzieller Knappheit, so Lindner: "Wir beenden jetzt die expansive Finanzpolitik."

Das könnte vor allem die SPD zu spüren bekommen.

Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

Zweitens: SPD-Projekte in Gefahr

"Ein wichtiger und auch durchaus ein schöner Tag" sei das, sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Die Finanzspritze für die Bundeswehr ist auf dem Weg. Und trotzdem müsse die Ampel "von keiner ihrer sozialen Ziele Abstand nehmen". Alles, was man sich im Koalitionsvertrag vorgenommen habe, werde trotzdem eingehalten, so Kühnert:

Wort gegeben und Wort gehalten.
Kevin Kühnert (SPD)

Die Kindergrundsicherung etwa sei nicht in Gefahr. Auch nicht das Klimageld zum Ausgleich der Energiekosten für Menschen mit geringem Einkommen, das gerade Sozialminister Hubertus Heil (SPD) konkretisiert hat und für das ein zweistelliger Milliardenbetrag fällig wird. Doch woher soll das Geld dafür genau kommen?

"Ich freue mich über die große Ambition", so Lindner. Aber: "Das Geld steht nicht zur Verfügung." Es bleibe bei seiner Forderung: "keine Steuererhöhung, kein Aufweichen der Schuldenbremse". Das Klimageld solle laut Lindner durch eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer bezahlt werden. Auch mit dem geplanten Bürgergeld, ein aufgestocktes Hartz-IV-Geld, hat Lindner seine Probleme. "Es geht nicht über mehr Transfers."

Alle Projekte - Kindergrundsicherung, Klimageld, Bürgergeld - sind im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Dieser, da sieht auch Kühnert, könne "kein Drehbuch für die Wirklichkeit sein", der Krieg gegen die Ukraine habe viel verändert. Es gebe aber "eine große Flexibilität in der Koalition", jeder müsse mal über den eigenen Schatten springen.

Drittens: 100 Milliarden, wann, wofür?

Wofür genau die 100 Milliarden bei der Bundeswehr ausgegeben werden, muss das Bundesverteidigungsministerium in diesen Tagen festlegen. Die Investitionen sollen Teil eines Gesetzes werden, ebenso der Tilgungsplan, der vermutlich ab 2028 beginnt und auf 30 Jahre angelegt ist.

Wie schnell sich die Lage der Bundeswehr spürbar besser wird, hängt vor allem am Bundesamt in Koblenz, das für alle Anschaffungen in der Bundeswehr zuständig ist. Jahrelang hatte es bislang gedauert, bis Investitionen umgesetzt wurden. Jetzt soll allein Munition im Wert von 20 Milliarden Euro eingekauft werden. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, kündigte an, ihre Partei werde "auf eine Entbürokratisierung und Reform des Beschaffungswesens drängen". Wehrbeauftragte Eva Högl forderte, das Geld müsse "klug eingesetzt und die Beschaffung effizienter werden".

Doch das könnte schwierig werden. Denn an eine große Reform des Bundesamtes ist derzeit nicht gedacht. Würde man das jetzt in Gang setzen, wäre das Bundesamt "außerordentlich geschwächt", sagt ein Ministeriumssprecher. Es gehe jetzt darum, Verfahren zu beschleunigen und Spielräume zu nutzen. Mehr "können wir uns jetzt sicherlich nicht leisten."

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