Berlin – Mit Novavax sind inzwischen 6 Impfstoffe in der Europäischen Union (EU) zugelassen. Erste an Omikron angepasste Impfstoffe werden bereits getestet. Im Vergleich zu Anfang und Mitte Februar geht die Zahl der täglichen Impfungen mit aktuell weniger als 100.000 dennoch zurück. Der Großteil der täglichen Impfungen sind seit Wochen Auffrischungsimpfungen.
Leif Erik Sander/ picture alliance, Michael Kappeler
5 Fragen an Leif Erik Sander, Immunologe und Impfstoffforscher von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité Berlin zu SARS-CoV-2-Impfungen.
DÄ: Welche Bedenken und Fragen äußern Patienten aktuell am häufigsten bezüglich der SARS-CoV-2-Impfung und wie können Ärztinnen und Ärzte darauf reagieren?
Leif Erik Sander: Zu Beginn der Impfkampagne gab es viele Fragen zur Wirkweise und Verträglichkeit der RNA-Impfstoffe und zu möglichen Schäden am Erbmaterial. Mittlerweile haben wir durch die Auswertungen von Pharmakovigilanzdaten aus vielen Ländern eine exzellente Datengrundlage, die eine klare Sprache spricht.
Impfkomplikationen sind sehr selten und die Risiken in Folge einer SARS-CoV-2 Infektion überwiegen sehr deutlich. Derzeit gibt es viele Fragen zur Dauer des Immunschutzes und Notwendigkeit weiterer Boosterimpfungen. Hierzu gibt es klare Empfehlungen und es gilt der Grundsatz, dass die meisten Menschen mit 3 Impfungen sehr gut geschützt sind vor schwerer Erkrankung.
DÄ: Was empfehlen Sie in der Kommunikation mit Eltern von gesunden Kindern im Alter von 12 bis 18 und 5 bis 11 Jahren, bei denen die STIKO keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat?
Sander: Es liegen nun sehr viele Sicherheitsdaten zu den Impfungen auch bei Kindern und Jugendlichen vor. Zudem gibt es mittlerweile Studien zur Wirksamkeit der Impfung in Bezug auf COVID-19 assoziierte Komplikation, wie zum Beispiel dem Pädiatrischen Multiorgan Immunsyndrom (PMIS) beziehungsweise Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS).
Auch hier zeigt sich eine exzellente Wirksamkeit der mRNA-Impfungen. Das heißt, auch wenn Kinder und Jugendliche nur ein geringes Risiko haben, schwer an COVID-19 zu erkranken, vermitteln die Impfungen auch in dieser Altersgruppe einen sehr guten Schutz. Der Nutzen überwiegt also die etwaigen Risiken. Auch viele Kinder und Jugendliche haben ein hohes Schutzbedürfnis. Vor allem sollte man sich bewusst sein, dass eine Infektion über kurz oder lang nahezu unausweichlich ist.
Webinar zum Umgang mit Impfskepsis
Am 15. März findet ein kostenloses Webinar für Ärztinnen und Ärzte statt, um die Kommunikation zwischen Klinikern zu fördern und Bedenken bezüglich Covid-19-Impfstoffen mit aktuellen Erkentnissen zu begegnen. Bereits bei der Voranmeldung können Fragen für die Referierenden angeben werden.
DÄ: Sie selbst haben in einer Studie Sicherheit und Impfreaktionen untersucht nach homologer und heterologer Impfung. Decken sich Ihre Ergebnisse mit anderen Publikationen und fallen schwere Impfreaktionen und meldepflichtige Komplikationen häufiger auf als bei anderen länger bekannten Impfstoffen?
Sander: Die zugelassenen COVID-19 Impfstoffe zeigen eine sehr gute Wirksamkeit, aber im Vergleich zu einigen älteren Impfstoffen ein höhere Reaktogenität. Das heißt, es kommt häufiger zu Impfreaktionen wie Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit, die in seltenen Fällen auch schwerer ausfallen können, so dass auch mal eine Krankschreibung benötigt wird.
Die Impfreaktionen sind gut bekannt und auch nicht meldepflichtig. Meldepflichtige Komplikationen sind hingegen sehr, sehr selten. Am besten bekannt ist die Myokarditis, die selten auftritt und vornehmlich junge Männer unter 30 Jahren und männliche Jugendliche betrifft. Zum Glück heilt eine impfassoziierte Myokarditis aber in den meisten Fällen folgenlos aus.
DÄ: Welche Impfstoffe schützen am besten vor einer Omikron-Infektion/Hospitalisierung, welche am besten vor einer Delta-Infektion?
Sander: Die meisten Daten liegen uns zu den mRNA-Impfstoffen vor. Zu dem Impfstoff von Novavax gibt es noch keine Daten zur Wirksamkeit gegen die Delta- und Omikron-Variante. Ich gehe aber von einer ungefähr vergleichbaren Wirksamkeit aus wie bei den mRNA-Impfstoffen. Die Schutzwirkung der 2-fachen Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ist gegen Omikron im Vergleich zu Delta oder dem Wildtyp deutlich reduziert.
Jedoch wissen wir, dass eine 3. Impfung mit einem mRNA-Impfstoff einen sehr guten Schutz auch gegen Omikron bietet, vor allem verhindert die Boosterimpfung sehr effektiv schwere Krankheitsverläufe.
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DÄ: Die Dauer des Impfschutzes ist kaum vorhersehbar und wird durch jede neue Variante infrage gestellt. Würden Sie sich dafür aussprechen, den Genesenenstatus mit dem Impfstatus gleichzustellen?
Sander: Eine durchgemachte Infektion bietet auch einen Immunschutz. Jedoch wissen wir mittlerweile, dass eine zusätzliche Impfung diesen Schutz deutlich verbessert. Daher ist es sehr ratsam, sich trotz einer durchgemachten Infektion impfen zu lassen.
Auch eine Durchbruchinfektion bei vollständig Geimpften verstärkt und verbreitert den Immunschutz. Daher bleibt es dabei, dass alle sich impfen lassen sollten, die eine Möglichkeit dazu haben, um den bestmöglichen Schutz auch vor zukünftigen Varianten zu haben. © gie/aerzteblatt.de
„Derzeit gibt es viele Fragen zur Dauer des Immunschutzes und... - Deutsches Ärzteblatt: Aktuelles aus Gesundheitspolitik und Medizin
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