Analyse
Stand: 02.11.2021 19:56 Uhr
Bei der Mitgliederbefragung der CDU geht es mehr als nur um die Nachfolge Laschets. Die CDU ringt auch um eine grundsätzliche Frage: Wieviel Basisdemokratie möchte die Partei künftig zulassen?
Nur einmalig sollen die Mitglieder entscheiden dürfen, wer der neue Parteichef werden soll, betonte Armin Laschet heute in der Pressekonferenz. Es geht um seine Nachfolge und um ein Grundverständnis in der CDU. Wie viel Basisdemokratie verträgt die Partei? Diese Frage schwingt ab sofort mit.
Für die einen ist es ein Segen. Das war auf der Kreisvorsitzendenkonferenz am Sonnabend deutlich zu spüren. Zu lange haben sie in den Kreisverbänden das Gefühl, anders zu ticken als der Bundesvorstand in Berlin. Die vergangenen Personalentscheidungen hätten viele an der Basis anders getroffen, zuletzt bei der Frage nach der Kanzlerkandidatur.
Das Ergebnis in einer Nachtsitzung im April haben Teile der Basis mit Bauchschmerzen zur Kenntnis genommen. Sie fühlen sich heute bestätigt. Doch da sind auch die, die Sorge haben, dass eine Mitgliederbefragung die Büchse der Pandora öffnet und dass es dem neuen Vorsitzenden nicht gelingt, das Übel wieder einzufangen: die Sorge, dass die Legitimation der Gremien beschädigt wird, dass die Basis auch künftig mehr aufbegehrt, dass der CDU auch künftig lange Verfahrens- und Personaldebatten bevorstehen.
Eine Folge des Streits
Ähnlich wie es die SPD nach der vergangenen Bundestagswahl erlebt hat. Doch was für Sozialdemokraten zum Selbstverständnis dazu gehört, sich auch mal über eine Sache richtig streiten zu können, bringt die CDU aus dem Tritt, auch weil der Wähler das der Union nicht verzeiht. Das Wahlergebnis ist auch eine Folge des Schwesterstreits in der Union.
Der frisch gewählte Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, hat das heute kurz auf den Punkt gebracht. "Mein Anliegen ist, dass wir schnell zu Entscheidungen kommen, damit schnell Klarheit da ist. Die CDU ist nicht für Selbstbeschäftigung gegründet worden, sondern dafür, sich um die Anliegen der Menschen zu kümmern."
Wüst muss im Mai eine Wahl gewinnen, Streit ist dabei kein guter Begleiter. Der Wähler erwartet von der CDU Geschlossenheit. Deshalb wurde heute auch lange über den Zeitpunkt diskutiert. Den Wahlkämpfern aus Schleswig-Holstein, dem Saarland, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sitzt die Zeit im Nacken. Ihnen wäre ein Parteitag im Dezember lieber gewesen. Im Bundesvorstand wurde darüber diskutiert.
Ergebnis offen
Das Verfahren brauche aber Zeit, so die Argumente aus dem Adenauer-Haus. Es wird die CDU nun wieder ein paar Wochen beschäftigen: Ergebnis und Folgen offen. Während sich die Ampel zusammenrauft, gibt sich die CDU einmal mehr einer langen Personaldebatte hin. Die Verständigung auf das Verfahren, das sogar eine mögliche Stichwahl mit einplant, zeigt auch, dass es in der bisherigen Parteispitze wenig Hoffnung gibt, dass sich die möglichen Kandidaten im Vorfeld auf eine Teamlösung einigen.
Kommt es dazu noch zu einer Stichwahl, wird jedem schnell klar, dass sich hier künftig vielleicht zwei Lager gegenüberstehen. Der neue Vorsitzende bekäme also gleich am Anfang einiges zu tun. Er muss alle Positionen einbinden, die CDU in der Mitte halten und trotzdem das Profil schärfen. Denn sie alle eint eine Sorge, nicht mehr Volkspartei zu sein.
Dazu gehört, den Wirtschaftsflügel genau so einzubinden wie den Arbeitnehmerflügel und die Ostverbände nicht sich selbst zu überlassen. In Ostdeutschland werden keine Bundestagswahlen gewonnen, verloren aber allemal. Auch eine Erkenntnis des schlechten Wahlergebnisses der Union im September.
Mike Mohring hat das im Bundesvorstand heute nochmal klar gemacht. Er sagt: "Wenn die CDU Volkspartei bleiben soll, darf sie den Osten nicht verlieren. Jedes Team, das für die Zukunft der CDU stehen kann, muss eine Antwort darauf geben, wie die Verbände im Osten, die in einer existenziellen Krise stehen, stärker und besser unterstützt werden können." Im Bundesvorstand gab es dafür Applaus. Nur eine Aufgabe von vielen, die der künftige Parteichef lösen muss.
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Verfahren für Laschet-Nachfolge: Wie viel Basis verträgt die CDU? - tagesschau.de
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