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Wednesday, November 3, 2021

Zehn Jahre nach NSU-Mordserie: Weiter viele Fragen offen | tagesschau.de - tagesschau.de

Stand: 03.11.2021 16:20 Uhr

Am 4. November 2011 flog die rechtsextreme Terrorzelle NSU auf. Zum Jahrestag lobte Innenminister Seehofer die Aufarbeitung. Kritiker aus Politik und Gesellschaft sehen viele Mängel bei der Polizei und pochen auf lückenlose Aufklärung.

Zehn Jahre nachdem die rechtsextreme Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) enttarnt wurde, stehen weiter Forderungen im Raum, die Taten umfassend aufzuklären und Strukturen bei der Polizei zu reformieren. Besonders die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht massive Mängel bei den Behörden. "So wie die Polizei heute aufgestellt ist, erscheint es nicht wirklich wahrscheinlich, dass ein erneutes Versagen wie beim NSU-Komplex tatsächlich verhindert werden kann", sagte Amnesty-Polizeiexperte Philipp Krüger.

"Für die nächste Bundesregierung besteht weiter viel Handlungsbedarf", erklärte Generalsekretär Markus Beeko. Die Organisation forderte unabhängige Untersuchungsmechanismen mit ausreichenden Ermittlungskompetenzen sowie verpflichtende Antirassismus-Trainings für Polizisten.

"Zahlreiche Akten nicht zugänglich"

Das Bundesinnenministerium verwies kurz vor dem Jahrestag darauf, dass die NSU-Taten in Bund und Ländern aufgearbeitet worden seien. Es habe 13 Untersuchungsausschüsse gegeben, "deren Handlungsempfehlungen für Polizei, Justiz, Nachrichtendienste und Demokratieförderung weitestgehend umgesetzt wurden". "Diese Bundesregierung hat alles in ihrer Macht Stehende getan, damit sich so etwas nicht wiederholt", erklärte Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf Twitter. "Das sind wir den Opfern und ihren Angehörigen schuldig."

Die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow verlangte weitere "Aufklärung, weil noch zu viele Fragen offen sind". Ihre Ko-Vorsitzende Janine Wissler verwies darauf, dass noch immer "zahlreiche Akten nicht zugänglich und über Jahrzehnte als geheim eingestuft" seien. "Aufklärung unter Verschluss ist keine Aufklärung."

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser erklärte, dass nur zum Teil Lehren aus den Taten gezogen worden seien. "Wir brauchen sowohl eine Neuordnung unserer föderalen Sicherheitsarchitektur wie auch eine viel stärkere parlamentarische Kontrolle von Nachrichtendiensten", sagte er.

Weiter große Lücken

Aus Sicht des Soziologen Matthias Quent ist die Aufarbeitung des NSU-Komplexes noch lange nicht abgeschlossen. Es existierten weiter große Lücken im Verständnis über das Vorgehen und über das Unterstützer-Milieu der aus Jena stammenden Terrorzelle. Das liege an der anhaltenden Konspirativität der Szene, aber auch an der Blockade staatlicher Behörden. Der weitere Unterstützerkreis des NSU-Trios ließe sich offenbar juristisch kaum zur Rechenschaft ziehen

Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) machte deutlich, dass das Vertrauen - insbesondere der migrantischen Gemeinden - in die Ermittlungsbehörden noch immer tief erschüttert sei. Auch nach zehn Jahren könne man nicht von einer lückenlosen Aufklärung sprechen.

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hatte jüngst offene Fragen eingeräumt. Demnach ist die Rolle eines ehemaligen Mitarbeiters des hessischen Landesamts für Verfassungsschutzes weiter unklar und auch das Motiv für den NSU-Mord an einer Polizistin. Zudem gibt es demnach Unklarheit, ob die NSU-Täter sich wirklich selbst über Banküberfälle finanzieren konnten oder finanzielle Unterstützer hatten. 

Mordversuche und Anschläge

Die rechtsextreme Zelle NSU hatte zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin ermordet. Die Mitglieder Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe werden zudem 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle zur Last gelegt.

Der Zusammenhang zwischen den Taten wurde erst bekannt, nachdem am 4. November 2011 die NSU-Mitglieder Mundlos und Böhnhardt tot in einem Wohnmobil in Eisenach gefunden wurden und Bekennervideos auftauchten. Beide hatten sich nach einem missglückten Banküberfall selbst getötet. Ihre Mittäterin Beate Zschäpe wurde 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt.

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