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Wednesday, April 6, 2022

Wo in Hessen besonders viele Handwerker fehlen | hessenschau.de | Wirtschaft - hessenschau.de

Volle Auftragsbücher, steigende Umsätze: Die Lage im hessischen Handwerk scheint gut zu sein. Doch fehlender Nachwuchs und Materialknappheit machen dem Gewerbe zu schaffen. In einigen Branchen sieht es besonders düster aus.

Die Auftragsbücher hessischer Handwerksbetriebe sind voll. Und auch der Umsatz steigt stetig. Das geht aus Zahlen des Hessischen Handwerktags (HHT) hervor. Alleine im Jahr 2020 lag der Handwerker-Umsatz im Land bei 39 Milliarden Euro. Das macht einen Zuwachs von 700 Millionen Euro gegenüber 2019.

Trotzdem gibt es Probleme: Die Materialknappheit sorgt für lange Wartezeiten bei Kundinnen und Kunden. "Engpässe gab und gibt es insbesondere bei Holz, Dämmstoffen, Stahl, PVC-Rohren, Aluminium, Farben und Lacken", sagt HHT-Vizepräsident Wolfgang Kramwinkel.

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hr-Thema: Handwerker gesucht

Schon seit Jahren sprechen wir von einem Handwerker-Mangel. Seit der Corona-Pandemie scheint sich dieses Problem weiter zugespitzt zu haben. Wir wollen die Gründe offenlegen, warum man in Hessen so lange auf einen Handwerker warten muss, welche Folgen das für die Verbraucher hat und was Betriebe dagegen tun können. Der hr macht am 6. April die Situation im Handwerk auf allen Ausspielwegen zum Thema.

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Neun Wochen lang auf Handwerker warten

Im vorigen Jahr mussten Kunden zwischen Bad Karlshafen und Neckarsteinach durchschnittlich neun Wochen lang auf einen Handwerker oder eine Handwerkerin warten. Bei Baubetrieben lag die Wartezeit sogar bei 15 Wochen.

Auch die Zahl der Fachkräfte wirft Bedenken auf. Die Zahl der hessischen Handwerker ist im Corona-Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 um 0,8 Prozent zurückgegangen. Die Probleme des Fachkräftemangels würden sich das zweite Jahr in Folge verschärfen, teilte der HHT mit.

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Dabei hat sich die Anzahl der Handwerker in der Zeitspanne von 2010 bis 2020 deutlich erhöht, nämlich um 13 Prozent. Ähnlich steht es um die Menge der Betriebe: Diese stieg zwischen 2010 und 2020 um sechs Prozent. Doch während einige Branchen deutlich an Betrieben gewonnen haben, sind andere auf der Strecke geblieben.

Weniger Bäckereien und Tischlereien

Den höchsten Zuwachs innerhalb von zehn Jahren gab es bei Firmen, die unter die Kategorie "Sonstiges" gezählt werden, dazu gehören etwa Schilder- und Lichtreklamehersteller oder Fotografen. Die Anzahl dieser Firmen hat sich mehr als verdoppelt. Die Menge an Betrieben im Nahrungsmittelgewerbe (minus 29 Prozent), zu der unter anderem Bäckereien und Fleischereien gehören, hat hingegen abgenommen.

Auch die Firmen im Elektro- und Metallgewerbe (minus sechs Prozent) und der Holzbranche (minus acht Prozent) sind auf dem Rückzug. Insbesondere Tischlereien und Elektro-Betriebe sind dabei auf der Strecke geblieben.

Viele Handwerksfirmen im Odenwald, wenige in Darmstadt

Die Ursachen dafür sind verschieden. "Während im Bauhandwerk vor allem auch die Nachfrage gestiegen ist, hat der Verkauf von Fleischwaren in der Tat ein Imageproblem vor dem Hintergrund der kritischen Debatte um den Konsum tierischer Produkte", sagt Lydia Malin, Mitarbeiterin des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.

Wie schnell ein Handwerker zu bekommen ist, hängt in Hessen auch stark vom Wohnort ab. Die wenigsten Handwerksfirmen pro 100.000 Einwohner gibt es in Darmstadt (8,4), Frankfurt (9,6) und der Stadt Kassel (9,6). Die verhältnismäßig meisten Betriebe hingegen im Odenwald (15,2), an der Bergstraße (14,5) und im Vogelsberg (14,3).

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2.000 freie Ausbildungsplätze

Ein essenzielles Problem ist der fehlende Nachwuchs im Handwerk. Über 2.000 freie Ausbildungsplätze gab es im März in Hessen, wie die Handwerkskammer Wiesbaden mitteilte. Die Zahl der Menschen, die eine Ausbildung im Gewerbe machen, ist innerhalb von zehn Jahren um 12 Prozent gesunken. Noch drastischer sieht es bei den weiblichen Auszubildenden aus: Hier haben 2020 mehr als 30 Prozent weniger eine Ausbildung gemacht als noch 2010.

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"Den Nachwuchsmangel in vielen Handwerksberufen gab es vor Corona schon, er ist jetzt noch einmal verschärft worden", sagt Bernhard Mundschenk, Geschäftsführer des Hessischen Handwerkertags. So habe der Kontakt zu potenziellen Lehrlingen gefehlt.

Viele Jugendliche seien angesichts der pandemischen Lage verunsichert, weshalb sie häufig den weiteren schulischen oder universitären Weg wählten und den Einstieg ins Berufsleben scheuten. Grundsätzlich müsse die Attraktivität des dualen Ausbildungssystems nachhaltig gestärkt werden, fordert Mundschenk.

In welchen Branchen besonders viele Auszubildende fehlen

Große Lücken sind in den vergangenen Jahren vor allem in der Nahrungsmittelbranche entstanden. Die Ausbildungszahlen sind dort 2020 gegenüber 2010 um 46 Prozent gesunken. Den Statistiken nach gibt es immer weniger Auszubildende in Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien. Auch im Kleidungs- und Textilbereich ist die Zahl der Auszubildenden in zehn Jahren stark zurückgegangen (minus 33 Prozent). Hier fehlt es an Maßschneidern und Raumausstattern.

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Im Holzgewerbe fehlen vor allem Tischler-Azubis, in der Baubranche gibt es immer weniger Menschen, die eine Ausbildung zum Maurer und Maler anfangen. Lediglich die Elektro- und Metallbranche konnten im Laufe der Jahre mehr Neulinge für sich gewinnen (plus zwei Prozent).

Gründe für Azubi-Rückgang

Handwerksberufe hätten den Ruf, schlechter bezahlt zu sein oder wenige Karriereperspektiven zu bieten, meint Expertin Malin. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben werde schlechter eingeschätzt. Doch das treffe nicht auf alle Berufe zu. "Angestellte in der Hörgeräteakustik oder in der Zweiradmechanik zum Beispiel haben durchaus die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten", so Malin. In einigen Berufen gebe es attraktive Gehälter. Und Jobs würden mit zunehmender Digitalisierung anspruchsvoller und dadurch interessanter werden.

Problematisch sei es für das Handwerk, dass der gleiche Beruf in der Industrie besser bezahlt würde. "Was dabei aber vergessen wird, ist, dass gerade bei den heutigen Schulabgängern Geld nicht mehr alles ist", sagt Malin. Viele würden sich nach einer Tätigkeit mit Sinn sehnen. "Und den findet man im Handwerk viel mehr als in vielen anderen Bereichen."

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