Vergangene Woche, nach dem 1:1 gegen Leipzig in letzter Sekunde, war es Torwart Kevin Trapp gewesen, der mit seinem Urteil überraschte. Diesmal, nach dem 2:1 bei Olympiakos Piräus in der Nachspielzeit, war es Sportvorstand Markus Krösche: „Der Sieg war nicht glücklich“, befand der Frankfurter Fußballboss. Trapp hatte die Eintracht gegen RB auf Augenhöhe gesehen. Nun ist es jedem freigestellt, Glück, Pech und das Leistungsniveau nach eigener Façon zu definieren. Aber es gibt schon so etwas wie Standards, die sich aus jahrzehntelangen Vergleichen speisen.
Und da bleibt festzuhalten: Die Eintracht kann ihre punktuell in dieser Saison erzielten Erfolge überhöhen wie sie will, sie sind nicht Ausdruck einer soliden Qualität, sondern von einer großen Leidensbereitschaft, ausgeprägter Frusttoleranz sowie einer gehörigen Portion Fortune. Wenn sie so weiterspielt, wird sie in dieser Saison nicht glücklich werden, so viel Fußball-Glück gibt es nicht.
Nach dem Einzug in die K.o.-Runde der Europa League ist wieder die Hoffnung aufgeploppt, dass nun alles gut werde. Dass die Verkrampfung sich löst und die Eintracht beginnt, Fußball zu spielen. Aber so einfach ist das nicht. Die Frankfurter Fußballprofis werden nicht vornehmlich von einem mentalen Problem gequält, sondern von einem Mangel an spielerischem Vermögen.
Wieso? Ihnen fehlt im Kollektiv die Zeit, die sie benötigen, um ihre fußballerischen Qualitäten auf den Platz zu bringen. „Welche Qualitäten?“, mögen Zyniker angesichts der anhaltenden Dürreperiode im Frankfurter Mittelfeld fragen. Aber Sow, Rode, Hasebe, Jakic, Durm, Chandler, Touré und Hrustic haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie mit dem Ball umzugehen verstehen und ihn unfallfrei an einen Mitspieler weitergeben können. Und auch die offensiven Kräfte Borré, Hauge, Lindström und Lammers haben mehr zu bieten, als sie zuletzt zeigten, weil sie einfach nicht die Ruhe und den Platz finden, etwas mit dem Ball zu gestalten.
Besäßen sie das Kaliber und die außergewöhnliche Ballsicherheit von Bayern-Stars, würde ihnen die derzeitige Hektik im Eintracht-Spiel vielleicht nichts anhaben. Aber das sind sie nun mal nicht. Wie der Eintracht-Etat es eben zulässt, sind sie lediglich solide Bundesligaprofis mit einer ausgesprochen guten Mentalität, wie ihr Verhalten auf dem Sportplatz zeigt. Diese Tugend ist auch der Grund, warum die Eintracht trotz aller Mängel ab und zu ein Spiel gewinnt.
Die Aufgabe von Trainer Oliver Glasner ist es demnach, eine Taktik zu entwickeln, die seinen Spielern zu etwas mehr Zeit am Ball verhilft. Eine andere Staffelung vielleicht, das Bespielen anderer Räume, das Festlegen von bestimmten Laufwegen, um kurz eine Überzahlsituation zu kreiren. Wie auch immer: Das Bundesligaspiel gegen den Tabellenletzten Greuther Fürth ist durch den Sieg in Piräus nicht zum Selbstläufer geworden, sondern die Nagelprobe geblieben.
Viel Mumm und viele Mängel - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
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